cash.ch: Herr Billard, hätten Sie vor fünf Jahren erwartet, im Geschäftsjahr 2023/24 faktisch die Marke von einer Umsatzmilliarde zu knacken?

Fabrice Billard: Für uns war diese Milliarde immer ein bisschen der Nordstern. Wir wussten, eines Tages werden wir gross sein und eine Milliarde Franken Umsatz erreichen. Vor fünf Jahren waren die Marktbedingungen aber ganz klar nicht da. Wir haben erst vor zwei Jahren realisiert, dass es jetzt ganz schnell gehen kann. Wir haben damals diese Herausforderung angenommen, geplant und jetzt auch erfolgreich umgesetzt. Wir sind zwar noch nicht ganz am Ziel, aber im Geschäftsjahr 2024/25 sehr wahrscheinlich.

Bei der Präsentation der Jahreszahlen haben Sie die Guidance beim Umsatz und Gewinn erhöht. Wird der Gewinn weiter stärker wachsen?

Der Gewinn wird natürlich weiter wachsen, zusammen mit dem Umsatz. Beim Umsatz haben wir mit 1,2 Milliarden ein klares Ziel vor Augen, und bei Gewinnmarge erwarten wir wie bis anhin eine Bandbreite von zwölf bis fünfzehn Prozent vom Umsatz. 

Derzeit liegen Sie aber noch am unteren Ende bei der Gewinnmarge?

Wir sehen da eindeutig ein Potenzial und wollen einen höheren Wert erreichen. Einerseits kommt das mit dem Wachstum, das bringt die Hebelwirkung bei der Gewinnmarge. Andererseits hängt es auch davon ab, wie der Produktmix ist. Deshalb haben wir diese Bandbreite. Wir wollen wenigstens den Mittelwert erreichen. Dafür müssen wir uns noch um einen Prozentpunkt verbessern.

Lässt das Geschäftsmodell das zu?

Ja. Auf der Profitabilitätsseite haben wir noch viele Ideen, was wir noch besser machen können. Wir haben in den letzten Jahren viele Fortschritte gemacht, aber es gibt noch einiges zu tun.

Können Sie Beispiele nennen?

Hier in der Fabrik in Winterthur ist die Logistik im Moment noch sehr aufwändig und wir wollen das effizienter gestalten. Das ist ein Punkt. Wir sind zudem bestrebt, unsere Produkte modularer zu machen, damit die Produktion schneller wird. Das führt ebenfalls zu einer Margenverbesserung. Einer der wichtigsten Punkte ist aber die Innovation. Wir haben die letzten fünf Jahre im Schnitt unsere Ausgabe für Forschung und Entwicklung um 25 Prozent pro Jahr erhöht. Damit kommen wir mit neuen Produkten auf den Markt, die tendenziell profitabler sind.

Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?

Bei allen Anwendungen haben wir spezifische Wettbewerber. Es sind nicht überall die gleichen. In China haben wir zum Beispiel fünfzehn Wettbewerber. Das ist sehr intensiv, aber wir sind trotzdem sehr erfolgreich. Daneben gibt es in Europa und den USA eine ganze Anzahl von kleineren Firmen, aber auch ganz grosse wie zum Beispiel eine Tochtergesellschaft von Siemens oder der Konzern Baker Hughes. Deshalb differenzieren wir uns immer stärker mit unseren Angeboten. Ein wesentlicher Punkt zur Abgrenzung ist unsere Fähigkeit, eine Anwendung präzise zu verstehen und mit dem Kunden weiter zu entwickeln. Im Prinzip ist jedes Produkt individuell auf das Kundenbedürfnis zugeschnitten.

Ein Hauptthema sind Wasserstoff und Energietransition. Burckhardt zählt hier zu den Gewinnern. Hat dieser Trend erst angefangen oder sind Sie da schon mittendrin?

Diese Entwicklung hat erst begonnen. Wir sehen aber bereits heute, was wir bis 2050 noch alles machen müssen. Es muss viel mehr geschehen. Das sind neue Anwendungen wie Biofuels, Sustainable Aviation Fuel oder grünes Ammoniak. Wir sehen gerade den Anfang davon und es braucht viel mehr Entwicklungen dieser Art. 

Im Moment macht der sogenannte 'grüne' Bereich etwa 26 Prozent vom Umsatz aus. Wo stehen Sie da in zehn Jahren? 

Neben dem grünen Bereich gibt es auch Übergangs-Applikationen, die nicht ganz nachhaltig sind, aber besser als die alten. Damit sind wir heute in der Summe bei einem Drittel unseres Bestellungseingangs. Wir wollen bis 2027 mehr als 40 Prozent erreichen. Das ist das Minimum. Am Ende sollte es in zehn Jahren deutlich höher sein.

Welchen Einfluss hat der starke Franken auf das Geschäft?

Bisher konnten wir das am Ende kompensieren. Man sieht das an unseren Margen, welche über die letzten Jahre nicht schlechter geworden sind. Die sind stabil oder sogar leicht steigend. Was immer schwierig ist, wenn eine Währungsveränderung plötzlich auftritt. Da können wir kaum darauf reagieren. Wenn sich die Währungsabwertung hingegen Schritt für Schritt entwickelt, dann können wir das auch meistern. Beim Einkauf und mit Prozessoptimierungen konnten wir einiges verbessern. Soweit ist uns das gut gelungen.

Der Franken hat sich seit Jahresbeginn abgewertet. Spüren Sie das schon oder ist das noch zu früh zum Beurteilen?

Wir haben viele Kosten wie die Produktion der Kompressoren in Winterthur. Diese fallen in Schweizer Franken an. Wir kaufen das ganze Jahr über hauptsächlich in Europa ein. Insofern spielt das kurzfristige Auf und Ab weniger eine Rolle. Darin sehen wir einen Vorteil. Viel mehr weh tut es auf der anderen Seite, wenn sich wie im letzten Jahr das Servicegeschäft wegen der schlechten Wirtschaftslage in Deutschland rückläufig entwickelt.

Ist der Standort Schweiz nicht zu teuer für die Produktion?

Winterthur ist heute unsere wichtigste Fabrik und die einzige, die wir in der westlichen Welt für die Produktion haben. Der Standort ist zentral, weil wir hier unsere kompliziertesten Produkte herstellen. Das wird in den nächsten Jahren auch so bleiben.

Der erfolgreiche Geschäftsgang lässt markant höhere Dividendenzahlungen zu?

Ja, letztes Jahr (2022/23) konnten wir diese um 60 Prozent erhöhen, dieses Jahr um weitere 29 Prozent (2023/24). In den nächsten Jahren sollte es weiter Raum nach oben geben dank des Umsatz- und Gewinnwachstums. Der Verwaltungsrat und die Aktionäre werden das evaluieren und entscheiden.

Zum Stellenwert der Dividende: Wollen Ihre Aktionäre mehr Dividende sehen oder mehr Wachstum?

Wir haben zwei Arten von Aktionären. Einerseits sind wir jetzt im 'SPI Select Dividend 20' vertreten. Das heisst, für diese Aktionärsgruppe sind die Dividenden wichtig. Auf der anderen Seite haben wir auch Aktionärinnen und Aktionäre, die sehen, dass wir Richtung New Energies wachsen, und für die ist Wachstum dann wichtiger. In der Summe haben wir eine attraktive Dividendenpolitik definiert. Wir schütten zwischen 50 und 70 Prozent unserer Profite den Aktionären aus. Wenn der Profit weiter steigt, sollte dementsprechend auch unsere Dividendenzahlungen weiter steigen. Heute sind wir mit 58 Prozent Auszahlungsrate mehr oder weniger in der Mitte der Bandbreite. Wir haben also Raum nach oben - und bei Bedarf nach unten. 

In diesem Jahr hat die Aktie von Burckhardt Compression 30 Prozent zugelegt. Geht die Hausse weiter?

Diese 'einfache' Frage kann ich nicht kommentieren (lacht). Es ist immer schön zu sehen, wenn es an der Börse aufwärts geht. Aber Sie wissen, es kann auch immer nach unten gehen. Ich bin nicht derjenige, der verkauft oder kauft. Ich kann das nicht beeinflussen. Wir können nur versuchen, unseren Job so gut wie möglich zu machen. Und hier haben wir einen klaren Wachstumsplan für die nächsten Jahre. 

Fabrice Billard ist seit 2022 CEO von Burckhardt Compression. Er besitzt einen Master-Abschluss in Aeronautik und Weltraumtechnologie und leitete vor seiner Ernennung zum CEO seit 2016 die Systems Division. Er trat in einer schwierigen Phase in diese Division von Burckhardt Compression ein und führte sie zum Erfolg. Fabrice Billard ist die treibende Kraft hinter der laufenden Wasserstoff-Mobilitäts- und -Energie-Initiative. Er begann seine Karriere bei Hay Management und der Boston Consulting Group, bevor er 2004 zu Sulzer wechselte.

Thomas Daniel Marti
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