JPMorgan-Chef Jamie Dimon warnt Anleger vor den Auswirkungen der US-Zölle und eines globalen Handelskriegs. Die Turbulenzen könnten das Wachstum der weltgrössten Volkswirtschaft bremsen, die Inflation anheizen und möglicherweise zu dauerhaften negativen Folgen führen, schrieb Dimon in seinem am Montag veröffentlichten jährlichen Brief an die Aktionäre. «Die Wirtschaft steht vor erheblichen Turbulenzen (einschliesslich der Geopolitik), mit den potenziellen Vorteilen einer Steuerreform und Deregulierung und potenziellen Nachteilen von Zöllen und 'Handelskriegen', einer anhaltend hartnäckigen Inflation, hohen Haushaltsdefiziten sowie weiterhin hohen Vermögenspreisen und Volatilität», erklärte Dimon.
Ob die neuen Zölle eine Rezession auslösen werden, sei zwar noch offen, doch «es wird das Wachstum verlangsamen», schrieb Dimon. «Wir werden wahrscheinlich inflationäre Entwicklungen sehen.» Die Volkswirte der US-Grossbank sehen angesichts der jüngsten Massnahmen von US-Präsident Donald Trump das Risiko einer Rezession in den USA und weltweit in diesem Jahr nun bei 60 Prozent, nach zuvor 40 Prozent. Trump hatte in der vergangenen Woche hohe Zölle auf Einfuhren aus fast allen Ländern angekündigt.
Dimon warnte auch vor möglichen Gegenmassnahmen anderer Länder. Zölle könnten das Vertrauen in die Wirtschaft, Investitionen, Kapitalströme, Unternehmensgewinne und den Dollar beeinträchtigen. «Je schneller dieses Problem gelöst wird, desto besser, da einige der negativen Auswirkungen im Laufe der Zeit kumulativ zunehmen und nur schwer rückgängig zu machen wären», schrieb der 69-Jährige, der JPMorgan seit 19 Jahren führt und als eine der einflussreichsten Stimmen der US-Wirtschaft gilt.
Nach Einschätzung von Dimon könnten die Zölle auch die Zinspolitik beeinflussen. Zwar seien die Zinssätze zuletzt wegen des schwächeren Dollars gesunken, doch die Aussicht auf langsameres Wachstum und eine sinkende Risikobereitschaft könnten zu einem Anstieg der Zinssätze führen, erläuterte Dimon in Anspielung auf die Stagflation der 1970er Jahre. Die Hoffnungen auf ein sogenanntes Soft Landing der US-Wirtschaft könnten sich zerschlagen. «Wir betreten diese Phase der Unsicherheit mit hohen Aktien- und Anleihepreisen, auch nach dem jüngsten Rückgang ... Die Märkte scheinen Vermögenswerte immer noch in der Annahme zu bewerten, dass wir weiterhin eine ziemlich weiche Landung haben werden. Ich bin mir da nicht so sicher», schrieb Dimon.
(Reuters)