Die Entscheidungsträger der Europäischen Zentralbank (EZB) sind laut Insidern angesichts einer weiter zurückgehenden Inflation zunehmend zuversichtlicher, die Zinsen im Juni erneut senken zu können. Allerdings bestehe wenig bis gar keine Bereitschaft zu einem grossen Schritt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von sechs mit den Überlegungen vertrauten Personen. Darunter werden üblicherweise Massnahmen verstanden, die über eine Änderung von 0,25 Prozentpunkten hinaus gehen. Eine Senkung etwa um 0,5 Prozentpunkte könnte bei Marktteilnehmern zudem unnötige Beunruhigung auslösen, hiess es.

Die EZB hatte ihren Leitzins zuletzt Mitte April auf 2,25 Prozent gesenkt. Dies war die siebte Lockerung seit Mitte 2024. Die nächste Zinssitzung ist am 4. Juni. Im Einklang mit der offiziellen Linie der EZB legen sich die Notenbanker bis dahin aber nicht auf ihr Vorgehen fest. Schliesslich ist der Termin für noch mehr als einen Monat entfernt und die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump nebst ihren Auswirkungen ist nicht vorhersehbar. Ein Sprecher der EZB lehnte eine Stellungnahme zu den Reuters-Informationen ab.

Unbestritten ist, dass die Unsicherheit über die Auswirkungen und den Fortgang des Zollstreits die EZB umtreibt. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte am Donnerstag gesagt, die EZB könne deshalb ihren Kurs nur von Sitzung zu Sitzung festlegen.

Die EZB-Gouverneure hatten sich zuletzt in Washington zur Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank getroffen. Sie hatten eine schwächelnde Welt-Wirtschaft bilanziert, da die Unsicherheit aufgrund der von Trump verhängten Zölle gegen zahlreiche Länder Investitionen dämpft. Daten aus der Eurozone zeigten ausserdem, dass das Wirtschaftswachstum zuletzt stagnierte. 

(Reuters)