Das Weisse Haus begrüsste am Mittwoch das Abstimmungsergebnis. "Heute endete der scheinheilige Amtsenthebungsversuch der Demokraten in der vollen Rechtfertigung und Entlastung von Präsident Donald J. Trump. Wie wir die ganze Zeit gesagt haben, ist er nicht schuldig", sagte der Pressesprecher des Weissen Hauses in einer Erklärung. Der Amtsenthebungsprozess sei eine "Hexenjagd auf der Grundlage einer Reihe von Lügen" gewesen. "Kein Zweifel, der Präsident wird sich rühmen, dass er in allen Punkten entlastet worden ist. Aber wir wissen es besser. Wir wissen, dass dies kein faires Verfahren war", sagte Chuck Schumer, der oberste Demokrat im Senat.

Der Ausgang war erwartet worden, nachdem Trumps Parteikollegen in der Kongresskammer fast geschlossen zu ihm hielten. Unklar blieb zunächst, ob das Verfahren - das dritte der US-Geschichte - dem Präsidenten im Wahlkampf schaden wird. Die Vorwahlen zur Präsidentenwahl Anfang November hatten am Montag in Iowa begonnen. Während sie bei den Demokraten chaotisch abliefen, erhielt Trump mehr als 97 Prozent der Stimmen.

Am Mittwoch ging die erste Abstimmung im Senat mit 52 zu 48 Stimmen für Trump aus, die zweite mit 53 zu 47. Auf Twitter postete der Präsident kurz nach der Abstimmung ein Video, das das Trump-Wahlkampfzeichen für Wahlen ab 2024 zeigt und mit "Trump 4EVA" endet. Die US-Verfassung beschränkt eine Präsidentschaft auf zwei gewählte vierjährige Amtszeiten. Trump kündigte an, er werde sich am Donnerstagmittag (Ortszeit) über "den Sieg unseres Landes über den Amtsenthebungsschwindel" äussern. Sein Wahlkampfmanager Brad Parscale ergänzte, dass es nach der Bestätigung Trumps im Amt nun wieder an der Zeit sei, sich den Aufgaben des amerikanischen Volkes zu widmen.

Romney auf Demokraten-Seite

Mit Blick auf die aktuellen Mehrheitsverhältnisse in der Kammer hätten sich mindestens 20 Republikaner auf die Seite der Demokraten stellen müssen, um Trump seines Amtes zu entheben. In der ersten Abstimmung schloss sich zumindest der republikanische Senator Mitt Romney den Demokraten an, um für eine Verurteilung zu stimmen. Romney bezeichnete das Vorgehen des Präsidenten in der Ukraine-Affäre als "schmerzlich unrecht" und sagte, Trump sei "schuldig an einem entsetzlichen Missbrauch des öffentlichen Vertrauens". Was Trump getan habe, war nicht "perfekt", äusserte Romney im Senat, als Trump seinen Anruf beim ukrainischen Präsidenten beschrieb, der im Zentrum des Skandals steht.

"Nein, es war ein unverhohlener Angriff auf unser Wahlrecht, unsere nationale Sicherheit und unsere Grundwerte. Eine Wahl zu korrumpieren, um sich selbst im Amt zu halten, ist vielleicht die beleidigendste und zerstörerischste Verletzung des eigenen Amtseides, die ich mir vorstellen kann." Romney, ein gemässigter und älterer Staatsmann in seiner Partei, war der erste Senator in der Geschichte der USA, der in einem Amtsenthebungsverfahren für die Verurteilung eines Mitglieds seiner eigenen Partei gestimmt hat. Er war 2012 Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Trumps Sohn Donald Trump Jr. forderte, Romney solle aus der republikanischen Partei ausgeschlossen werden. "Er war zu schwach, um die Demokraten zu schlagen, also schliesst er sich ihnen jetzt an", schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die Demokraten hatten am 18. Dezember mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus formell Anklage (Impeachment) gegen den Republikaner in der Ukraine-Affäre erhoben. Eine Verurteilung hätte zwei Drittel der 100 Stimmen benötigt. Allerdings halten Trumps Republikaner 53 Sitze in der Kongresskammer, weswegen eine Verurteilung von Anfang an als unwahrscheinlich galt.

Ukraine-Affäre

Die Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch und Behinderung ihrer Ermittlungen in der Ukraine-Affäre vor. Demnach soll er auf Kosten der nationalen Sicherheit im vergangenen Sommer den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat dazu gedrängt haben, potenziell belastendes Material über den möglichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden zu bekommen. Trump soll dazu vom Kongress bereits genehmigte Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von knapp 400 Millionen Dollar zurückgehalten haben. Zusätzlich hat er aus Sicht der Demokraten die Ermittlungen in der Angelegenheit behindert.

Trump weist alle Vorwürfe zurück und unterstellt den Demokraten Putschabsichten. Sein Verteidiger Pat Cipollone sagte zu Beginn der entscheidenden Phase des Verfahrens, der Präsident habe "absolut nichts Falsches getan". Die Ukraine-Ermittlungen fussten auf Hörensagen. Sie seien ein illegaler Versuch, einen demokratisch gewählten Präsidenten loszuwerden und dessen Wiederwahl zu verhindern.

Trump ist der dritte Präsident, der sich in der US-Geschichte einem Amtsenthebungsverfahren stellen muss. Vor ihm waren Bill Clinton 1999 und Andrew Johnson 1868 vor den Senat zitiert worden. Keines der Verfahren hatte Erfolg. Richard Nixon trat 1974 im Zuge der Watergate-Affäre zurück, bevor ein Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde.

Der 73-jährige Trump tritt für eine zweite und letzte vierjährige Amtszeit an. Zwar muss auch er die Vorwahlen seiner Partei bestehen, was jedoch als Formalie gilt. Dagegen ist unklar, wer auf Seite der Demokraten gegen ihn im November ins Rennen gehen wird. Neben dem missglückten Auftakt der Vorwahl der Demokraten am Montag in Iowa und dem Freispruch im Amtsenthebungsverfahren am Mittwoch nutzte Trump am Dienstag vor einem grossen Fernsehpublikum seine Rede zur Lage der Nation, um Errungenschaften seiner Regierung zu beanspruchen.

(Reuters)