Ein Pariser Gericht urteilte am (gestrigen) Dienstag, dass Lafarge die Unschuldsvermutung seines ehemaligen Generaldirektors Bruno Lafont und dreier weiterer ehemaliger Führungskräfte nicht genügend beachtet habe.

Das Urteil steht im Zusammenhang mit den Anschuldigungen gegenüber Lafarge, in den Jahren 2013 und 2014 fünf Millionen Euro an dschihadistische Gruppen, darunter den Islamischen Staat (IS), bezahlt zu haben, um den Betrieb einer Zementfabrik während des Bürgerkriegs in Syrien aufrechtzuerhalten. Der Fall geht zurück auf die Zeit vor der Übernahme von Lafarge durch Holcim im Jahre 2015.

Das französische Unternehmen bekannte sich 2022 in den USA wegen dieser Taten schuldig und musste daraufhin eine Strafzahlung von 778 Millionen US-Dollar leisten. Holcim und Lafarge wandten sich aufgrund der Vorwürfe schliesslich gegen Bruno Lafont, der von 2007 bis 2015 Konzernchef des französischen Zementherstellers war, sowie drei weitere ehemalige Führungskräfte des Konzerns. Vor Gericht forderten die Unternehmen von den Ex-Managern 200 Millionen Euro als Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden.

Verfahren ausgesetzt bis zum Hauptprozess

Das Pariser Gericht beschloss nun am Dienstag, dieses Verfahren auszusetzen, bis das Hauptverfahren abgeschlossen ist, wie es in dem von der französischen Nachrichtenagentur AFP eingesehenen Urteil heisst. In Frankreich wird es im kommenden November zu einem entsprechenden Strafprozess gegen Lafarge, Lafont und sieben weitere Ex-Manager wegen des Vorwurfs der Terrorfinanzierung und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommen.

Allerdings entschied das Gericht auch, dass - ohne einen Aufschub zu gewähren - über eine mögliche Wiedergutmachung des Schadens zu entscheiden sei, den Lafont und die drei anderen Führungskräfte aufgrund der Nichtbeachtung ihrer Unschuldsvermutung durch Lafarge und Holcim erlitten hätten. Der Ex-Chef wirft den Unternehmen vor, seine Möglichkeiten zur Verteidigung beschnitten zu haben, indem sie die mit dem US-Justizministerium (DOJ) geschlossene Vereinbarung öffentlich kommentiert hätten.

In den Communiqués zu der Vereinbarung mit dem US-Justizministerium habe er in der Formulierung «ehemalige Führungskräfte von Lafarge SA» wiedererkannt werden können, ohne dass auf die Unschuldsvermutung der «beteiligten» Führungskräfte hingewiesen worden wäre. Der heute 68-jährige Lafont forderte 2,5 Millionen Euro an Wiedergutmachung. Er bestreitet, von den Vorgängen in Syrien gewusst zu haben.

(AWP)