In Zeiten niedriger Zinsen baute sich der schwedische Vermieter SBB zu einem 13-Milliarden-Dollar-Giganten auf, indem er billige Schulden aufnahm, um Schulen und Gesundheitszentren aufzukaufen, die die lokalen Regierungen abstossen wollten. Jetzt steht das Unternehmen, das im Zentrum der Immobilienkrise des Landes steht, Kommunalverwaltungen gegenüber, die ihre Immobilien zurückhaben wollen.

SBB erlebt seit der Herabstufung der Anleihen auf Junk-Status Anfang Mai einen freien Fall ihres Aktienkurses. Da Hedgefonds und konkurrierende Vermieter zunehmend die Bestände des in Schwierigkeiten geratenen Unternehmens in den Fokus bei ihrer Schnäppchenjagd nehmen, hat dies zu einer Gewissensprüfung im öffentlichen Sektor geführt.

Die Gemeinden, Kommunen und Gesetzgeber stellen sich die Frage, wem der Bestand an Polizeistationen, Krankenhäusern und Pflegeheimen des Landes zukünftig gehören soll. Dies, nachdem einige Gemeinden Interesse bekundet haben, Vermögenswerte zurückzukaufen, die sie einst an die SBB verkauft hatten. "Wir wissen heute nicht, wem unsere Immobilien morgen gehören werden“, schrieb Andreas Sjolander, ein Gemeinderat der nördlichen Stadt Härnösand, per E-Mail. Er sagte, seine Gemeinde führe bereits "interne Diskussionen“ darüber, welche Grundstücke sie möglicherweise wieder kontrollieren wolle.

Schuldenberg von 8 Milliarden Dollar

Härnösand verkaufte 2008 die meisten seiner Schulen und Pflegeheime an ein anderes schwedisches Immobilienunternehmen, Kungsleden. Dieser Deal gilt als Ausgangspunkt für die Betrachtung von Gemeinschaftsimmobilien als Anlageklasse. Seitdem haben die Gebäude aber mehrmals den Besitzer gewechselt und sind heute Eigentum der SBB, die sie an die Gemeinde zurückvermietet. Während nur wenige schwedische Kommunen öffentlich Pläne zum Kauf von SBB-Immobilien angekündigt haben, stellt die Entwicklung eine existenzielle Bedrohung für den Sale-and-Lease-Back-Ansatz für kommunale Vermögenswerte in Schweden dar. Damit kämpft das in Stockholm ansässigen Unternehmen, das einen Schuldenberg von 8 Milliarden US-Dollar vor sich herschiebt.

"Die Haltung der Kommunen gegenüber dem Verkauf dieser Art von Immobilien an einen privaten Akteur hat sich geändert“, sagte Marcus Gustavsson, Kreditanalyst der Danske Bank, telefonisch. "Sie können erkennen, dass es keine so gute Idee war, dies einem privaten Unternehmen zu überlassen.“

Für Schwedens Kommunalverwaltungen könnte die Übernahme der Kontrolle über genutzte Immobilien einen finanziellen Vorteil mit sich bringen. Ein im Jahr 2021 von der kommunalen Finanzierungsagentur Kommuninvest veröffentlichter Bericht ergab, dass es für Kommunen in den meisten Fällen günstiger ist, Gemeinschaftsimmobilien zu besitzen, als sie zu mieten. "Es ist schwierig, die Logik der Sale-and-Lease-Back-Vereinbarung zu erkennen, wenn man bedenkt, wie unterschiedlich die Kreditkosten für die Kommunen gegenüber denen des Privatsektors sind“, sagte Erik Tornblom, amtierender Forschungsleiter bei Kommuninvest, am Telefon. Er sagte, es sei "rätselhaft“, dass einige Kommunen sich immer noch für den Verkauf ihrer Vermögenswerte entscheiden.

Erschwerend kommt hinzu, dass nicht klar ist, ob die lokalen Regierungen selbst entscheiden können, welche Immobilien sie zurückkaufen möchten. Den Gemeinden ist es gesetzlich verboten, Liegenschaften ausserhalb ihrer eigenen Grenzen zu besitzen, und es ist wahrscheinlich, dass die SBB ihre Vermögenswerte lieber in Portfolios bündelt, als sie einzeln zu verkaufen. "Es könnte schwierig werden, die SBB dazu zu bringen, die Vermögenswerte in einer Gesellschaft pro Liegenschaft zu bündeln“, sagte Annika Wallenskog, Chefökonomin beim schwedischen Verband lokaler Behörden und Regionen, in einem Telefoninterview.

Die Sackgasse ist erreicht - es gibt kein Zurück

Da sich die Gesetzgeber dagegen sträuben, dass wichtige öffentliche Infrastruktur – darunter vom schwedischen Militär genutzte Liegenschaften – in die Hände neuer Eigentümer übergeht, hat der Niedergang der SBB die Oppositionsparteien zu einem Aufruf zum Handeln der Regierung vereint. Ein Vorschlag der Linkspartei, dem Staat ein Vorkaufsrecht für den Kauf von Gemeinschaftsgrundstücken zu gewähren, hat die Unterstützung der Sozialdemokraten, der grössten Oppositionspartei, gefunden und wird im Parlament debattiert.

"In einer Situation, in der das Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt und ein eher spekulatives Geschäftsmodell vorweist, das auf niedrigen Zinsen basiert, ist es aus gesellschaftlicher Sicht nicht zumutbar, dass diese Immobilien in den Besitz von irgendjemandem gelangen könnten“, sagte Ali Esbati, wirtschaftspolitischer Sprecher der Linkspartei. "Es muss schnell etwas getan werden, um das zu verhindern“, fügte Esbati hinzu.

Die Argumente der Linken haben wenig dazu beigetragen, den regierenden Mitte-Rechts-Block zu überzeugen, dessen Regierung auf die Unterstützung der nationalistischen Schwedendemokraten angewiesen ist. Finanzmarktminister Niklas Wykman sagte gegenüber Bloomberg News, er habe mit Investoren gesprochen, die möglicherweise bereit seien, Vermögenswerte von Gewerbeimmobilienvermietern zu kaufen, um ihre Finanzen zu stützen. "Es gibt potenzielle Käufer unter institutionellen Anlegern, und wir haben auch gesehen, dass nicht-institutionelle Käufer auf den Markt drängen, daher besteht eine Nachfrage nach schwedischen Immobilien“, sagte Wykman.

Während der Regierungsminister die Idee eines allgemeinen Plans zur Verstaatlichung von Grundstücken ablehnte, hat er die schwedische Befestigungsbehörde gebeten, zu klären, welche Teile des SBB-Portfolios von nationalem Sicherheitsinteresse sein könnten. "Wir sind bereit zu handeln, um die Finanzstabilität und das Geld der Steuerzahler zu schützen und wichtige Werte wie die nationale Sicherheit zu erhalten“, sagte er. "Das werden wir tun, wenn es nötig wird.“

(Bloomberg)