Es ist nichts aussergewöhnliches, dass Firmen Kapitalerhöhungen durchführen - wobei das Wort Kapitalerhöhung die Anlegerinnen und Anleger meist erst mal kurz erzittern lässt. Denn oft geht eine Kapitalerhöhung erstmal mit einem Kursverlust der Aktie einher.
Die letzte grössere Kapitalerhöhung an der Schweizer Börse geschah im Oktober 2022. Es war diejenige der Credit Suisse, von der einige Beobachter heute sagen, sie sei der Anfang vom definitiven Untergang der Bank gewesen.
Kapitalerhöhungen können komplex sein - und sie müssen auch nicht schlecht sein für Anleger. Es kommt immer auf den Gesundheitszustand und die Pläne der Firmen an.
Schlecht ist eine Kapitalerhöhung generell für Aktionäre, wenn es bei der Kapitalerhöhung zu einem "Accelerated Bookbuilding" kommt. Dann werden die neuen Aktien nämlich nicht Privatanlegern, sondern ausschliesslich ausgewählten institutionellen Anlegern angeboten. Die Kapitalaufnahme erfolgt in einer sehr kurzen Zeitspanne, bei den bestehenden Aktien kommt es meist zu leichten Kursabschlägen.
Dieses Verfahren stellt aber die Ausnahme dar. Im Normalfall, so auch bei AMS Osram, bekommen alle bestehenden Aktionäre die Möglichkeit, zu einem bestimmten Bezugsverhältnis neue Aktien zu beziehen.
Oft verpassen Anleger Kapitalerhöhungen
Aktionärinnen und Aktionäre erhalten für den Erwerb neuer Aktien von AMS Osram so genannte Bezugsrechte, die am Mittwoch zugeteilt wurden und seither gehandelt werden können. Vier Bezugsrechte ermächtigen jeden berechtigten Aktionär zum Bezug von 11 angebotenen Aktien zum Bezugspreis von 1,07 Franken. Die Anleger können sich bis zum 6. Dezember entscheiden, ob sie die Anrechte ausüben wollen.
Bestehende Aktionäre erhalten die Bezugsrechte von ihrer Bank automatisch in ihr Depot zugeteilt. Oft verpassen interessierte Anleger aber solche Kapitalerhöhungen, weil sie sich zu wenig über das aktuelle Börsen- und Firmengeschehen informieren oder ihr Depot nicht regelmässig checken. Die Bezugsrechte werden am Ende der Bezugsfrist von der Hausbank in der Regel automatisch "bestens" verkauft, der Erlös wird dem bestehenden Aktionär gutgeschrieben.
Es gibt für Aktionäre bei einer Kapitalerhöhung grundsätzlich drei häufig angewandte Optionen, wie man mit Bezugsrechten umgehen soll: Man kann die neuen Aktien vollständig zu dem festgelegten Preis beziehen. Man kann auf den Bezug aber auch verzichten und sämtliche Bezugsrechte verkaufen, denn diese werden ebenfalls an der Börse gehandelt. Bei AMS werden die Anrechte, welche nicht ausgeübt wurden, am 4. Dezember automatisch verkauft.
Bei einigen Brokern muss man dazu im Depot die Funktion "Warrants und Schweizer Bezugsrechte Verfallsmanagement" aktiviert haben. Ist sie deaktiviert, verfallen die nicht ausgeübten Anrechte im Depot wertlos.
Oft stehen Unternehmen weitere Kapitalmassnahmen ins Haus
Man kann, als dritte Möglichkeit, auch nur einen Teil der neuen Aktien erwerben. Aufgrund des meist hohen Abschlags zum eigentlichen Aktienkurs ist der vollständige Bezug aller Aktienrechte der Normalfall für Anleger mit langfristiger Perspektive.
Bei Kapitalaufstockungen gilt grundsätzlich auch: Bestehende Aktionäre sollten neue Aktien nur kaufen, falls das Unternehmen solide aufgestellt und das frische Kapital zum Beispiel für die Expansion verwendet wird. Bei unsicher aufgestellten Firmen mit entsprechender Historie muss man sich das zweimal überlegen. Oft stehen bei solchen Unternehmen weitere Kapitalmassnahmen ins Haus.
AMS Osram gehört tendenziell in die zweite Gruppe. Die alte Investorenfrage vom guten Geld, das man dem schlechten hinterherwirft, stellt sich hier für Anleger mit Blick auf den zusammengesackten Aktienkurs von AMS erneut.
Wer die Kapitalerhöhung mitmacht, geht also eine Wette auf den Turnaround des Sensorenherstellers ein. Nach der erfolgreichen Anleihenplatzierung in der letzten Woche und dem Abschluss der Bezugsrechtsemission besteht bei AMS Osram bis 2027 aber kein grosser Refinanzierungsbedarf mehr, ist die Bank Vontobel überzeugt.
Aryzta als positives Beispiel
Das Vorgehen mit den neuen Stammaktien, welche AMS nun herausbringen will, ist auch schon auf laute Kritik gestossen. Die neuen AMS Osram-Aktien kommen mit einem beträchtlichen Abschlag auf den Markt. Die Verwässerung fällt noch stärker aus als befürchtet.
Der Bezugspreis der neuen Aktien liegt in der Nähe des gezeichneten Angebots und ist damit deutlich tiefer als erwartet. Die Zürcher Kantonalbank zeigte sich "überrascht" über die deutlich höher als erwartete neue Aktienzahl. Börsianer wurden teils noch deutlicher in der Sprache. AMS Osram "verramsche" die neuen Aktien, hiess es in einem kritischen Kommentar bei AWP.
Allerdings gibt es auch Beispiele von Firmen, die sich in Schieflage befanden und bei denen sich Kapitalerhöhungen positiv auswirkten. Der damals hochverschuldete Backwarenhersteller Aryzta etwa konnte 2018 mit einer Kapitalerhöhung eine mögliche Pleite abwenden. Heute notiert die Aktie nach einem Tiefstand von rund 30 Rappen Anfang 2020 wieder bei rund 1,70 Franken, der Turnaround gilt als geschafft.
Allerdings erreichen Aktien von Firmen, die einmal in Schieflage waren, kaum jemals wieder die Kurse von früher. Die Aktie von Aryzta kostete im Jahr 2014 einmal fast 18 Franken. Die Aktie der UBS war vor der Finanzkrise und vor dem Bailout durch den Staat Jahren über 80 Franken wert. Danach pendelte sie jahrelang zwischen 10 und 20 Franken, nach der Zwangsübernahme der Credit Suisse erreichte sie in der Spitze kurz fast 24 Franken.
Es steht in den Sternen, ob die Aktie von AMS Osram jemals wieder den Kursstand 80 Franken wie im Jahr 2018 erreicht.
1 Kommentar
Hoffentlich werden jetzt die Short Seller der Aktie den letzten Todesstoss versetzen und den Kurs unter den Bezugspreis von CHF 1.07 drücken.
Dieses Unternehmen ist hochverschuldet, mit keiner langfristigen Strategie und hat sich völlig verspekuliert mit der Übernahme von OSRAM.
Solche Unternehmen haben schlichtweg nichts zu suchen an den Kapitalmärkten und sind einzig ein Ärgernis für die Kapitalgeber!
Wichtig, dass dieses Unternehmen so schnell wie möglich verschwindet!