Die Diskussion über in der europäischen Börsenszene über eine Verkürzung der Handelszeiten nimmt immer mehr Fahrt auf. Bereits im Sommer letzten Jahres kam ein Vorstoss der Londoner Lobbyverbände Association for Financial Markets in Europe (AFME) und die Investment Association (IA), die europäischen Börsen später zu öffnen und früher zu schliessen.
Laut einer gestern veröffentlichten Umfrage der Londoner Stock Exchange (LSE) ist das Gros der europäischen Börsenplätze von der Idee einer Verkürzung der Handelszeiten mehr als angetan. Einzig die Euronext aus Amsterdam und die Deutsche Börse sollen skeptisch sein. Doch laut Studie bevorzugt die Mehrheit der Befragten europäisch einheitliche Handelszeiten von 10:00 bis 17:00 Uhr. Derzeit wird an der Schweizer Börse SIX und an den meisten anderen Handelsplätzen zwischen 09:00 und 17:30 Uhr gehandelt.
SIX möchte noch abwarten
Die Schweizer Börse SIX hält sich auf cash-Anfrage bei diesem Thema noch bedeckt. Man verfolge die Entwicklungen laufend, wolle sich aber noch nicht positionieren, so ein SIX-Sprecher. "Wenn sich ein Konsens unter den europäischen Börsen abzeichnet, können wir auch unsere Position aus Schweizer Sicht festlegen". Allerdings sieht auch die SIX den Punkt, dass von den meisten Börsenbetreibern eine einheitliche Praxis bevorzugt wird. Man befinde sich daher "in enger Abstimmung mit den Marktteilnehmern".
Anstoss für die Diskussion um verkürzte Handelszeiten ist einerseits das Streben nach modernen und familienfreundlicheren Anstellungsbedingungen. Andererseits beobachten viele Marktteilnehmer zunehmend, dass der Grossteil des Handels in der ersten Stunde sowie in den letzten Minuten stattfindet. Dem vermehrten Handel zu den Schlusszeiten will die SIX ab Juni Rechnung tragen.
Ab Juni zehn Minuten längerer Handel
Erst im Mai kündigte sie an, dass der Handel von Wertschriften ab dem 22. Juni zehn Minuten länger möglich sei. Dabei handelt es sich allerdings um eine "Trading-at-last (TAL)"-Periode, in der Wertschriften nur zum festen Schlusskurs gehandelt werden können. Damit will die SIX den ausserbörslichen Handel, auch Over-The-Counter-Handel (OTC) genannt, auf ihre Plattform bringen.
"In 2019 fanden bei uns rund 25 Prozent aller Aktienhandelsgeschäfte zum Börsenschluss statt", sagt SIX auf Anfrage. TAL biete den Handelsteilnehmenden die Möglichkeit, zum Schlusskurs zu handeln, falls in der Auktion keine Liquidität vorhanden war oder sie an der Schlussauktion nicht teilgenommen hätten, so ein SIX-Sprecher.