Corrado Sforza Fogliani weiss nicht mehr wohin mit den ganzen Anträgen der italienischen Unternehmen für Notfall-Darlehen und Kreditstundungen. Seine Banca di Piacenza, eine kleine Genossenschaftsbank im von der Corona-Krise besonders stark betroffenen Norden Italiens, hat bislang nur einen Bruchteil der 1000 Anträge bearbeitet.
Bankenverbände und die Regierung in Rom ringen noch immer nach Lösungen für die Firmen, die wegen des Coronavirus auf einen Schlag in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. "Das Risiko ist, dass das Pferd - wenn wir die ganze Bürokratie überwunden haben - gar nicht mehr trinken kann, weil es dann schon zu schwach ist", sagt Fogliani.
Banken spielen eine zentrale Rolle in der Krisenbekämpfung
Bei der Bekämpfung der grössten Wirtschaftskrise sei dem zweiten Weltkrieg kommt den Banken eine besondere Bedeutung zu. In Italien, Spanien, Deutschland und anderen Ländern Europas stampfen Politiker gerade innerhalb von Tagen milliardenschwere Rettungsprogramme aus dem Boden und die Banken sollen die Gelder an die Unternehmen weiterreichen.
Zwar übernehmen die Staaten einen Grossteil des Ausfallrisikos, doch vielen Instituten ist auch das verbleibende Risiko noch zu gross. Gerade in Italien ächzen viele Geldhäuser unter einem riesigen Berg fauler Kredite. Sie scheuen sich nun, weitere Darlehen an Firmen zu vergeben, die sich womöglich nicht erholen von der Corona-Krise. Ausserdem stehen die Erträge wegen der seit Jahren niedrigen Zinsen in der Euro-Zone unter Druck.
Zahlreiche Unternehmen hätten ihre Kreditlinien bei ihren Hausbanken schon bis zum Maximum ausgereizt, sagt ein Manager einer italienischen Bank. "Die Firmen haben Angst. Restaurants, Kinos, Geschäfte - sie alle müssen am Monatsende wieder Miete und Gehälter bezahlen. Die Wirtschaft steht still, aber ihre Kosten nicht."
Die grösste italienische Bank UniCredit gewährt Kunden unabhängig von den staatlichen Hilfsprogrammen derzeit Stundungen bei Kreditrückzahlungen. Kleinere bis mittelgrosse Darlehen müssen in den nächsten drei bis sechs Monaten nicht getilgt werden. Zudem will sie Firmen zusätzliche Kredite im Volumen von mindestens zehn Prozent der derzeit genutzten Finanzmittel zur Verfügung stellen, etwa durch Neuverhandlungen von Finanzierungen oder durch die Inanspruchnahme einer vom Staat bereitgestellten Garantie.
«Finanzwirtschaft wird noch fragiler»
Bislang haben nur wenige Banken in Europa wegen der Corona-Krise vor zusätzlichen Belastungen gewarnt. Die Deutsche Bank erklärte vor ein paar Tagen, eine anhaltende Krise könne sie in erheblicher Weise belasten. Die britische Barclays stellte ihr Renditeziel in Frage. Experten der Ratingagentur Scope rechnen mit weiteren Prognosesenkungen. "Wir erwarten in den kommenden Monaten mehr, möglicherweise noch vor der nächsten Berichtssaison", sagt Scope-Analyst Marco Troiano. Private und öffentliche Banken würden unter Druck geraten, in der ganzen Branche sei mit einer Verschlechterung der Kreditqualität zu rechnen.
Manche Experten warnen bereits vor einer neuen Bankenkrise. "Ich sehe die Situation als eine sich langsam entwickelnde systemische Finanzkrise", sagt Finanzprofessor Jan Pieter Krahnen von der Goethe-Universität in Frankfurt. Besser wäre es nun, europaweit einheitliche Hilfsprogramme auf die Beine zu stellen und nicht nur Notfalldarlehen anzubieten, die Firmen wieder zurückzahlen müssten. "Das Geld, das in die Wirtschaft injiziert wird, sollte kein Schuldgeld sein. Das führt dazu, dass die Finanzwirtschaft noch fragiler wird."
In Deutschland hat die Bundesregierung die Details für das Corona-Rettungsprogramm bereits weitgehend festgezurrt. Die Kredite an grössere Unternehmen werden zur 80 Prozent vom Staat gedeckt, bei kleineren und mittleren Firmen wird sogar bis zu 90 Prozent des Ausfallrisikos übernommen. Die Darlehen kommen von staatlichen Förderbank KfW und werden über die Hausbanken an die Firmen weitergereicht. Die Nachfrage nach den Krediten ist riesig. In den ersten eineinhalb Tagen seit Start des Sonderprogramms wurden Anträge im Volumen von fast zwei Milliarden Euro gestellt.
(Reuters)