«Wir haben erste Anzeichen, die sicher auf die Möglichkeit hindeuten, dass der Jet von russischen Luftabwehrsystemen abgeschossen wurde», erklärte der Sprecher des US-Präsidialamts, John Kirby, am Freitag gegenüber der Presse. Zuvor hatten dies bereits vier mit den bisherigen Ergebnissen der aserbaidschanischen Untersuchung vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. Der Betreiber der Unglücksmaschine, die Fluglinie Azerbaijan Airlines, teilte mit, dass der Absturz wahrscheinlich auf äussere Gewalteinwirkung zurückgehe.

Vorläufige Ergebnisse hätten gezeigt, dass die Maschine «externen physischen und technischen Störungen» ausgesetzt war, so Azerbaijan Airlines. US-Präsidialamtssprecher Kirby ergänzte, es liefen Ermittlungen, an denen Kasachstan und Aserbaidschan beteiligt seien. Die USA hätten ihre Unterstützung angeboten.

Ein Passagier der Unglücksmaschine sagte Reuters, es habe beim Anflug auf Grosny, Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien, mindestens einen lauten Knall gegeben. «Ich dachte, das Flugzeug würde auseinanderfallen», sagte der im Krankenhaus behandelte Subhonkul Rachimow Reuters. Nach dem lauten Knall habe sich das Flugzeug seltsam verhalten, als sei es betrunken, sagte er.

Am Mittwoch war das Passagierflugzeug vom Typ Embraer 190 auf dem Flug von Baku nach Grosny in der Nähe der kasachischen Stadt Aktau abgestürzt. Dabei starben 38 Menschen, zahlreiche andere überlebten. Das Flugzeug war über ein Gebiet im Süden in Russlands geflogen, in dem das Militär bei der Abwehr ukrainischer Drohnenangriffe aktiv ist. Grosny war in der Vergangenheit Ziel ukrainischer Luftschläge. An Bord des Flugzeugs waren nach Angaben der Azerbaijan Airlines 62 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder. Das westliche Militärbündnis Nato fordert die Aufklärung der Hintergründe des Desasters.

Die russische Regierung reagierte zunächst zurückhaltend auf die Hinweise, das Flugzeug sei abgeschossen worden. Die Untersuchung müsse abgewartet werden, um zu verstehen, was passiert sei, hiess es lediglich. Die russische Luftfahrtbehörde Rosawiatsia teilte mit, die Unglücksmaschine habe ursprünglich nach Tschetschenien fliegen sollen.

Wegen dichten Nebels und einer Drohnenwarnung sei die Route jedoch geändert worden. Der Kapitän des Flugzeugs habe die Möglichkeit gehabt, auf anderen Flughäfen auszuweichen, habe sich jedoch für Aktau in Kasachstan entschieden. Zur Absturzursache teilte Rosawiatsia nichts mit, erklärte jedoch, die Untersuchungen in Kasachstan und Aserbaidschan zu unterstützen.

Als Folge des Unglücks sperrte Russland den Luftraum im Süden des Landes. Eine Maschine der Azerbaijan Airlines auf dem Weg in die südrussische Stadt Mineralnie sei daher am Freitag nach Baku zurückgekehrt, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, Azerbaijan Airlines habe Flüge in sieben russische Städte eingestellt. Die Gesellschaft fliege aber weiterhin sechs grosse russische Städte an, darunter Moskau und St. Petersburg. Die Fluglinie Flydubai aus den Vereinigten Arabischen Emiraten teilte am Freitag mit, Flüge aus Dubai zu zwei Zielen im Süden Russlands seien als Konsequenz aus dem Absturz gestrichen worden. 

(Reuters)