Das US-Landwirtschaftsministerium hat ermittelt, dass der weltweite Kaffeeverbrauch im Coronajahr 2020 erstmals seit neun Jahren sinken wird. Und das, obwohl die Supermärkte ein gewaltiges Plus beim Kaffeebohnenabsatz für die privaten Vorratskammern melden. Der Absatzausfall wegen geschlossener Cafés und Restaurants, die in normalen Zeiten 25 Prozent der Nachfrage stellen, ist dramatisch, und es dürfte lange dauern, bis sich die Lage wieder normalisiert.

Die Kaffeekultur ist in allen wichtigen Weltregionen auf dem Rückzug. Der Marktforscher Marex Spectron schätzt, dass weltweit mehr als 95 Prozent des Ausser-Haus-Marktes während der Pandemie von Schliessungen betroffen war.

Notes, eine Coffeeshop-Kette in London, stellt fest, dass die Beschränkungen in der Stadt nachlassen. Die meisten ihrer zehn Cafés, die sich an Büroangestellte wenden, bleiben dennoch geschlossen. "Wir erwarten ein langsames und schrittweises Comeback, denn viele Büros in London machen erst nach dem Sommer wieder auf, manche vielleicht erst im nächsten Jahr", sagt Mitgründer Robert Robinson.

Ausser-Haus-Kaffee wird verschmäht

Während die Wirtschaftstätigkeit nach dem Ende der Shutdowns wieder anläuft, halten sich die Konsumenten mit dem Ausgehen zurück. Coffeeshops, die besonders stark von Pendlern abhängig sind, trifft das besonders hart. Die Dunkin’ Brands Group hat während der Pandemie einen Grossteil der Frühstückskunden verloren. Starbucks reagiert mit einem Umbau der Cafes in "Pickup"-Stores, in denen die Kunden ihren Kaffee online ordern. Diese kommen ohne die sonst so beliebten Tische und Sessel aus.

Robinson hat seine Zweifel an solchen Geschäftsmodellen: "Wenn du Lust auf einen Cappuccino hast, kann Online-Bestellen nicht richtig funktionieren. Beim Kaffee geht es um das Soziale."

Eine schleppende Erholung der Kaffeenachfrage könnte auch für die weltweit rund 125 Millionen Menschen verheerend sein, deren Lebensunterhalt von der Kaffeeernte abhängt. Schon während der Finanzkrise hatten die Erzeuger zu kämpfen, nachdem jahrelange hohe Ernten für einen lang anhaltenden Bärenmarkt gesorgt hatten.

Kaffee-Futures fallen

Die Grossbank Citigroup prognostiziert, dass die Futures für Arabica-Bohnen in der zweiten Hälfte dieses Jahres um etwa zehn Prozent auf rund 90 US-Cents pro Pfund fallen könnten, was gerade eben die Kosten deckt. Derweil warnt die Internationale Kaffeeorganisation vor der Gefahr von Kinderarbeit in den Anbauländern, wo die Armut unter den Bauern auf dem Vormarsch ist.

Die brasilianische Cafékette Suplicy Cafes Especiais, eine der grössten des Landes, musste Zahlungen an Bauern für bereits gelieferte Ware verschieben. Seitdem laufen die Bestellungen nur zögerlich wieder an, sagte Unternehmenschef Felipe Braga in einem Telefoninterview.

Lockerung, aber nicht genügend Kunden

Suplicy betreibt 25 Läden, von denen die meisten Mitte März aufgrund der Covid-19-Beschränkungen geschlossen wurden. Eine Handvoll machte kürzlich wieder auf, als die Vorschriften gelockert wurden, nur um erneut zu schliessen, weil nicht genügend Kunden kamen. "Einige unserer Franchise-Partner haben uns bereits gewarnt, dass sie dauerhaft dichtmachen werden", sagt Braga.

Hoffnung machen einige Cafébetreiber, die ihr Geschäftsmodell ändern. Während die beiden "Bandit"-Cafés von Max Crowley in den New Yorker Stadtteilen Midtown und Chelsea geschlossen sind, weil Büroangestellte wegbleiben, hat er einen neuen Standort in den Hamptons in der Stadt Southampton eröffnet, wo wohlhabende New Yorker den Sommer verbringen und wo viele auf dem Höhepunkt der Pandemie hingezogen sind.

"In Manhattan ist der Kundenverkehr immer noch sehr schwach", sagt Crowley. "In Southampton dagegen ist viel los. Viele unserer Kunden sind dort."

(Bloomberg/cash)