Frau Bruch, die Chefin von Sulzer schafft Homeoffice per sofort ab ... 

Sulzer ist keine Ausnahme. Dahinter steckt meist der Wunsch, Team, Vertrauen und das Wir-Gefühl zu stärken. Homeoffice abzuschaffen, halte ich aber für falsch. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.

Wie bitte, warum denn nicht? 

Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben, und die Arbeitswelt muss sich daran anpassen. Idealerweise tut man das, indem man das Beste beider Welten gezielt nutzt: auf der einen Seite Mitarbeitenden Freiheit geben, auf der anderen Seite die Zusammenarbeit und die Kultur stärken. Dafür braucht es vor allem eines: Arbeiten vor Ort muss attraktiv sein, damit die Menschen gern kommen.

Solche Dinge brauchen Zeit, den Rückwärtsgang kann man sofort einlegen. 

Das stimmt. Aber eine Rolle rückwärts ist nicht sinnvoll. Und Zeit braucht es auch, wenn man die alten Strukturen reinstalliert, auch das geht nicht ohne Kulturentwicklung.

Und wie lautet Ihre Anleitung für eine Rolle vorwärts? 

Homeoffice mit einer modernen Arbeitskultur. Viele Unternehmen haben versäumt, Führung und Zusammenarbeit auf die neuen Arbeitsformen auszurichten. Das wird in Zukunft noch viel wichtiger sein als heute.

Ist das wissenschaftlich unterlegt? 

Wir befragen jedes Jahr rund 20'000 Mitarbeitende in 100 Unternehmen zu den Themen New Work und Culture. Die Mehrheit wünscht Homeoffice-Möglichkeiten, ein wachsender Anteil wählt danach sogar den Arbeitgeber aus. Homeoffice ist ein Hygienefaktor geworden – wenn es fehlt, stört es. Moderne Arbeit geht heute schon alle an. In Zukunft noch mehr: Flexibilität ist dabei das A und O.

Andererseits: Homeoffice macht ja auch längst nicht für alle Sinn. 

Bei Porsche sagte man zu Beginn, weil die Lackierer vor Ort sein müssen, müssen alle vor Ort sein. Wenn für alle das Gleiche gelten soll, erreicht man nur den kleinsten gemeinsamen Nenner. Heute hat man bei Porsche neue Arbeitsformen eingeführt, auch bei ortsgebundener Arbeit. Wichtig ist, für alle eine moderne Arbeitswelt zu schaffen. Wo Homeoffice nicht passt, muss man eben andere flexible Angebote kreieren.

Heike Bruch ist Wirtschaftspsychologin und Professorin für Leadership an der Universität St. Gallen. Zudem ist sie dort Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement.

Dieser Artikel ist zuerst in der Bilanz erschienen.