Investitionen in die Infrastruktur werden vom globalen Trend zur digitalen Zukunft getrieben. Home-Office, Videostreaming und Künstliche Intelligenz erhöhen die Nachfrage nach Infrastrukturprojekten wie Rechenzentren. Ein weiterer Treiber ist die wachsende Weltbevölkerung. Entwicklungsländer benötigen zudem mehr Infrastruktur, während Industrieländer mit geringeren Steuereinnahmen für Modernisierungen und Wartung zu kämpfen haben. Mit dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft besteht zudem ein enormer Energiebedarf und das Thema Energiesicherheit wird immer wichtiger.  

Zusammengenommen erfordern diese Kräfte eine enorme Menge an neuer Infrastruktur, von Superbatterien und Hyperscale-Rechenzentren bis hin zum Erdgastransport sowie von modernen Logistikzentren und Flughäfen, welche dem Kapazitätsansturm gewachsen sind.

Laut dem «Transition Scenario» des BlackRock Investment Institute werden die Investitionen in Energie von jährlich 2,2 Billionen Dollar auf 3,5 Billionen Dollar bis zum Ende dieses Jahrzehnts und auf 4,5 Billionen Dollar bis in die 2040er-Jahre steigen. Davon wird ein Grossteil dieses Kapitals in die Infrastrukturanlagen fliessen. 

Die Perspektiven für Infrastruktur sind jetzt doppelt aussichtsreich

So gut die Wachstumsperspektiven, Infrastrukturaktien in diesem Wachstumssegment haben in den letzten Jahren nicht wirklich performt und sind zum Teil dem Markt deutlich hinterhergehinkt. Der iShares Global Infrastructure ETF hat sich nach den Abschlägen 2022 und 2023 erst wieder auf das Niveau von Anfang 2020 hochgearbeitet. 

Wie schwierig das Investieren in Infrastruktur ist, zeigt sich exemplarisch im Solarbereich. Der Invesco Solar ETF notiert heute wieder auf dem Stand vor Beginn der Corona-Krise im Februar 2020. Im Vergleich zum Allzeithoch im Februar 2021 hat der ETF 60 Prozent an Wert verloren. Ein Hauptgrund für diese Performance waren die Zinserhöhungen durch die Notenbanken, welche Infrastrukturprojekte aufgrund der höheren Refinanzierungskosten unattraktiv machten. 

Obwohl sich die operativen Ergebnisse vieler Infrastrukturunternehmen sowohl 2023 als auch 2024 im Vergleich zum breiten Aktienmarkt besser entwickelten und der Ausblick auf mögliche Zinssenkungen zunehmend realistisch erscheint, haben die Aktienkurse von defensiven Infrastrukturbetreibern in diesem Jahr bislang wenig Aufwärtsdynamik gezeigt, erklärt Bantleon-Fondsmanager Johannes Maier gegenüber cash.ch. «Das zeigt sich auch an den Bewertungen. Infrastruktur-Titel sind historisch günstig bewertet.»

Im Median liegen die Bewertungen im Fond "Bantleon Select Infrastructure" derzeit bei etwa dem 10-fachen des operativen Gewinns, was einen Rückgang von rund 20 Prozent im Vergleich zu den Werten von vor drei Jahren bedeutet. «Dies deutet darauf hin, dass der Markt die potenziellen Vorteile eines günstigeren Zinsumfelds noch nicht eingepreist hat», ergänzt Maier.

Investitionsmöglichkeiten in Hülle und Fülle

Ein Grossteil der Infrastrukturanlagen ist Institutionellen Vermögensverwaltern, Versicherungen, Pensionskassen oder sehr reichen Privatpersonen vorbehalten. Diese investieren neben kotierten Aktien auch in private Infrastrukturprojekte - so zum Beispiel in eine Konzession für eine Stromübertragungsleitung respektive Stromleitungsnetzwerk.

Diese Anlageform hat einerseits den Vorteil einer attraktiven Rendite, andererseits passt sich der erzielte Erlös aus der Konzession der Inflationsrate an. Durch diese vertragliche Ausgestaltung ist das Investment gegen eine allenfalls steigende Inflationsrate geschützt. 

Direkt an diesem Anlagetyp partizipieren hiesige Erwerbspersonen über die 2. Säule. Die Schweizer Pensionskassen investieren zu Diversifikationszwecken in solchen privaten Anlagen. 

Vielversprechende Einzelanlagen

Für Anlegerinnen und Anleger gibt es im Bereich Infrastruktur auch diverse attraktive Einzelaktien - und diese müssen nicht zwingend so volatil wie Meyer Burger oder Siemens Energy sein.

Mit Also bietet die Schweiz eine Topunternehmen im Infrastrukturbereich, das führend bei der Rechenzentrenausrüstung in Europa ist. Kurzfristig dürfte das Potenzial allerdings fast ausgeschöpft sein. So senkte Warburg Research das Kursziel für Also vor Monatsfrist auf 260 von 270 Franken. Die Einstufung lautet weiterhin «Hold». Die Schätzungen seien vor dem Hintergrund eines herausfordernden Umfelds zu sehen, schrieb der Warburg-Analyst. Wettbewerber wie Bechtle, Cancom, Atea und TD Synnex hätten allesamt Umsatzrückgänge verzeichnet. Bei der aktuellen Kursentwicklung sieht der Experte von Warburg wenig Spielraum für positive Überraschungen.

Im Energiebereich gibt es neben der BKW ausserhalb der Schweiz einige interessante Perlen. Elia Group und Terna sind eine interessante Anlagemöglichkeit, so Maier von Bantleon. Elia Group ist ein börsennotierter Übertragungsnetzbetreiber, welcher das belgische sowie Teile des deutschen Hochspannungsnetzes betreibt. Terna wiederum ist der zentrale Netzbetreiber für das italienische Stromnetz. Die italienische Firma wartet dabei mit einer interessanten Dividendenrendite von 4,4 Prozent auf - diese liegt über dem Dividendenertrag von 2,1 Prozent bei der BKW.

Als attraktiven Valor sieht Bantleon auch die Recycling-Firma Befesa. Die weltweit tätige Unternehmensgruppe fokussiert auf die Entsorgungswirtschaft, die als Dienstleister metallhaltige Stäube sowie Salzschlacken entsorgt und in eigenen Werken aufbereitet.

Eine weitere Möglichkeit in Europa ist Energiekontor mit Sitz in Bremen. Das deutsche Unternehmen entwickelt, baut und betreibt das Wind- und Solarparks in Europa und ist seit 2017 auch in den USA tätig. Die Aktien von Entwicklern von erneuerbaren Energien sind durch den Renditeanstieg speziell abgestraft worden und handeln zu attraktiven Preisen, meint der Bantleon-Experte. Dass auch andere Marktteilnehmer den Zeitpunkt für günstig erachten, zeige die jüngste Privatisierung des grössten Windparkentwicklers OX2 in Schweden. EQT ist bereit, einen Aufschlag von 43 Prozent zum Börsenpreis für die Anlagen und Projekt-Pipelines des Unternehmens zu bezahlen.

Im Bereich digitale Infrastruktur kommen Inwit und Kinx in Frage. Die in Mailand domizilierte Inwit spezialisiert sich auf drahtlose Netzwerkinfrastruktur, Kinx betreibt Rechenzentren in Südkorea.