Pensionskassen haben es bekanntlich nicht leicht, Vorsorgegelder gewinnbringend anzulegen: Aktien sind riskant, Rendite-Immobilien gibt es in der Schweiz nicht wie Sand am Meer, und vor allem: Obligationen werfen wegen der Tiefzinsen kaum noch etwas ab. Die Rendite von zehnjährigen Bundesobligationen ist aktuell mit -0,09 Prozent negativ; Hauskredite zu vergeben ist daneben deutlich einträglicher. Hypotheken werden für Vorsorgeeinrichtungen zur willkommenen Anlage.
Die Marktstellung der Vorsorge- und Versicherungsdienstleister basiert zum Teil auf einem Vorteil, den sie gegenüber den Banken haben. Pensionskassen unterliegen nicht der Auflage, bei der Vergabe von Hypotheken für den so genannten antizyklischen Kapitalpuffer zwei Prozent Eigenmittel unterlegen zu müssen.
Dazu kommt für sie wie auch für die Versicherer im Hypothekenmarkt - Zurich Schweiz, Swiss Life, Axa Winterthur oder Allianz Suisse, um die wichtigsten zu nennen - ein weiterer Wettbewerbsvorteil. Hypotheken werden nicht wie bei Banken mit Spargeldern, sondern langfristig angelegten Vorsorgegeldern unterlegt. Mit der Folge, dass sie anders als Banken kein Zinsänderungsrisiko für viel Geld absichern müssen. Dieser Vorteil schlägt sich in den Hypothekarzinssätzen nieder.
Keine Provisionen
Dass Pensionskassen an ihre eigenen Versicherten Hypotheken vergeben, hat eine lange Tradition. Hypotheken von Versicherungen gibt es ebenfalls schon seit Jahrzehnten. Der Vorteil von Hypotheken liegt für die Anbieter in der Kapitaleffizenz und der Diversifikationsmöglichkeit, wie Paul Weibel, Leiter des Privatkundentgeschäfts der Swiss Life Schweiz, sagt.
Der Marktanteil dieser Anbieter am Hypothekenmarkt werde den einstelligen Prozentbereich nicht so schnell verlassen; Wachstum aber habe man schon beobachtet und werde sich auch fortsetzen, sagt Weibel im cash-Video-Interview (zum Video auf unserem Youtube-Kanal Bild anklicken):
Trotz der kleinen Marktanteile gibt es Gründe, weswegen auch Nischenanbieter den Markt deutlich verändern könnten. Pensionskassen gehen mehr und mehr dazu über, auch Nicht-Versicherten Darlehen für den Hausbau und den Wohnungsbau zu geben. Dabei gehören einige von ihnen, genauso wie Versicherungen, zu den günstigsten Anbietern. Dies zeigt beispielsweise ein Vergleich des Finanzberatungsunternehmens Vermögenspartner:
Anbieter | Zins für zehnjährige Festhypothek in Prozent |
Crédit Agricole next bank (Suisse) | 1,15 |
hypoclick.ch | 1,155 |
sgpk St. Galler Pensionskasse | 1,16 |
APK Aargauische Pensionskasse | 1,25 |
family-net.ch | 1,25 |
Zürich Versicherung | 1,27 |
BVK (Personalvorsorge Kanton Zürich) | 1,28 |
e-Hypo | 1,28 |
Homegate.ch | 1,28 |
Swiss Life | 1,28 |
hypomat.ch | 1,3 |
Axa Winterthur | 1,31 |
Allianz Suisse | 1,35 |
EasyHypo | 1,35 |
Generali Versicherung | 1,4 |
Stand: 23. November 2017
Florian Schubiger von Vermögenspartner nennt noch einen weiteren wichtigen Grund für die tiefen Hypothekarsätze bei Vorsorgeeinrichtungen: "Ein Teil der Pensionskassen, die Hypotheken vergeben, bezahlt keine Provisionen." Dadurch könnten diese Anbieter einen tieferen Hypothekarzins anbieten.
Der Verzicht auf Provisionen heisse auch, dass diese Angebote kaum über den Maklerkanal liefen. "Dies ist zunächst ein gewisser Nachteil am Markt, doch die Entwicklung läuft trotzdem zugunsten dieser Anbieter: Bei Internet-Vergleichen von Zinsen sind Pensionskassen weit oben, besonders bei Hypotheken mit langen Laufzeiten", sagt Schubiger.
Fintech-Unterstützung für Pensionskassen
Für Kunden sei die Entwicklung ein enormer Vorteil. "Die Verschiebung bei den Kunden, wie wir sie feststellen, ist massiv: Bei den von Vermögenspartner vermittelten Hypotheken fällt heute die Hälfte auf Pensionskassen." Vor vier oder fünf Jahren sei es noch jede zehnte Hypothek gewesen. Wer bei der Wohnfinanzierung auf den Zins achtete, lande im Moment oft bei einer Pensionskasse.
Fintechs wie die vor ein-einhalb Jahren gegründete Firma Finovo tragen zur Expansion der Versorgeeinrichtungen im Markt für Hypotheken bei. "Für Pensionskassen ab einem Anlagevermögen von 800 Millionen Franken ist der Hypothekenmarkt interessant", sagt Christian Stöckli, Gründer von Finovo.
"Wenn sie das Kreditgeschäft zu uns auslagern, ist dies für sie – und natürlich auch den Kunden – eine Kosteneinsparung. Für den Kunden wiederum besteht kein Unterschied, ob er bei einer Pensionskasse oder bei einer Bank Kunde ist." Das Geschäftsmodell des Start-ups Finovo konzentriert sich im Moment noch auf Pensionskasssen, soll in Zukunft auch für Banken und andere Finanzmarktteilnehmer offenstehen.
Banken unter mehr Druck
Banken kontrollieren nach wie vor über 90 Prozent des Schweizer Hypothekenmarkts. Das Wachstum der Pensionskassen und Versicherer ist noch langsam, so dass ihre Stellung noch nicht fundamental unter Druck steht. Aber der Markt verändert sich. Kunden tun gut daran, den Markt genau zu beobachten und sorgfältig zu vergleichen.
Banken gelingt es weiterhin, in hohem Masse Kunden an sich zu binden. Es darf natürlich nicht vergessen werden, dass auch Banken individuell deutliche Rabatte beim Hypothekarzins geben, sei es bei bestehenden Kunden oder auch Neukunden, die konsequent danach fragen. Nur kommunizierten dies die Banken bisher nicht gerade offen. Der Erfolg der Vorsorgeeinrichtungen mit Hypotheken – auch wenn er mit einem nicht ganz fairen Wettbewerbsvorteil zu tun hat – macht den Markt aus Kundensicht letztlich transparenter.
Im cash-Video-Interview gibt Paul Weibel von Swiss Life Schweiz auch eine Einschätzung zur künftigen Entwicklung der Hypothekarzinsen ab. Er äussert sich zudem zur Rolle der Digitalisierung im Schweizer Hypothekenmarkt.