Am 2. Mai 2023 beendete die Swisscom-Aktie den Handel bei 619 Franken - ein Niveau, das nur im Jahr 2000 überschritten wurde. Seither hat sich der Aktienkurs jedoch um 19 Prozent auf gut 500 Franken abgeschwächt. Immerhin ist der aktuelle Rückgang hauptsächlich auf die Auszahlung der Dividende von 22 Franken pro Titel zurückzuführen.
Nach Bekanntgabe der Jahresergebnisse hatte Swisscom zwar die Übernahme von Vodafone Italia bekanntgegeben und auch eine Dividendenerhöhung für 2026 in Aussicht gestellt. Das konnte den Aktienkurs aber nur zwischenzeitlich beflügeln. Mit einer Performance von minus 2 Prozent ist Swisscom die fünftschlechteste Aktie im Swiss Market Index in diesem Jahr.
Mitte Mai senkte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) das Rating für Swisscom von "Übergewichten" auf "Marktgewichten". Der zuständige Analyst betrachtet den Kauf von Vodafone Italia langfristig als sinnvoll, sieht aber kurzfristig überwiegende Risiken. Durch den Zukauf würden die Margen und Rentabilität verwässert. Seiner Berechnung nach wird die Transaktion frühestens 2028 zu einer spürbaren Verbesserung des freien Cashflows führen. Zudem erwartet er angesichts des intensiven Wettbewerbs in naher Zukunft keinen positiven Nachrichtenfluss.
Nur mit der Tochtergesellschaft und Breitbandanbieterin Fastweb hätte es für Swisscom laut Vontobel-Analyst Marc Diethelm schwer sein können, auf dem italienischen Markt zu bestehen. Mit Vodafone wird es etwas einfacher. Diethelm gibt jedoch zu bedenken, dass der italienische Markt einer der schwierigsten in Europa ist und dass auch das bisher weniger umkämpfte Breitbandgeschäft zunehmend wettbewerbsintensiver wird. Die neue Swisscom wird in etwa fünf Jahren ungefähr die Hälfte ihres Umsatzes in Italien generieren und damit sicherlich ein anderes Risikoprofil haben. "Unserer Meinung nach ist die erhöhte Dividende eine Kompensation für die höheren Risiken."
Wachstum vor allem aus dem herausfordernden Italien
Der italienische Telekommunikationsmarkt gilt als besonders herausfordernd, da der freie Cashflow des Sektors in den letzten zehn Jahren um über 90 Prozent gesunken ist. Zu viele Anbieter und eine Regulierungsbehörde, die auf Wettbewerb drängt, haben zu den niedrigsten Mobilfunk- und Breitbandpreisen in Europa geführt. "Dies spiegelt sich auch in den Finanzergebnissen von Vodafone Italien wider, da das Unternehmen nicht in der Lage ist, seine Kapitalkosten zu decken", schreiben die Vontobel-Analysten in einem kürzlich veröffentlichten Bericht.
Darüber hinaus liegen die angestrebten Synergien in Höhe von 600 Millionen Euro am oberen Ende vergleichbarer Transaktionen in diesem Sektor. Die Realisierung dieser Synergien hängt jedoch von der Stabilisierung von Vodafone Italien und dem Wettbewerb auf dem italienischen Telekommunikationsmarkt ab. Sollte sich der Preiswettbewerb weiter verschärfen, könnte ein Teil der angestrebten Kostensynergien gefährdet sein.
Von Swisscom darf man keine Wachstumsfantasien erwarten, da der Schweizer Markt gesättigt ist. Auch die Erstquartalszahlen zeigten einmal mehr: Das Schweizer Kerngeschäft erlitt weiterhin einen Rückgang, während Swisscom in Italien zulegen konnte. Im reinen Telekommunikationsgeschäft gibt es wenig Wachstumspotenzial. Im B2B-Bereich werden Aufträge gewonnen und wieder verloren, was zu geringem Umsatzwachstum führt. Einige Fantasie bietet jedoch das Geschäft in anderen Bereichen wie Datazentren, Künstliche Intelligenz und Internet of Things.
"Für Swisscom kommt das Wachstum vor allem aus Italien. Dort gibt es auch EU-Fördergelder für die Digitalisierung. Ob das Wachstum zu deutlich höheren Ergebnisbeiträgen führen wird, bleibt abzuwarten", sagt Diethelm. Fastweb ist in den letzten Jahren zwar kontinuierlich gewachsen, der Cashflow-Beitrag blieb jedoch auf niedrigem Niveau aufgrund höherer Investitionen.
Branchenaufschlag könnte abnehmen
Für eine Investition in Swisscom spricht die vergleichsweise hohe Dividendenrendite von 4,4 Prozent und die historisch geringe Volatilität des Aktienkurses. Die Aktie wird oft als Ersatz für Anleihen bezeichnet.
Eine Stabilisierung des italienischen Telekommunikationsmarktes oder sogar weitere Konsolidierung (beispielsweise Iliad mit WindTre) würde dem Markt und dem Preisgefüge helfen und die Synergien aus der Akquisition erleichtern. Andererseits birgt eine weitere Intensivierung des Wettbewerbs in Italien (beispielsweise Iliad im Breitband) oder die Abspaltung der Telekommunikationsinfrastruktur von Telecom Italia bestimmte Risiken.
"Die Chancen bei einem Swisscom-Investment liegen vor allem in der makroökonomischen Entwicklung. Die Risiken sind vor allem in der Regulierung zu finden", sagt Reto Huber, Analyst bei Research Partners.
Fakt ist, dass Swisscom traditionell einen Aufschlag gegenüber dem europäischen Telekommunikationssektor aufweist. Dies liegt daran, dass der Schweizer Markt seit Jahren rational mit drei Mobilfunk- und nur zwei grossen Festnetzbetreibern strukturiert ist, die Kosten für Mobilfunklizenzen deutlich niedriger sind als in anderen europäischen Ländern, die Vorschriften weniger strikt sind, die Preise im Allgemeinen höher sind und niedrigere Zinsen sowie niedrigere Steuern existieren.
Da Italien ab 2025 einen grösseren Teil von Swisscom ausmacht und bis 2029 rund 45 Prozent des Konzern-EBITDA ausserhalb der Schweiz erwirtschaftet werden, könnte der Branchenaufschlag allmählich abnehmen.