"Wenn Sie auf Ihrem privaten Bankkonto Minuszinsen zahlen müssten, was würden Sie dann am ehesten tun?" Diese Frage war ein Teilaspekt der bevölkerungsrepräsentativen Studie "Fondswissen 2017" von Axa Investment Managers (Axa IM), die in diesem Jahr bereits zum neunten Mal durchgeführt wurde.
Das Resultat ist eindeutig, wobei bei den Antworten zwei Nennungen möglich waren: Nur 18 Prozent der Befragten würden das Geld auf dem Konto lassen und die Minuszinsen bezahlen. Fast alle anderen Befragten würden handeln, und zwar so: 41 Prozent würden das Geld in Immobilien investieren (Kauf einer Immobilie oder Renovation einer bestehenden), 21 Prozent würden das Geld anderweitig investieren wie zum Beispiel Wertschriften kaufen. Und zusammen genommen 38 Prozent würden das Geld abheben und zu Hause aufbewahren oder im Schliessfach einer Bank lagern.
Schweizer Sparer sind zurückhaltend
Kommt es aber wirklich soweit, dass die Leute handeln, wenn sie vor Tatsachen gestellt werden? Die Unsicherheit überwiegt. "Es würde mich tatsächlich auch interessieren, wie sich die Leute verhalten würden, sollten dann wirklich einmal Negativzinsen eingeführt werden", sagt André Thali, Leiter Client Group Schweiz von Axa IM, im cash-Video-Interview.
Gewisse Anhaltspunkte gibt es: Die Alternative Bank Schweiz (ABS) führte per 1. Januar 2016 auf ihren Privatkonten einen negativen Zinssatz von 0,125 Prozent ein, verbunden mit Gebührenerhöhungen. Ab einem Guthaben von 100’000 Franken beträgt der Strafzins sogar minus 0,75 Prozent. Zu Kontensaldierungen im grossen Stil ist es dort aber kaum gekommen. Zwar verliessen bis September durchschnittlich 550 Kunden pro Monat die Bank aufgrund der Negativzinsen, dank des Medienrummels habe die ABS unter dem Strich aber Kunden gewonnen, wie CEO Martin Rohner letzten November sagte.
Schweizer Sparer sind generell eher dafür bekannt, dass sie Bankkonten nicht so schnell wechseln oder aufgeben. Ob sie bei Negativzinsen tatsächlich in Massen zur Tat schreiten, lässt sich somit schwer erahnen. Die Ungewissheit darüber manifestiert sich auch in anderen Umfragen zu diesem Thema: Laut einer Umfrage des Finanzdienstleisters Moneypark würde jeder vierte Schweizer sein Geld abheben, wenn Banken solche Negativzinsen auf breiter Front einführen würden. Eine Studie der ING-Bank fand dagegen heraus, dass in Europa bei Einführung von Strafzinsen ungefähr drei Viertel aller Personen ihr Geld vom Sparkonto abheben würden. Das Resultat deckt sich mit den aktuellen Axa-Ergebnissen.
Auf jeden Fall sind die Schweizer Banken gewarnt: Beschliessen sie von sich aus gemeinsam Negativzinsen für alle Kontoinhaber, drohen Kapitalabflüsse in unbekannter Höhe - was die Banken natürlich nicht wollen. Es droht auch ein massiver Imageverlust.
Schweizer wissen mehr Bescheid über Finanzen
Gemessen am AXA IM Wissensindex hat das Finanzwissen in der Schweiz 2017 generell das höchste Niveau seit Beginn der Erhebung vor zehn Jahren erreicht, wie die Axa-Studie weiter herausfand. Seit der Wissensindex 2010 unter dem Eindruck der Finanzkrise mit 43 Punkten einen Tiefpunkt erreichte, ist er zuletzt auf 53 Punkte gestiegen.
"Ein Grund ist, dass die Schweizer Bevölkerung aus der Finanzkrise gelernt hat", kommentiert André Thali die Ergebnisse. "Dazu haben sich die Informationsquellen in den letzten Jahren erweitert. Die Anleger wollen im Gespräch mit dem Kundenberater besser vorbereitet sein" als noch vor zehn Jahren.
Etwas enttäuschend bleibt für Thali die relativ tiefe Zahl der Leute in der Schweiz, die in Anlagefonds investiert sind. Wie schon in der letzten Befragung vor zwei Jahren ist jeder fünfte Befragte in Fondsanlagen investiert. Diese Zahl sollte laut Thali "bedeutend höher sein, da die Finanzindustrie in den letzten Jahren doch versucht hat, diesen Fondsdurchdringungsgrad zu erhöhen", wie er im Video-Interview sagt.
Interessant ist übrigens auch die Haltung der Schweizer Bevölkerung zur Entwicklung der Franken. 62 Prozent der Befragten glaubt, dass der Wert des Frankens zum Euro in den nächsten zwölf Monaten gleich bleibt, 28 Prozen erwarten eine weitere Aufwertung des Frankens. Bloss 7 Prozent gaben an, der Franken werde sich zum Euro abschwächen. Die Resultate ähneln einer kürzlich durchgeführten Umfrage von cash.ch mit über 5000 Teilnehmenden.
Sehen Sie das cash-Video-Interview mit André Thali.