Der Chiphersteller Nvidia gilt als gegenwärtig wichtigste Aktie der Welt. In ihrem Kurs sind inzwischen hohe Erwartungen rund um den Erfolg von Künstlicher Intelligenz (KI) eingepreist. Sie seien derart hoch, «dass auch ein kleines Abweichen von den Erwartungen einen starken Kursrückgang im ganzen Markt auslösen könnte», meinte ein Händler Anfang Woche mit Blick auf die Präsentation der Quartalszahlen vom Mittwochabend.
Nvidias Ergebnis für das zweite Geschäftsquartal und die Prognose für das dritte Quartal werden also auch als Barometer für weite Teile der Technologiebranche dienen. Aufgrund der hohen Marktkapitalisierung dürfte ein über- oder unter den Erwartungen liegendes Abschneiden zudem nicht nur den Kurs der Nvidia-Aktie bewegen, sondern auch die Wall Street sowie andere Handelsplätze.
Analysten sehen einen Umsatz von 28,9 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von knapp 16 Milliarden Dollar. Sie gehen damit von einer Umsatzverdoppelung im Vergleich zur Vorjahresperiode aus. Das Gros der Experten erwartet zudem, dass das Unternehmen für das laufende Quartal ein Umsatzwachstum von mehr als 70 Prozent in Aussicht stellen wird.
Der zuständige Analyst der US-Grossbank Morgan Stanley sieht entsprechend keine Anzeichen eines Nachfragerückgangs. Das Aufwärtspotenzial lässt sich seiner Auffassung nach zwar kaum exakt bestimmen. Er geht aber davon aus, dass sich die jüngsten Trends fortsetzen werden.
Freilich sieht sich auch Nvidia gewissen Unwägbarkeiten gegenüber, etwa den Handelskontrollen Chinas oder Schwierigkeiten im Aufbau leistungsstarker Rechenzentren.
Allerdings: Laut dem Morgan-Stanley-Analysten «beeinflussen die Gegenwinde die starke Dynamik des Unternehmens einfach nicht».
Analysten sehen Kurs bis 180 Dollar steigen
Die Aktien des Chipherstellers aus Kalifornien machten die Marktkorrektur von Anfang August mit. Seither haben sie sich wieder erholt. Dazu beigetragen haben Investoren, die sich wenige Tage vor der Präsentation der Quartalszahlen eingedeckt haben - und auf einen kräftigen Kursanstieg hoffen. Ein Vorgehen, das sich schon früher beobachten liess.
Seit Anfang Woche bewegen sich die Nvidia-Papiere auf einem Niveau von rund 128 Dollar seitwärts. Die Ruhe vor dem - mehr oder weniger heftigen - Sturm ist aber nur scheinbar. Die Volatilität ist hoch. Die implizierte Volatilität auf Optionen des Chipherstellers beträgt laut Bloomberg über 70 - die Vergleichswerte von beispielsweise Microsoft und Apple sind 20.
Zugleich hat es in den letzten Tagen neue Kursziele gehagelt. Die grössten Optimisten trauen den Nvidia-Papieren 170 bis 180 Dollar zu. Zurückhaltend gibt sich der zuständige Analyst von Bernstein. Er veranschlagt das 12-Monate-Preisziel mit 130 Franken und damit nur wenig über dem aktuellen Kurs.
Im Schnitt aller von Bloomberg erfassten Experten resultiert ein Kursziel von 145 Franken. Es impliziert ein 13-prozentiges Aufwärtspotenzial gegenüber der aktuellen Notierung. Zugleich ist der Glaube an die Aktie stark: Neben acht «Holds» gibt es 66 Kaufempfehlungen und kein «Sell».
(cash)
3 Kommentare
So gut Amis fancy pitch decks machen, so katastrophal schlecht sind ihre earnings calls. Bei NVDA keine Slides, nur Audio, das auch noch schlecht aufgenommen ist, mit einer Sprecherin, die besser als jedes Schlafmittel wirkt und deren Aussprache etwa die Klarheit von Kermit the frog hat. Es gibt noch nicht mal Slides bei den Materials, die man selbst aufmachen könnte, damit man den Zahlenschwall zuminedst halbwegs einordnen kann....
Die Reaktion post-market nach den Zahlen und vor dem earinings call zeigen eines sehr deutlich: Besser als gut ist bei NVDA nicht mehr gut genug. -5% derzeit mit einem Abstecker in Richtung -10%. Gemessen an der Volatilität der letzten Monate ist das nicht erscreckend, aber es zeigt halt auch, selbst bei übertroffenen Quartalszielen und einem better than expected Outlook für Q3 sind die Erwartungen enttäuscht. Dier Erwartungshaltungen sind natürlich komplett absurd, aber sie stecken im Kurs drin. Darum die kleine Korrektur jetzt.
Schauen wir mal, was leather jacket im Call zu den Problemen mit der neuen Chip Generation sagt, welche Verzögerung damit einhergeht und was die Auswirkung davon sein wird. Gespannt bin ich auch, ob er was zur Diversifizierung des Umsatzes sagt, weil ein Unternehmen, dass 88% seines Umsatzes in einem Hype-Markt verdient, läuft Gefahr, sobald, nicht wenn, der Markt platzt, sehr sehr tief zu fallen. Gutes Management bedeutet, hier pro-aktiv zu diversifizieren. Bisher habe ich davon bei NVDA nichts gesehen, die Strategie scheint vielmehr zu sein, so viel wie möglich abzuschöpfen und nach mir die Sintflut...
Ich bleibe hier an der Seitenlinie und schaue interessiert zu.
Während der initialen Wachstumsphase war ich an Bord, denn da liess sich die Bewertung meiner Ansicht nach noch mit den Aussichten für KI einerseits und mit einer Absatzmenge, die auch über die Zeit gehalten werden kann, unterlegen.
Was wir aber jetzt sehen, ist eine Bewertung, die eine kurzfristige Bedarfsspitze bei der Erstausrüstung der Datacenters aufzeigt. Dieser Bedarf wird deutlich zurückkommen, wenn die Datacenters das Geld aus dem Markt refinanzieren müssen - dann wird erstmal der weitere Ausbau gestoppt und die Initialinvestitionen abgeschrieben.
Es kommt dazu, dass derzeit alle grossen Cloud-Anbieter massiv aufbauen, gesamthaft deutlich mehr, als was der Markt nachfrageseitig hergibt. Das ist ein klassisches Verhalten in einem kompetitiven Markt, bei dem der Markt durch Innovation neu verteilt wird. Weil jeder einen möglichst grossen Teil vom Markt haben will, werden Überkapazitäten aufgebaut. Überkapazitäten heisst auch, dass die einzelnen Anbieter kostenseitig mit Skaleneffekten ihre Business Cases rechnen, die sie im Markt nicht vollständig realisieren können, weil da eben auch noch die Konkurrenten sind. Das wiederum bedeutet, dass die Stückkosten nicht so tief fallen, wie gewünscht, folglich die Preise nicht so tief gesetzt werden können wir gedacht.
Normalerweise würde jetzt auf der Nachfragefunktion der Preis hoch und die Menge runterwandern. In einem Markt mit Überkapazität funktioniert das aber nicht. Dort wandert die Menge runter, weil der Makrt nicht mehr aufnehmen kann UND der Preis wandert runter, weil ein ruinöser Preiskampf einsetzt, weil jeder Anbieter versucht, möglichst viel seiner Produktion zu verkaufen. Am Schluss landet der Markt bei einem Preis der noch knapp einen Deckungsbeitrag liefert, was bei derart hohen Investitionen zu riesigen roten Zahlen führt.
Ich denke, das Szenario steht noch nicht unmittelbar bevor, die Zinssenkungen werden die Business Cases auf der Anbieterseite noch etwas entlasten, aber ich habe keinen Zweifel, dass die Korrektur kommen wird, ja muss. Wir kennen dieses Muster, es ist nicht das erste Mal, wo die Erwartungen an Produktivitätsgewinnen wegen einer Technologie so gewaltig überzogen sind.
Die Frage ist also, wie lange kann man die aktuelle Welle noch mitreiten. Vielleicht bekommen wir heute Abend schon einen ersten Hinweis. Ich könnte mir vorstellen, dass wir (a) einen sogar besser als erwartet Umsatz und Gewinn sehen, (b) einen Outlook, der kein so starkes Wachstum wie bisher mehr zeigt und (c) keine Antwort auf die Frage, was die Welt dann eigentlich mit all den KI Datacenters macht und wer damit eigentlich am Schluss beim Kunden wie Geld verdient. Sobald sich die Mehrheit der Aktionäre bei letzterem die Frage stellt "aber wenn wir nicht sehen, wie der Markt mit unseren Chips Geld verdient, wie werden wir dann in Zukunft Geld verdienen?" geht's runter. Weit runter, wenn man nur schon die Volatiltät und Sensitivität der letzten Monate anschaut. Und zu diesem Zeitpunkt ist man besser nicht mehr in NVDA investiert.