Die finanzielle Attraktivität von Wohneigentum wird oft durch eine inkonsistente Betrachtung von Konsum- und Investitionsaspekten unvorteilhaft dargestellt. Häufig wird argumentiert, dass sich der Kauf von Wohneigentum wegen der hohen Opportunitätskosten des eingesetzten Eigenkapitals nicht lohne. Diese Kosten entstehen, weil das Eigenkapital alternativ an den Finanzmärkten angelegt werden könnte, wo eine höhere Rendite erzielt werden kann. Diese entgangene Rendite spricht allerdings nicht pauschal gegen den Kauf von Wohneigentum.

Denn bei der Mietkalkulation berücksichtigt man üblicherweise die Rendite des Eigenkapitals als Investitionsertrag, dasselbe sollte auch bei Wohneigentum gelten. Das Eigenheim muss daher sowohl als Konsum- als auch als Investitionsgut betrachtet werden. Neben den laufenden Kosten müssen auch die potenziellen Wertsteigerungen von Wohneigentum in die Kosten-Nutzen-Rechnung einfliessen.

Eine Analyse der Immobilienmarktexperten von Raiffeisen Schweiz zeigt, dass Wohneigentum seit 1988 eine durchschnittliche jährliche Eigenkapitalrendite von 7,2 Prozent erzielt. Diese Rendite ist nur geringfügig niedriger als die durchschnittliche Rendite von Schweizer Aktien, die laut Pictet seit 1926 bei 7,7 Prozent liegt.

Die Berechnung der Eigenkapitalrendite von Wohneigentum ist komplex und hängt von verschiedenen Annahmen ab. Zunächst wird der gesamte finanzielle Nutzen, der dem Eigentümer während der Haltedauer zufliesst, als ökonomischer Profit ermittelt. Anschliessend wird das im Wohneigentum gebundene Eigenkapital berechnet. Die Eigenkapitalrendite ergibt sich dann aus dem Verhältnis von ökonomischem Profit zu gebundenem Eigenkapital.

«Langfristig ist Wohneigentum fast gleichwertig mit Aktienanlagen, da die Rendite bei deutlich geringerer Volatilität erzielt wird», erklärt Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Ein grosser Vorteil von Wohneigentum sei die Illiquidität, die Eigentümer dazu zwingt, langfristig investiert zu bleiben und Krisen auszusitzen. Dies entspricht einem wichtigen Prinzip des erfolgreichen Anlegens.

Eigenkapitalrendite und Volatilität im Vergleich.

Eigenkapitalrendite und Volatilität im Vergleich.

Quelle: Raiffeisen

Verschiedene Einflussfaktoren

«Eine der zentralen Annahmen der Studie betrifft die jährliche Wertsteigerung von Wohneigentum. Basierend auf historischen Daten wird für ein schweizweit diversifiziertes Portfolio eine Wertsteigerung von 2,71 Prozent seit 1988 angenommen. Ein interessanter Ansatz wäre, diese Eigenkapitalrendite durch regionale Unterschiede zu ergänzen – hier könnten signifikante Abweichungen auftreten», sagt Burak Er, Head of Research bei Avobis.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Annahme zur Belehnung. Die Nutzung von Fremdkapital, also das Hebeln des Eigenkapitals, spielt eine entscheidende Rolle für die Attraktivität von Immobilieninvestments. Ohne die Möglichkeit, die Hypothek dauerhaft auf zwei Drittel des Belehnungswerts aufzustocken, fällt die Eigenkapitalrendite spürbar geringer aus. Die Autoren berechnen für den Fall ohne Belehnungsgrenze und mit zyklischer Aufstockung bei grossen Renovationen eine annualisierte Eigenkapitalrendite von 5,7 Prozent (im Gegensatz zu 7,2 Prozent bei fortlaufender Anpassung der Belehnung).

Die Lage spielt eine entscheidende Rolle für die Wertentwicklung von Wohneigentum, da sie von verschiedenen Einflussfaktoren abhängt. Dazu gehören wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie die Attraktivität des Arbeitsmarkts, das Lohnniveau, steuerliche Vorteile und die allgemeine Lebensqualität einer Region.

«In Zürich stiegen die Wohneigentumspreise seit 1988 jährlich um etwa 3,2 Prozent, während sie in der Region Bern nur um rund 2,3 Prozent wuchsen. Solche regionalen Unterschiede können über längere Zeiträume zu Abweichungen in der jährlichen Eigenkapitalrendite von bis zu einem Prozentpunkt führen, was sich deutlich auf die kumulierte Rendite auswirkt», so Er. Seit der Pandemie haben sich diese regionalen Unterschiede weiter verschärft: Die Transaktionspreise für Einfamilienhäuser stiegen in der Westschweiz um 27 Prozent, während der Anstieg in der Nordwestschweiz mit 19 Prozent geringer ausfiel.

Beim Vergleich dieser Rendite mit der eines Aktienportfolios sollte zudem beachtet werden, dass die tatsächlich erzielte Rendite am Aktienmarkt bei Privatanlegern oft deutlich niedriger ist als die theoretisch mögliche Rendite eines Aktienperformanceindex. Gründe dafür sind Vermögensverwaltungskosten, Transaktionsgebühren und psychologische Anlagefehler. Studien, die vor allem den US-Aktienmarkt untersuchen, zeigen, dass Privatanleger tatsächlich nur rund die Hälfte bis zwei Drittel der theoretisch möglichen Aktienmarktrendite realisieren können.

Wohneigentum bindet

Während die Investition Wohneigentum von Fall zu Fall zu beurteilen ist, fällt ein anderer Faktor klar positiv ins Gewicht: «Für viele Haushalte ist die Hemmschwelle, einen Grossteil ihres Vermögens in Wohneigentum zu binden, niedriger als bei Finanzmarktanlagen», sagt Hasenmaile. «Diese Disziplin führt zu einer jahrzehntelangen kontinuierlichen Investition und generiert stattliche Renditen. Mieterhaushalte müssen ihr Vermögen äusserst diszipliniert anlegen, um vergleichbare Erträge zu erzielen.»

Und gerade jetzt könnte ein Investment interessant werden: Am Eigenheimmarkt zeigt sich fast überall eine Ausweitung des Angebots. In den letzten zwölf Monaten stieg die Zahl leerstehender Eigentumsobjekte schweizweit um etwa zehn Prozent. Diese Entspannung ist eine direkte Folge des abrupten Anstiegs der Hypothekarzinsen seit Ende 2021.

«Die stark gestiegenen Finanzierungskosten haben Wohneigentum vorübergehend eines seiner wichtigsten Kaufargumente gegenüber Mietwohnungen genommen. Zudem herrschte Unsicherheit über mögliche Preisrückschläge, was Käufer zurückhaltender und manche Besitzer verkaufsbereit machte», erklärt Hasenmaile. Diese Faktoren führten zu einer deutlichen Zunahme der zum Verkauf stehenden Objekte.

«Und bezüglich der Zukunft gibt es keinen Grund zur Sorge: Solange die Schweiz ein attraktiver Standort bleibt – gekennzeichnet durch hohe Löhne, starke Produktivität und eine positive demografische Entwicklung – bietet Wohneigentum laut Er weiterhin Potenzial für Preissteigerungen. Das Schweizer Erfolgsmodell erweist sich gerade in der aktuellen geopolitischen und makroökonomischen Lage als stabil und vielversprechend. „Auch wenn historische Entwicklungen keine Garantie für die Zukunft sind, ist eine durchschnittliche Wertsteigerung von 2 Prozent bis 3 Prozent pro Jahr realistisch, wobei regionale Unterschiede weiterhin zu erwarten sind», so Er.

Mit sinkenden Zinsen gewinnt Wohneigentum nun wieder an Attraktivität. Der Kauf einer typischen Eigentumswohnung ermöglicht aktuell Einsparungen von 10 bis 16 Prozent im Vergleich zum Mieten. «Durch die Aussicht auf weitere Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank und steigende Mieten dürfte sich der Wohnkostenvorteil weiter verstärken. Die zuletzt geringere Preisdynamik könnte sich bald wieder beschleunigen», so Hasenmaile.

Langfristig gesehen sind die laufenden Wohnkosten im Eigenheim zwar nicht niedriger als in einer Mietwohnung, dennoch bauen viele Wohneigentümer über die Jahre ein beachtliches Vermögen auf. Immobilien sind sowohl ein Konsum- als auch ein Investitionsgut. Trotz geringerer Flexibilität und höherem Verwaltungsaufwand bleibt Wohneigentum daher beliebt. Gründe dafür sind das Sicherheitsgefühl, die Gestaltungsfreiheit und die finanzielle Rendite.

ManuelBoeck
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