Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte laut Nationalen Statistikamt (NBS) in den drei Monaten vor der Jahreswende nur um 1,0 Prozent zu. Das Wachstum schwächte sich damit gegenüber dem im Sommer erreichten Anstieg von 1,5 Prozent merklich ab. «Chinas Wirtschaft bleibt auf einem holprigen Erholungspfad», meint Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Im Gesamtjahr 2023 ergab sich nach den am Mittwoch veröffentlichten Daten ein Plus beim BIP von 5,2 Prozent.

Damit wurde das staatliche Planziel von rund fünf Prozent zwar leicht übertroffen, wie Regierungschef Li Qiang bereits in Davos verraten hatte. Die Bevölkerung schrumpfte allerdings das zweite Jahr in Folge - und zwar um gut zwei Millionen auf 1,409 Milliarden.

Neben einer rekordniedrigen Geburtsrate kam es nach dem Ende der strikten Corona-Lockdowns auch zu einer Welle von Todesfällen im Zusammenhang mit Covid. Der Bevölkerungsschwund bedeutet weniger Arbeitskräfte und Konsumenten, was das Wachstumspotenzial des weltweit nunmehr nur noch zweitbevölkerungsreichsten Landes nach Indien tendenziell schmälert: Für 2024 sehen Experten auch wegen Gegenwinds für die Exporteure nur verhaltene Wachstumsperspektiven.

«Ohne weitere Hilfen seitens der Geld- und Fiskalpolitik bleibt die Konjunkturerholung kraftlos», meint Banken-Ökonom Hepperle. Entgegen der Erwartung der Finanzmärkte hatte die Notenbank zuletzt einen geldpolitischen Schlüsselzins nicht angerührt und es stattdessen bei einer Liquiditätsspritze belassen. Sie signalisiert allerdings, dass sie an einer anderen Stellschraube drehen könnte, um die Kreditvergabe anzukurbeln: Sie hat dafür den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) im Auge. Je geringer dieser ist, desto mehr Spielraum haben die Banken bei der Vergabe von Darlehen.

Gefahr fallender Preise

China steckt bei seit Monaten fallenden Preisen in einer für die Konjunktur schädlichen Deflation fest. Wenn sich Verbraucher in Erwartung weiter sinkender Preise dauerhaft beim Konsum zurückhalten, kann die gesamte Wirtschaft in einem Strudel aus sinkenden Preisen, fallenden Löhnen und Investitionszurückhaltung nach unten gezogen werden.

Das BIP stieg von Oktober bis Dezember um 5,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistikamt in Peking mitteilte. Dieser Wert blieb knapp unter den Erwartungen der Experten, die ein Plus von 5,3 Prozent erwartet hatten. Die anhaltende Schwäche des Immobiliensektors - einst eine der wichtigsten Triebfedern der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt - bremst weiterhin die Konjunkturerholung. Die Preise für neue Eigenheime fielen im Dezember so schnell wie seit Februar 2015 nicht mehr und sanken damit den sechsten Monat in Folge, wie aus NBS-Daten hervorgeht.

Anders als erwartet hatte China Schwierigkeiten, nach der Corona-Pandemie einen starken und nachhaltigen Aufschwung auf die Beine zu stellen. Neben der anhaltenden Immobilienkrise belasteten auch der schwächelnde Konsum, eine steigende Verschuldung der Kommunen und eine Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums die Konjunktur im Reich der Mitte.

«Die chinesische Industrie, noch immer die verlängerte Werkbank der Welt, leidet unter der eingebrochenen Nachfrage aus dem Ausland», sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank in Liechtenstein. Denn private Haushalte in den USA und Europa sparten und hätten zuletzt ihre Konsumpräferenzen zugunsten von Dienstleistungen verschoben. Dazu gehörten unter anderem der Urlaub und Restaurantbesuche. Die für China so wichtige Exportindustrie leide darunter.

Alterung der Bevölkerung wird sich beschleunigen

Die Wirtschaft werde deshalb 2024 wohl nur mit einer für chinesische Verhältnisse nicht gerade üppigen Rate von rund 4,5 Prozent wachsen: «Unter Ausklammerung der von Sondereffekten geprägten Corona-Jahre von 2020 bis 2023 wäre dies das schwächste Wachstum seit 1990», sagte Gitzel. Somit gibt es laut der Prognose des Experten für die Weltwirtschaft auch keinen asiatischen Wachstumsschub, wie es in der Vergangenheit häufiger der Fall war.

Ministerpräsident Li hatte sein Land in Davos als Impulsgeber für die globale Wirtschaft präsentiert. Der Wachstumstrend sei langfristig ungebrochen. Es gebe rund 400'000 Hightech-Unternehmen in China.

Doch kämpft das Land wie viele andere Staaten der Welt mit demografischen Problemen: Chinas Bevölkerung im Alter von 60 Jahren und darüber betrug im Jahr 2023 insgesamt 296,97 Millionen - das sind etwa 21 Prozent der Gesamtbevölkerung, gegenüber 280,04 Millionen im Jahr 2022. Diese Bevölkerungsgruppe wird voraussichtlich bis 2035 auf über 400 Millionen ansteigen – dies ist mehr als die Gesamtbevölkerung der USA. 

(Reuters)