Firmenchef Bracken Darrell tritt nach zehn Jahren an der Spitze von Logitech zurück. Er will sich neuen Herausforderungen stellen, wie aus einer Mitteilung an die Medien hervorgeht. Dass der Unterhaltungselektronikkonzern aus Lausanne der Öffentlichkeit noch keinen Nachfolger präsentieren kann, lässt Börsenbeobachter vermuten, dass der Rücktrittsentscheid für den Verwaltungsrat überraschend kam. Die Suche nach einem Nachfolger wurde eingeleitet. Bis dahin übernimmt vorübergehend Guy Gecht.

Darrell führte Logitech aus einer tiefen Krise

An der Börse gerät die Logitech-Aktie unter die Räder. Zur Stunde verliert sie gut 12 Prozent auf 50,90 Franken.

Wie aus Analystenkreisen verlautet, ist der Rücktritt Darrells denn auch ein herber Verlust für Logitech. Als der gebürtige Amerikaner im Januar 2013 den Chefsessel übernahm, wurde die Aktie zu gerade einmal 7 Franken gehandelt.

Das Unternehmen befand sich damals in einer schwierigen Phase. Aufgrund fehlender Innovationen aus der eigenen Entwicklungsabteilung waren die Westschweizer teilweise sogar gezwungen, Produktneuheiten von Drittanbietern einzukaufen.

Unter Darrell fand Logitech dann ziemlich schnell zur alten Stärke und Innovationskraft zurück. In der Folge stieg auch der Aktienkurs kräftig und markierte im Juni des Pandemiejahres 2021 bei knapp 125 Franken ein Rekordhoch.

Treibende Kraft war zu dieser Zeit die starke Nachfrage nach PC-Peripheriegeräten und Gaming-Zubehör, ausgehend von den pandemiebedingten Ausgangsbeschränkungen und dem Trend hin zur Heimarbeit. Beides bescherte dem Unternehmen Traum-Ergebnisse. Gerade deshalb erfreut sich Darrell insbesondere in amerikanischen Börsenkreisen grosser Beliebtheit.

Hat Darrell bereits einen neuen Job in Aussicht?

In den letzten eineinhalb Jahren konnte Logitech allerdings nicht länger an diese Ergebnisse anknüpfen. Das wiederum hatte Folgen für die Aktienkursentwicklung. Mehrere Ergebnisenttäuschungen und Gewinnwarnungen hinterliessen tiefe Spuren.

Einige Börsenbeobachter kritisieren deshalb den Zeitpunkt des Rücktritts und meinen, dass Darrell das Unternehmen in dieser erneut schwierigen Phase im Stich lasse. Man hätte lieber gesehen, wenn der langjährige Firmenchef seinen Arbeitgeber zuerst wieder auf Kurs gebracht hätte. Der Zeitpunkt des Rücktritts lässt daher erahnen, dass Darrell bereits einen neuen Job in Aussicht hat.

Für Morgan Stanley kommt der Entscheid Darrells zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für seinen bisherigen Arbeitgeber. Wie die US-Investmentbank schreibt, wird der "charismatische" Firmenchef dem Unternehmen schmerzlichst fehlen. Logitech stehe an einem kritischen Punkt im Lebenszyklus und verliere nun auch noch den Firmenchef. Morgan Stanley stuft die Aktie deshalb weiterhin nur mit "Equal-weight" und einem Kursziel von 57 Dollar für die in New York gehandelten Titel ein.

Der Bank Vontobel zufolge kommt der Rücktritt des langjährigen Firmenchefs zwar urplötzlich, aber nicht völlig überraschend. Die Zürcher Bank berichtet, dass es rückblickend eigentlich schon seit Monaten Anhaltspunkte gegeben habe.

Vontobel bedauert den Rücktritt. Mit einem Strategiewechsel bei Logitech rechnet die Bank jedoch nicht. Das Anlageurteil lautet wie bis anhin "Buy" mit einem Kursziel von 68 Franken.

ZKB zieht die Reissleine

Die Basler Kantonalbank sieht im Rücktritt einen herben Rückschlag für Logitech. Solch abrupte Abgänge würden an der Börse immer die Sorge vor Zerwürfnissen in der Unternehmensführung oder vor Unstimmigkeiten in Bezug auf die künftige Ausrichtung schüren.

Die Bank will die weitere Entwicklung in Sachen Nachfolgelösung im Auge behalten und stuft die Aktie vorerst mit "Marktgewichten" und einem Kursziel von 49 Franken ein.

Die Zürcher Kantonalbank zögert hingegen nicht lange und stuft die Aktie auf MARKTGEWICHTEN (Übergewichten) herunter. Dies, obwohl die Notierungen momentan deutlich unter dem rechnerischen fairen Wert von 73 Franken verharren. Nicht zuletzt aufgrund des Abgangs des Firmenchefs rechnet die Zürcher Bank bei Logitech nicht lä$nger mit einer überdurchschnittlichen Kursentwicklung.

Dem hält man bei Research Partners entgegen. Bracken Darrell werde auch nach seinem Abgang bei Logitech allgegenwärtig sein, wie es heisst. Der Nebenwertespezialist glaubt, dass sich die Markterwartungen in naher Zukunft als zu tief erweisen könnten und preist die Aktie mit einem Kursziel von 70 Franken zum Kauf an.