Nachdem die Inflation vor zwölf Monaten aus dem Risikoradar der Anleger verschwunden war, ist sie nun wieder in den Fokus gerückt. Laut Co-Head of Inflation bei AXA Investment Managers (AXA IM) Elida Rhenals sei die aktuelle Lage «ein Nightmare - Albtraum - für die Zentralbanken»: Die Inflationserwartungen schwanken derzeit stark.

Weiter angeheizt wurden die Erwartungen durch die Zollentscheide von US-Präsident Donald Trump am vergangenen Mittwoch. Trumps Zölle haben die Investoren verunsichert, was sich auch auf die Inflationserwartungen auswirkt. Marktteilnehmer versuchen, die langfristigen Auswirkungen der Zollpolitik zu antizipieren und rechnen mit Preiserhöhungen und einer möglichen Verschärfung der wirtschaftlichen Lage.

Derzeit erwartet der Markt, dass die Inflation in den USA für das laufende Jahr bei 2,8 Prozent zu stehen kommt, Europa dürfte sich bei 1,9 Prozent einpendeln. Rhenals betonte jedoch bereits vor den Zollentscheiden, dass es Gründe für die Annahme gäbe, dass die Inflation die Markterwartungen übertreffen könnte. «Wir glauben an einen Inflationstrend 'höher für länger'» Eine starke Nachfrage im Dienstleistungssektor und eine weiterhin expansive Fiskalpolitik dürften die Inflation kurz- und mittelfristig stützen.

Der «Elefant im Raum» ist laut Rhenals jedoch die anhaltenden Einschränkungen am Arbeitsmarkt. Die restriktive Migrationspolitik von Donald Trump sorge mittelfristig für Arbeitskräfteknappheit. Einerseits wenn der US-Präsident sein Zoll-Debakel fortführe und daher die Inlandsproduktion hochfahren müsse, aber auch im Hospitalitätssektor, der auf eine nicht reguläre Arbeitskräftebasis angewiesen ist, wie beispielsweise saisonale Arbeiter. Denn Arbeitskräftemangel kann dazu führen, dass Unternehmen die höheren Löhne mit höheren Preisen kompensieren, was die Inflation anheizt. Gleichzeitig führen höhere Löhne zu mehr Konsumausgaben, was die Nachfrage und somit auch die Preise steigert.

Rhenals blickt auch Änderungen auf lange Frist entgegen. Laut ihr dürfte die Inflation in Zukunft schlechter zu prognostizieren sein und stärker schwanken als in den letzten zehn Jahren. Um der Gefahr der höheren Inflation entgegenzuwirken, empfiehlt sie auf inflationsgebundene Anleihen, beziehungsweise aktiv verwaltete Inflationsfonds zu setzen, denn «Inflation sollte auf dem Radar jedes Anlegers sein», so die Expertin. Doch was ist das genau? 

Stabilisierung im Portfolio

Bei inflationsgebundenen Anleihen, auch bekannt als «Linker», steigen die Ausschüttungen entsprechend einem offiziellen Inflationsindex. Die Rendite der Anleihe hält also mit der Teuerungsrate Schritt. Dabei bewirkt die Anlegerpsychologie, dass inflationsindexierte Anleihen oft hohe Zuflüsse verzeichnen, wenn die Inflation steigt – und hohe Abflüsse, wenn sie auf ihren Höhepunkt zusteuert, so die AXA IM-Expertin. Aber auch bei geringer Inflation können Linker die risikobereinigten Erträge eines Portfolios steigern. Dies, da sie üblicherweise weder mit anderen Festzinspapieren noch mit Aktien korreliert sind.

«Linker» sind Anlagen mit tendenziell geringem Risiko und geringer Rendite, mit dem grossen Vorteil, dass sie ein Portfolio in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stabilisieren. Da der Gesamtertrag von der Inflationsindexierung und der Veränderung der Realzinsen abhängt, entwickeln sie sich in der Regel bei steigenden Inflationserwartungen besser als nominale Anleihen.

AXA IM empfiehlt dabei einen globalen Ansatz zu verfolgen. Einerseits würden saisonale Inflationsschwankungen besser genutzt und dank der Diversifikation zu einem besseren Risiko-Ertrags-Profil führen. Wer weltweit investiere, wird in der Regel Anleihen mit vergleichsweise hohen Zinsen bevorzugen – mit positiven Auswirkungen auf die inflationsbereinigten Erträge, so die Experten.

Entscheidende Laufzeitsegmente

Nebst der geografischen Ausrichtung ist insbesondere die Laufzeit entscheidend. Sie beeinflusst sowohl das Risiko als auch die Rendite, die ein Anleger erwarten kann. Es wird zwischen langen Laufzeiten von durchschnittlich neun Jahren und kurze Laufzeiten von drei Jahren unterschieden. 

Rhenals erklärt: «In einem Umfeld restriktiver Realzinsen und schwachem Wachstum sind langfristige Anleihen mit hoher Duration attraktiv, da fallende Zinsen den Wert dieser Papiere steigern.» Wenn die Zentralbanken allerdings eine Zinswende einleiten und die Zinsstruktur steiler wird, bieten kurzfristige Anleihen höhere Renditen, da die kurzfristigen Zinsen sinken, während langfristige Zinsen stabil bleiben.

Mit der aktuell moderaten Zinspolitik in der Schweiz und den USA könnten langfristige Anleihen vorteilhaft sein. Allerdings könnte eine verkürzte Duration bei einer potenziellen Zinswende sinnvoll sein, um von steigenden kurzfristigen Zinssätzen zu profitieren, sollte die Fed ihre Zinsen in einem moderaten Tempo senken.

Ein möglicher Schutz?

Sind inflationsgebundene Anleihen also tatsächlich die Lösung? In der aktuellen Marktlage, die durch eine unsichere Inflationsentwicklung und eine komplexe wirtschaftliche Situation geprägt ist, bieten «Linker» durchaus eine Möglichkeit sich vor Unsicherheiten der Inflation zu schützen. Sie stabilisieren Portfolios und sichern bei einer steigender Teuerung eine gewisse Rendite.

Dennoch muss Anlegern bewusst sein, dass die Rendite oft niedriger ausfällt als die von nominalen Anleihen, insbesondere in Zeiten niedriger Inflation oder moderater Zinsen. Zudem können die Erträge schwanken, da sie von der tatsächlichen Inflationsentwicklung abhängen. Langfristige inflationsgebundene Anleihen sind dabei besonders empfindlich gegenüber Zinsänderungen, was in einem Umfeld steigender Zinsen zu Kursverlusten führen kann.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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