Die Ökonomen der Grossbank UBS rund um den Chefökonom Schweiz, Daniel Kalt, befassten sich an einer Medienkonferenz am Mittwoch unter anderem über die Zeit, die nach dem prognostizierten Gipfel der Leitzinserhöhungen Schweiz folgt. Kalt geht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins im September zunächst noch um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 2 Prozent erhöhen wird. Danach könnten drei Szenarien eintreten:

1. Inflation wie Ende der 1980er-Jahre

Als "unwahrscheinlich, aber inzwischen nicht mehr undenkbar" bezeichnete UBS-Ökonom Alessandro Bee das Risiko einer Entgleisung der Inflations- und Zinsentwicklung. Dieses würde sich realisieren, wenn der Druck der Inflation stark ausfiele und die SNB sie nicht mehr unter die 2-Prozent-Marke zurückbringen könne.

Der UBS-Experte erinnerte an das Ende der 1980er-Jahr, als die Inflation auf über 6 Prozent stieg. Der SNB sei es erst Mitte der 1990er-Jahre gelungen, die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen - zum Preis einer langen Rezession sowie einer Immobilienkrise.

2. Zurück zur Tiefzinsphase

Umgekehrt sei auch eine Rückkehr zur Tiefzinsphase nicht völlig ausgeschlossen, so Bee. Eine Voraussetzung dafür wäre laut dem Experten aber eine tiefe Rezession wie nach der Finanzkrise.

In den letzten 30 Jahren sind die langfristigen Schweizer Zinsen kontinuierlich gesunken, insbesondere nach der globalen Rezession 2008. Um in ein Umfeld mit tiefen Zinsen und tiefer Inflation zurückzukehren, bräuchte es eine Phase mit sehr tiefer Auslastung der Wirtschaft. Gleichzeitig dürfte der Inflationsdruck nicht steigen, was nach dem Renteneintritt der Boomer-Generation nur mit einer Steigerung der Produktivität möglich wäre. Auch dieses Szenario ist laut der UBS nicht das wahrscheinlichste.

3. Zinserhöhungen kommen zu einem Ende

Nach einer letzten Erhöhung des Leitzinses auf 2 Prozent werde sich der SNB-Leitzins im nächsten Jahrzehnt bei 1 Prozent einpendeln, so die UBS. Das ist laut der Bank das wahrscheinlichste Szenario. Auch im nächsten Jahrzehnt sei mit einem höheren Inflationsdruck zu rechnen. Es seien Werten zwischen 1 und 1,5 Prozent zu erwarten, nachdem die Konsumentenpreise im letzten Jahrzehnt stagniert haben. Dies werde die Schweizerische Nationalbank (SNB) "anhaltend fordern", so die UBS-Ökonomen. 

Die Nationalbank habe bereits 2015 bei der Aufhebung der Frankenuntergrenze bewiesen, dass sie bereit sei, zum Erreichen ihrer Ziele auch unpopuläre Schritte zu unternehmen und eine deutliche Wachstumsverlangsamung zu riskieren. 

Eine erste Zinssenkung erwarten die UBS-Ökonomen erst in der zweiten Jahreshälfte 2024. Ihre Inflationsprognose haben sie von 2,5 auf 2,2 Prozent gesenkt. Für 2024 wird unverändert eine Teuerung von 1,7 Prozent vorhergesagt.

Die UBS-Ökonomen schätzen, dass die Schweizer Wirtschaft mit 0,9 Prozent in diesem Jahr unterdurchschnittlich wachsen werde. Das würde allerdings auch die Inflationsdynamik brechen. Grösster Inflationstreiber könnte eine US-Rezession sein. Falle diese schwer aus, litte die Schweizer Wirtschaft, was die SNB zu raschen Zinssenkungen verleiten könnte.