“Haustiere sind die vielleicht emotionalste Kategorie im Einzelhandel überhaupt - das Haustier ist Teil der Familie,” sagt Finanzchef Andreas Grandinger im Interview mit Bloomberg. Neben günstigen Preisen und verlässlicher Zustellung bieten die Münchener darüber hinaus einen Spielwiese für Tierliebhaber europaweit mit Blog und Austausch zu Tierärzten und Züchtern - besonders wichtig für die weiblichen Kunden, die etwa 70% ausmachen. “Der rein rationale Transaktionsansatz zieht nicht bei allen Kunden,” so Grandinger.

Heimtiernahrung und Zubehör sind europaweit ein Markt, der jährlich etwa 3% wächst und nächstes Jahr 29 Mrd. Euro erreichen dürfte. Die wachsende Zahl an Haustieren und steigenden Ausgaben pro Tier haben die private Krefelder Fressnapf-Gruppe innerhalb von drei Jahrzehnten zum grössten stationären Fachhändler für Heimtierbedarf in Europa gemacht. Doch immer mehr Kunden kaufen im Internet. Im Onlinevertrieb ist mittlerweile Zooplus die Nr. 1.

“Wir wollen nicht um jeden Preis wachsen, aber wir wollen langfristig die Unternehmensgrösse und damit den Profit deutlich erhöhen,” sagte Grandinger. Längerfristig sind dann 4% bis 5% Vorsteuermarge drin, so Grandinger, jedoch erst, wenn sich ein Ende der Verschiebung hin zum Online-Einkauf abzeichnet. Bis dahin soll auch der Grossteil der Gewinne reinvestiert werden – Ausschüttungen in Form von Dividenden sind derzeit nicht vorgesehen. “Wir sind im Investitionsmodus,” so der Finanzvorstand. Börsennotierte Konkurrenz gibt es nicht viel, und mit der britischen Pets at Home Group hatten Anleger die letzten Jahre deutlich weniger Freude.

Derweil macht das Münchener Unternehmen, welches in Deutschland zu den Pionieren des Internethandels gehört, dasselbe wie Amazon: Es erhöht den Anteil margenstarker Eigenmarken und investiert nicht nur seinen Internetauftritt, sondern auch in die Logistik-Infrastruktur dahinter. Und wertet Unmengen an Kundendaten aus: in der Hauptverwaltung in der Münchener Sonnenstrassse zeigen Monitore an den Wänden Besuchern wie Mitarbeitern über Grafiken und Listen, welche Produkte in den letzten 24 Stunden in welchem Land gerade die Meistverkauften sind.

Big Data steht in Zentrum

“Wir sind extrem datengetrieben. Wir wissen, wo unsere Kunden welche Produkte kaufen zu welcher Uhrzeit, über welchen Kanal und mit welcher Bezahl-Option. Wir kennen die Zustellungszeit und wissen, ob eine Lieferung beim ersten Versuch ankommt.”

Das ist wichtig für passgenaue Angebote an Kunden, sowie um die Logistikkosten zu drücken. Wichtig sind auch die Zooplus-Eigenmarken. Die sollen im Bereich Futter bis 2020 jeden fünften Euro erwirtschaften, so das Unternehmen in einer Präsentation vom Dezember. Dort wird auch das Umsatzpotential skizziert: Sollten 15% der geschätzten Branchenerlöse nächstes Jahr im Internet generiert werden und sollte Zooplus es weiterhin schaffen, jede zweite Onlinebestellung auf sich zu vereinnahmen, kommt man auf einen theoretischen Umsatz von 2,2 Mrd. Euro in 2020. Letztes Jahr waren es 1,34 Mrd. Euro. Die Wachstumsrate des Unternehmens sank allerdings 2018 das 4. Jahr in Folge.

Dreizehn Fulfillment Center – überregionale Läger zur Verteilung der Ware – hat Zooplus bereits. Dieses Jahr wird mit Italien der letzte wichtige weisse Fleck in Europa besetzt. Auf bis zu 40,000 Quadratmetern, das entspricht mehr als fünf Fussballfeldern, sind dort jeweils bis zu 6.000 Artikel vorrätig, damit Kunden ihre Bestellung nach höchstens drei Tagen in Empfang nehmen können. Die Retourenquote liegt bei unter 1%.

Zumindest zeitweilig wurde Zooplus als Übernahmeziel angesehen. Die amerikanische Kette PetSmart hatte 2017 für den Internetspezialisten Chewy 3,35 Milliarden Dollar hingeblättert, fast das Vierfache des geschätzten Umsatzes.

Kampf gegen Online-Riese Amazon

“Da dachten wohl manche, wir seien die nächsten,” so Grandinger mit Verweis auf den Aktienkurs. Doch Logistik und Bequemlichkeit sind ebenfalls Stärken von Amazon, und die Amerikaner brachten im Herbst still und leise erstmals auch in Europa mit “Lifelong” und “Solimo” Tierfutter-Eigenmarken auf den Markt. In den USA bietet das Unternehmen bereits entsprechende Produkte unter der Marke “wag” an.

“Unser Vorteil gegenüber Amazon ist unser Sortiment, sagte Grandinger. “Wir haben 8,000 Produkte und nahezu alle relevanten Premiummarken. Viele Premiumhersteller wollen nicht in den breiten Vertrieb, nicht zu Amazon und nicht in den Supermarkt.”

Auch die schwierigere Handhabe von schweren Säcken mit Streu oder sperrigen Kratzbäumen erschwerte Amazon oder Ocado aus Grossbritannien, die stark auf Automatisierung setzen, das Geschäft in diesem Segment, so Grandinger, genauso wie die generell niedrigen Gewinnmargen in der Branche. Doch auch der stationäre Einzelhandel drängt in’s Internet: Rivale Fressnapf generierte zwar 2017 erst knapp 4% seines Umsatzes online, doch wagte er 2018 bereits die Expansion nach Österreich – und peilt für 2018 mehr als 2 Mrd. Euro Umsatz an.

Wie bei vielen reinen Internetanbietern kommt der Druck somit von zwei Seiten. Grandinger bleibt gelassen. “Die Quote von Kunden, die uns treu bleiben, stieg 2018 auf einen neuen Rekord,” so der CFO. “Wir haben im letzten Jahr knapp 300 Mio. Euro Umsatz mit Neukunden gemacht. Wir sehen kein Anzeichen, dass Amazon uns Kunden abjagt.”

Womöglich wir das Potenzial des Unternehmens bald auch in konkrete Ziele gegossen: am 20. März ist Bilanzpressekonferenz und Kapitalmarkttag in London. Dann wird Zooplus einen Ausblick für 2019 geben und womöglich auch neue Mittelfristziele veröffentlichen.

(Bloomberg)