"Wenn ich auf eine Deponie blicke, sehe ich eine Goldmine", sagt Bonazzi, der Gründer und Chief Executive Officer des Nylonherstellers Aquafil. Während die Menge der Kunststoff-Abfälle in den Ozeanen und Müllhalden auf der ganzen Welt einen kritischen Punkt erreicht, recycelt die Firma von Bonazzi das Material und verwandelt es in Nylon, das für die Herstellung von gehobener Bekleidung und Accessoires verwendet wird.

Angesichts des gestiegenen Bewusstseins der Konsumenten und der strengeren Umweltvorschriften sieht der CEO ein uneingeschränktes Umsatzpotenzial für die Econyl-Faser seines Unternehmens. Das Garn wird aus recyceltem Material hergestellt, das zuvor möglicherweise ein Teppich oder industrieller Kunststoff oder sogar Teil eines herrenlosen Fischernetzes war - ein zunehmend aussichtsreicher Bereich für das Recycling.

"Die Nachfrage der Verbraucher nach neuen Produkten ist nahezu endlos, aber die Ressourcen des Planeten sind es nicht", sagte der 56-jährige Bonazzi im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Das ist in Ordnung, denn wir können sowohl modernste Produkte als auch eine bessere Umwelt haben."

Ein Blick aufs Etikett

Viele besitzen möglicherweise bereits einen Badeanzug, Sport- oder Freizeitkleidung aus Econyl. Adidas, Levi Strauss und die Bademodenmarke Speedo sind nur drei der bekannteren Kunden, die nach Angaben des Unternehmens das Garn einsetzen.

Die Verbraucher sind möglicherweise mehr denn je bereit, für Produkte, die aus umweltfreundlichen Materialien hergestellt werden, höhere Preise zu zahlen. Laut Bonazzi ist Econyl, auf das fast 40 Prozent des Faserumsatzes von Aquafil entfällt, für die Firma eindeutig ein Produkt mit Top-Qualität und Top-Margen.

Das beweist der Einsatz der Faser durch Luxus-Mode-Namen wie Gucci, sagte der CEO. Die Marke Stella McCartney hat auch erklärt, dass sie die Verwendung von fabrikneuem Nylon bis 2020 stoppen will - und mehr Econyl verwenden möchte.

Gesetzgeber födert Recycling

Die Gesetzeslage hilft auch, den Trend voranzutreiben. Während die Europäische Union Schlagzeilen mit einem Verbot von Konsumgütern wie Plastiktellern, -besteck und Strohhalmen ab 2021 machte, umfasst ein weniger beachteter Teil der Initiative den Umgang mit herrenlosen Fischereigeräten, auf die rund 27 Prozent der Abfälle im Meer entfallen.

Eine beträchtliche Anzahl nicht mehr verwendeter Fischernetze wird nicht zur Entsorgung eingesammelt und stellt zusammen mit Einwegprodukten aus Plastik ein ernstes Risiko für Meeresökosysteme, die Biodiversität und die Gesundheit des Menschen dar, heisst es in der neuen EU-Gesetzgebung. Die Mitgliedstaaten sollten die Vorschriften verschärfen, um das Sammeln und Entsorgen sicherzustellen.

Hier kommt Aquafil ins Spiel, erklärte der CEO. Das Unternehmen profitiere bereits von einem "positiven Ankündigungseffekt" der EU-Richtlinie, und die grossen Fischernetz-Verbraucher würden sich an das italienische Unternehmen Arco wenden, das sich mit der Sammlung und dem Recycling befasse.

"Auch wenn jeder Schritt in diese Richtung geschätzt wird, hätte Europa mutiger sein und strengere Ziele setzen können", sagte Bonazzi. "Es ist zu hoffen, dass die einzelnen Länder die Bedeutung dieser Massnahme verstehen und rasch handeln. Die Zeit für die Rettung unseres Planetens läuft ab."

(Bloomberg/cash)