Vor etwa sieben Jahren habe der Konzern, der in der Computerwelt jahrzehntelang als Qualitäts- und Leistungsversprechen galt, mit OpenAI über eine Beteiligung verhandelt, sagen mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Intel sollte für eine Milliarde Dollar 15 Prozent an dem ChatGPT-Entwickler übernehmen. OpenAI bot dem Chip-Hersteller zudem weitere 15 Prozent an, wenn dieser im Gegenzug Hardware zum Selbstkostenpreis zur Verfügung stellt. Damit wollte sich OpenAI unabhängiger von dem Chipanbieter Nvidia machen, der inzwischen den Weltmarkt für KI-Hochleistungsprozessoren dominiert. Intel winkte allerdings ab, unter anderem weil der damalige Chef Bob Swan die Marktreife Generativer KI in weiter Ferne sah. Daher bezweifelte er, dass sich die Investition rechnen würde. Ausserdem habe sich die Rechenzentren-Sparte gesträubt, ihre Produkte zum Selbstkostenpreis abzugeben.
Intel äusserte sich auf Anfrage nicht direkt zu dem geplatzten Deal, und der frühere Chef Swan war für einen Kommentar nicht zu erreichen. OpenAI wollte sich zu diesem Thema nicht äussern.
OpenAI kommt auch so zum Erfolg - Intel auf absteigendem Ast
Nachdem Intel OpenAI die kalte Schulter gezeigt hatte, fand der KI-Entwickler in Microsoft einen anderen Investor. Der Software-Konzern pumpte nach einer ersten Geldspritze 2019 Anfang 2023 weitere zehn Milliarden Dollar in den KI-Entwickler. Wenige Monate zuvor hatte OpenAI ChatGPT der Öffentlichkeit vorgestellt und einen weltweiten Hype um diese Technologie ausgelöst. Inzwischen wird die Firma mit 80 Milliarden Dollar bewertet.
Intel fiel dagegen durch eine Serie von Fehlentscheidungen immer weiter zurück. Dies kulminierte Anfang August in enttäuschenden Quartalsergebnissen, die der Aktie den grössten Kurssturz seit 1974 einbrockten. Erstmals seit 30 Jahren liegt die Marktkapitalisierung unter der Marke von 100 Milliarden Dollar. Der Erzrivale AMD, der grosse Hoffnungen in seine eigenen KI-Chips setzt, wird mehr als doppelt so hoch bewertet. Der Börsenwert von Nvidia übersprang in den vergangenen Monaten zeitweise sogar die Marke von drei Billionen Dollar und machte das Unternehmen zum wertvollsten der Welt.
Intel setzte dagegen jahrzehntelang technologisch auf das falsche Pferd. Der Konzern sei davon ausgegangen, dass klassische Zentralprozessoren (CPUs) am besten für die Verarbeitung der komplexen KI-Berechnungen geeignet seien, sagen mehrere frühere Manager. Auf die von Nvidia genutzte Grafikkarten-Architektur (GPUs) hätten sie dagegen herabgeschaut und sie als «hässlich» bezeichnet. Dabei hatten Forscher bereits Mitte der 2000er Jahre herausgefunden, dass Letztere sich besonders gut für KI eignet, weil sie für die parallele Verarbeitung von Daten ausgelegt ist. Nvidia verbrachte daraufhin mehrere Jahre damit, GPUs für KI-Anwendungen zu optimieren. «Als KI dann aufkam, hatte Intel einfach nicht den richtigen Prozessor im Angebot», sagt Analyst Lou Miscioscia von der Investmentbank Daiwa.
Mehrere Anläufe - überschaubarer Erfolg
Inzwischen ist Intel zwar aufgewacht und will im laufenden Quartal die dritte Generation seines KI-Prozessors «Gaudi» präsentieren, der dem aktuellen Firmenchef Pat Gelsinger zufolge die Leistung der Konkurrenz übertrumpfen wird. Ende 2025 komme dann eine komplett neue Familie von KI-Prozessoren auf den Markt. Allerdings hat Intel Insidern zufolge seit 2010 mindestens vier vergebliche Anläufe unternommen, um im KI-Geschäft ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Hierzu habe der Konzern nicht nur eigene Chips entwickelt, sondern auch zwei Startups gekauft. «Intel ist im KI-Bereich gescheitert, weil sie ihren Kunden keine kohärente Produktstrategie präsentiert haben», sagt Dylan Patel, Gründer des Research-Hauses SemiAnalysis.
Im Jahr 2016 hatte der damalige Intel-Chef Brian Krzanich die KI-Firma Nervana für 408 Millionen Dollar übernommen. Diese Firma setzte bei ihren Chips auf eine ähnliche Technologie wie die Tensor-Prozessoren (TPUs), die die Alphabet-Tochter Google nutzt. TPUs ähneln GPUs, sind aber noch stärker für den Aufbau und das Training von KI zugeschnitten. Intel konnte zwar unter anderem die Facebook-Mutter Meta als Kunden gewinnen, gab das Projekt aber dennoch 2020 auf. Im Jahr davor hatte Intel mit Habana Labs einen anderen Spezialisten für KI-Chips für zwei Milliarden Dollar übernommen. Krzanich war für einen Kommentar zu diesem Thema nicht zu erreichen.
(Reuters)