Einig ist sich das Bundesparlament ja eigentlich bereits: Die Heiratsstrafe muss weg, Ehepaare sollen neu einzeln besteuert werden. Nach dem Nationalrat hiess in der Frühlingssession auch der Ständerat die Individualbesteuerung gut – wenn auch nur mit knapper Mehrheit.
Bei der Umsetzung haben sich die Räte jedoch noch nicht gefunden. Die kleine Kammer schwächte den Gesetzesvorschlag des Bundesrates deutlich ab – anders als im Nationalrat konnten sich Linke und GLP mit ihren Vorstössen durchsetzen. Und zumindest die zuständige Kommission der grossen Kammer scheint nun gewillt, dem Stöckli entgegenzukommen: Sie präsentiert ihrem Rat einen Kompromiss, wie sie am Dienstag mitteilt. Damit könnte das neue Steuerregime bereits im Sommer beschlossene Sache sein.
Ständerat will Steuerausfälle drücken
Das Gesetz soll ein indirekter Gegenvorschlag sein zur Initiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» der FDP Frauen, die genauso eine Einführung der Individualbesteuerung auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene fordert. Die Landesregierung will das Anliegen jedoch lieber auf Gesetzesebene verankern.
Mit dem Vorschlag des Bundesrates würden gemäss Schätzungen jährlich rund 870 Millionen Franken weniger in die Staatskasse fliessen. Denn als «Zückerchen» sollen die Kinderabzüge von heute 6700 Franken auf 12'000 Franken erhöht und zwischen den Eltern hälftig aufgeteilt werden. Damit will der Bund Zweitverdienerinnen und Zweitverdiener dazu bewegen, in höherem Pensum zu arbeiten.
Für den Ständerat sind die Ausfälle zu viel: Er schlägt stattdessen vor, die Kinderabzüge nur auf 10'700 Franken zu erhöhen. Um eher traditionelle Familienmodelle zu fördern, sollen sie jedoch anteilsmässig vom einen auf den anderen Elternteil übertragen werden können. Zusammen mit einem neuen Progressionsmodell für die Bundessteuer würde das neue Päckli die Verluste auf noch rund 380 Millionen Franken im Jahr drücken.
Wegen des Bundesgerichts wird es besonders knapp
Nun haben sich FDP, GLP, SP und Grüne in der Wirtschaftskommission des Nationalrats zu einem neuen Deal zusammengerauft. Der Kompromiss: Die Verluste sollen zwar gedrückt werden, der Anreiz einer Pensen-Erhöhung soll jedoch bestehen bleiben. Neuster Kostenpunkt: rund 600 Millionen Franken.
Die vier federführenden Parteien begrüssen den Entscheid, wie sie in Mitteilungen schreiben. Das Land könne sich mit dem Wegfall der Steuerhürde bald «über 50’000 zusätzliche Beschäftigte» freuen, teilt etwa die GLP mit.
Der Vorschlag der Wirtschaftskommission soll bereits im Mai in den Nationalrat kommen. Dann trägt die grosse Kammer eine Sondersession aus, um Pendenzen abzubauen. Findet das Anliegen dann eine Mehrheit, könnte der Ständerat bereits im Sommer nachziehen.
Dort könnte es aber knapp werden – auch aufgrund des Bundesgerichtes. Denn mit dem zwangsmässig ausgeschiedenen Schaffhauser SP-Ständerat Simon Stocker (43) besitzt das Pro-Lager eine Stimme weniger. Es braucht also nur einzelne Abwesenheiten und die Individualbesteuerung droht erneut abzustürzen.
Dieser Artikel erschien zuerst bei blick.ch.
3 Kommentare
Die Individualbesteuerung hat ihren Preis, doch davon redet NIEMAND. Die Computer bei den Kantonalen Steuerverwaltungen haben keinen Knopf zum Drücken: "Individualbesteuerung" ON/OFF. Nein, es muss alles neu analysiert, programmiert, parametriert und getestet werden. Für ein kantonales Steueramt können leicht 50 Millionen an Programmieraufwand auftreten und eine Lieferfrist von 3 Jahren, sofern überhaupt das IT-Personal gefunden wird. Dann sind alle Personen, die nun als Ehepaare erfasst sind, neu individuell zu erfassen. Die Veranlager und Veranlagerinnen resp. Steuereinschätzer und SteuereinschätzerInnen müssen neu ausgebildet werden, und es müssen wohl mindestens 20% mehr Mitarbeiter und MitarbeiterInnen eingestellt werden, weil Ehepaare nun mindestens zwei Steuererklärungen einreichen und bisher bloss eine. Als Politiker und Politikerin muss man nicht an die Folgen des Entscheides denken. Die "ANDEREN" sollen das dann richten.
Ehepaare können sich überlegen, wie die "Gütertrennung" aussieht. Hat nun der andere Ehepartner bereits Anspruch auf den Vorschlag "Gewinn" oder den "Verlust" während der Ehe? Wie wird die Wohnung versteuert im Vermögen, die man selbst mit dem Ehempartner oder der Ehepartnerin bewohnt? Hälftig oder gemäss jeweiliger individueller Investition? Muslimische Ehegemeinschaften können leicht aus sechs Personen bestehen, ein Problem, falls Vermögen aufgeteilt werden soll, weil es vorhanden ist, was ja meistens hoffentlich nicht zutrifft.
Da kann man auch gleich einige Juristen anstellen, die das vorbereiten, was dann die IT-Truppe umsetzen soll.
Nur weiter so, es kommt alles GUT.
Was sich aus meinem Kommentar auch ergibt, ist wohl, dass es einfacher wäre, diesen Genderistischen Aufwand mit der korrekten Bezeichnung des männlichen, sächlichen und weiblichen Substantivs richtig zu formulieren. Trump will das abschaffen. Ich bin dabei, dass man das auch in der Schweiz macht. Dies aber alles nur "nebenbei".
Wichtiger als die Progression der Steuern für einen Entscheid arbeiten zu gehen sind die Betreuungskosten. Solange für 2 Kinder für 2 Tage mehr als 2000.- zu berappen sind und dann von den 24000.- nur max 10800.- bei den Steuern abgezogen werden können, wird die Motivation klein bleiben.
Die Familienlobby will die Ehepaare also noch stärker subventionieren als bisher, die Alleinestehenden werden zukünftig voraussichtlich noch stärker geschröpft als bisher. Jede Anpassung verursacht Verlierer und Gewinner, der Ehestand wurde bislang immer noch freiwillig gewählt mit Kenntnis aller Vor- und Nachteile, daher ist keine Anpassung zu Ungunsten der Anderen notwendig.