cash.ch: Der Zürcher Immobilienmarkt brummt, die Reservationsanzahlungen für Eigenheime sind auf Rekordhöhe. Gibt es überhaupt noch Angebote oder ist der Markt ausgetrocknet?
Ursina Kubli: Ja, es gibt Angebote. Aber die sind knapp und nur wenige Objekte kommen zum Verkauf. Auf der Plattform homegate.ch sind derzeit rund 2000 Wohninserate im Kanton Zürich zum Kauf ausgeschrieben. Ein gewisser Anteil geht auch direkt unter der Hand weg. Das Kernproblem bleibt: Es werden zu wenig neue Wohnungen gebaut, wenn man das starke Bevölkerungswachstum berücksichtigt.
Sind die Preise überall hoch?
Zürich ist einer der Kantone mit den höchsten Immobilienpreisen in der Schweiz. Besonders teuer ist es in der Stadt Zürich und in den Seegemeinden – allen voran Kilchberg und Küsnacht. Günstiger ist es in suburbanen oder ländlichen Gemeinden im Kanton.
Gibt es bei der Ausgangslage im Kanton noch Eigenheime zu einem vernünftigen Preis?
Grundsätzlich ist ein Immobilienkauf eine anspruchsvolle Angelegenheit. Man muss die finanziellen Möglichkeiten haben, um dies überhaupt stemmen zu können. Einfamilienhäuser sind speziell teuer, weil bei einem Einfamilienhaus mehr Land hinzu kommt als bei einer Eigentumswohnung. Allerdings ist auch Stockwerkeigentum teuer, weil diese Wohneinheiten in der Regel neueren Datums sind und häufiger an zentralen, guten Lagen liegen. Im Zürcher Oberland wird entsprechend eher ein «älteres» Einfamilienhaus gekauft. Beide Wohnformen sind teuer und die Zahl potenzieller Käufer wird kleiner und kleiner.
Die Quadratmeterpreise beim Stockwerkeigentum sind höher als beim Einfamilienhaus?
Der Quadratmeterpreis liegt bei Stockwerkeigentum tatsächlich über demjenigen eines Einfamilienhauses. Insgesamt ist Stockwerkeigentum aber meist günstiger, weil diese in der Regel flächenmässig kleiner sind als Häuser. Das Stockwerkeigentum bringt aber eindeutig einen Qualitätsvorteil mit sich, weil es durchschnittlich weniger alt ist. Rund 20 Prozent der Transaktionen sind Neubauten. Bei Einfamilienhäusern ist dieser Wert tiefer. Die Besitzerinnen oder Besitzer von Wohnungen haben somit ein paar Jahre Ruhe vor Sanierungen und geniessen den neuesten Komfort.
Wer kann sich das überhaupt noch leisten?
Um dies zu beantworten, haben wir mithilfe von anonymisierten Steuerdaten zwischen 2018 und 2023 Mieterinnen und Mietern in die Haushaltsbücher geschaut und errechnet, bis zu welchem Preis diese am Eigentumsmarkt mitgehen können. Wir haben in dieser Studie den Fokus auf junge Paare gelegt, weil sie in einem typischen Lebenszyklus für einen potenziellen Immobilienkauf sind. Es zeigte sich: Nur 18 Prozent von allen Mieterpaaren zwischen 30 bis 40 hätten sich eine durchschnittliche Eigentumswohnung im Kanton Zürich leisten können, bei Einfamilienhäusern lag der Wert bei 9 Prozent. Mit der Preissteigerung im letzten Jahr dürfte diese Zahl weiter gesunken sein.
Gemäss ihren Berechnungen sollte ein Einfamilienhaus alle 40 Jahre gesamthaft saniert werden. Die «Gesamtkosten» für den Hauskauf werden damit noch einmal viel teurer?
Man muss das vorbereiten, es braucht wirklich eine Gebäudestrategie. Vielfach fehlt das Bewusstsein, eine langfristige Planung ist ein Muss. Nur so weiss man, wann die Heizung, die Fenster oder das Dach ersetzt respektive saniert werden müssen. Es gilt, diese Rückstellung zu bilden. Das ist tatsächlich eine zusätzliche finanzielle Herausforderung. Wer allerdings einen klaren Plan hat und bewusst Geld anspart, kann diese Hürde ohne zu grosse Anstrengungen meistern.
Die Preise für Wohneigentum sind im Kanton Zürich in den letzten 10 Jahren um rund 50 Prozent gestiegen. Kann die zukünftige Generation von Hausbesitzern mit weiter steigenden Preisen rechnen?
Der Preissteigerung betrug in den letzten 10 Jahren rund 4,5 Prozent pro Jahr. Im Kanton Zürich dürften die Preise für Eigenheime 2025 und 2026 erneut um je 4,5 Prozent ansteigen. Wir haben ein zinsfreundliches Umfeld, ein Eigenheim ist wieder günstiger als mieten. Das ist ein Grund, weshalb sich viele Interessenten nach Wohneigentum umschauen. Gleichzeitig ist der Mietwohnungsmarkt aufgrund des knappen Angebots weniger attraktiv, die Suche nach einer passenden Mietwohnung nicht einfach. Wir haben auf absehbare Zeit ein knappes Angebot im Eigentumsbereich, weil zu wenig gebaut wird. Diese Konstellation spricht für weiter steigende Preise - auch wenn sich das immer weniger Leute leisten können.
Die Quadratmeterpreise in der Stadt Zürich liegen im Durchschnitt bei 15'500 Franken. In New York liegt dieser Wert tiefer bei umgerechnet 14'300 Franken (15'900 Dollar). Ist das gerechtfertigt?
In New York bin ich nicht ganz so zuhause (lacht). In Zürich kann man einen enormen Beschäftigungsaufbau beobachten. Die Stadt ist ein dynamisches und begehrtes Pflaster, welches sich auch am Bevölkerungswachstum seit 2015 zeigt. Die Einwohnerzahl in der Stadt Zürich ist in den letzten 10 Jahren von 400'000 auf rund 450'000 Personen geklettert. Im Kanton Zürich stieg die Einwohnerzahl noch etwas stärker von 1,4 auf rund 1,6 Millionen Einwohner. Und gerade die Stadt ist offenbar ein Ort, an dem man sich sehr gerne niederlässt. Zürich ist ein Magnet und hat wenig Wohneigentum, die Eigentumsquote ist mit 10 Prozent tief. Die eigenen vier Wände in der Stadt Zürich sind entsprechend etwas Exklusives.
Ursina Kubli ist Leiterin Immobilien Research bei der Zürcher Kantonalbank. Die diplomierte Ökonomin verfügt über langjährige Erfahrung in der Konjunktur- und Immobilienanalyse.
2 Kommentare
"Gemäss ihren Berechnungen sollte ein Einfamilienhaus alle 40 Jahre gesamthaft saniert werden."
Gesamthaft saniert werden? Natürlich durch Erhöhung der Hypothek?
Das enspricht dem Wunschdenken der Banken und Bänkler, die sich das ja leisten können. In meinem Bekanntenkreis wird Schritt-für-Schritt und genau überlegt saniert. Nur bei energetischen Massnahmen (Heizung/Isolation) kommt allenfalls ein grosser Betrag zusammen.
Ich denke, die Damen meinte nicht zwingend, dass es aufs mal komplett saniert werden muss, sondern, dass im Laufe dieser 40 Jahre nach Neubau alles mind einmal saniert werden muss und diese Kosten zusätzlich zum Kauf mitgerechnet werden müssen. Meiner Beobachtung nach, gibt es zwei Arten der Immo-Besitzer: diejenigen die kontinuierlich nahezu jedes Jahr etwas sanieren/ersetzen und diejenigen die alles vor sich her schieben und nur die allerallernötigsten Sanierungen machen.