Die Personalie wurde durch die staatliche italienische Fluggesellschaft am Mittwochabend angekündigt, noch bevor der Einstieg der Lufthansa bei ITA zwischen dem Unternehmen und der italienischen Regierung final besiegelt war.
Die Eigentümerversammlung berief neben Eberhart vier weitere Vorstandsmitglieder. Der bisherige Strategiechef von Lufthansa, der fliessend Italienisch spricht, führte fast acht Jahre lang die italienische Lufthansa-Regionaltochter Air Dolomiti.
«Nach mehr als zwei Jahren Arbeit wird diese neue Phase der Unternehmensgeschichte uns erlauben, unsere Position zu stärken», erklärte Eberhart. Dank Synergieeffekten könne ITA als führende italienische Airline wachsen und den Passagieren eine grössere Auswahl an Zielen bieten. Die Lufthansa übernimmt in einem ersten Schritt 41 Prozent an ITA für 325 Millionen Euro mit der Option einer vollständigen Übernahme der staatlichen Airline für insgesamt 829 Millionen Euro auf längere Sicht.
Mit dem grössten Zukauf ihrer Geschichte verstärkt sich die Lufthansa in Italien, nach den USA schon heute ihr zweitwichtigster Auslandsmarkt. Die grösste Netzwerk-Airline Europas, zu der auch Austrian und Brussels Airlines sowie Swiss gehören, will ihre Marktposition vor allem auf der Langstrecke ausbauen. Mit ITA und dem internationalen Flughafen Rom Fiumicino als sechstem Drehkreuz der Gruppe können mehr Flüge nach Südamerika oder Afrika und Asien angeboten werden. Wie Lufthansa-Chef Spohr der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» in dieser Woche sagte, erhofft er sich von ITA einen Ergebnisbeitrag in dreistelliger Millionenhöhe, wenn in den nächsten anderthalb Jahren die erhofften Synergieeffekte realisiert sind. Sie würde damit fast so gut verdienen wie die profitable Schweizer Tochter Swiss.
Nach langem Weg fast am Ziel
Der Abschluss des Zukaufs wird seit Tagen erwartet. Zuletzt sei noch an Details der Vereinbarung gefeilt worden, hiess es in Unternehmenskreisen. ITA Airways ging aus der chronisch defizitären Alitalia hervor und erbte deren Status als Luftfahrt-Carrier des Papstes. Lufthansa war schon vor der Corona-Krise an einer Übernahme interessiert - allerdings nur an einer gesund geschrumpften, profitablen Alitalia.
Das seit der Pleite 2017 am Staatstropf hängende Traditionsunternehmen wurde auf Druck der Europäischen Kommission zerschlagen. ITA Airways ging 2020 als sanierte Nachfolgerin an den Start, ohne kostenträchtige Bodendienste. Spohr betont stets, dass ITA mit der verlustreichen Geschichte von Alitalia nichts zu tun hat. Gleichwohl sicherte sich die Airline die Marke Alitalia, die wieder auferstehen könnte.
Ein erstes Übernahmeangebot für ITA gab die Lufthansa Anfang 2022 ab. Italien bevorzugte aber zunächst den konkurrierenden Bieter Certares, ein US-Finanzinvestor, im Gespann mit Air France und der US-Airline Delta. Der Deal kam dann aber nicht zustande. Nach der Neuwahl im Herbst nahm die Regierung unter Giorgia Melloni den Faden mit der Lufthansa wieder auf. Das verbindliche Angebot zum Erwerb von zunächst 41 Prozent an ITA folgte im Januar 2023, die italienische Regierung schlug schliesslich im Mai desselben Jahres ein.
Dann galt es die Hürde des europäischen Wettbewerbsrechts zu nehmen. Die Lufthansa und Italien meldeten den Einstieg bei ITA Ende 2023 bei der EU-Kommission zur Genehmigung an. Nach langem Tauziehen gab die EU grünes Licht, erteilte aber Auflagen, um eine dominante Marktposition der Airlines zum Nachteil der Verbraucher zu verhindern.
So mussten ITA und Lufthansa Start- und Landerechte am Flughafen Mailand-Linate abgeben und Konkurrenten auf Kurz- und Langstreckenflügen von Rom ein Angebot ermöglichen. Davon profitieren der britische Billigflieger Easyjet sowie die Lufthansa-Konkurrenten IAG und Air France-KLM. Den finalen Haken machten die Wettbewerbshüter Ende letzten Jahres.
Die Option, auf 90 Prozent Beteiligung an ITA aufzustocken, will Spohr noch nicht in diesem Jahr ziehen, obwohl das möglich wäre. «Es ist in unserem Interesse, die italienische Regierung in den nächsten Monaten an Bord zu halten», sagte Spohr der FAZ. «Eine 100-Prozent-Übernahme ist aber das klare Ziel.» Die Lufthansa hat unterdessen mit der portugiesischen Staatsairline TAP das nächste Übernahmeziel im Auge.
Auch die lettische Fluggesellschaft Air Baltic sucht einen Investor, Insidern zufolge laufen Gespräche mit der Lufthansa schon länger. Wachstum sei nötig, um sich im globalen Wettbewerb zu behaupten und am besten durch Zukäufe zu erzielen, erklärte Spohr.
(Reuters)