SNB-Präsident Thomas Jordan tritt per September 2024 zurück. Die Meldung kommt nicht dermassen überraschend wie nun dargestellt und kolportiert. Zwar steht Jordan mittlerweile schon seit zwölf Jahren an der SNB-Spitze. Aber das ist nicht eine überaus lange Zeit für einen Präsidenten einer Nationalbank. Auch Jordans 61. Altersjahr spricht nicht unbedingt für einen Rücktritt.
Man darf indes die menschliche Seite bei diesem Job nicht ausser Acht lassen. In Jordans Amtszeit fielen die Aufhebung des Mindestkurses des Franken gegenüber dem Euro 2015, die Bewältigung der Corona-Pandemie und zuletzt die Krise der Credit Suisse. Das sind enorme Belastungen. Und gerade bei der CS-Krise gab und gibt es heftige Kritik an der Rolle der SNB.
Nicht vergessen darf man, dass sich Jordan im August 2021 einer Herzoperation unterziehen musste. Der damalige SNB-Vizepräsident, Fritz Zurbrügg, musste dies zwei Monate später auch tun. Ein Jahr später trat Zurbrügg zurück. Als Gründe für Rücktritte werden solche gesundheitlichen Einschnitte natürlich selten genannt. Aber sie können für die betroffenen Personen den Blick auf das Leben verändern.
Nach dem Rücktritt von Andréa Maechler aus dem SNB-Präsidium von Mitte 2023 wird nun also die ganze Nationalbank-Spitze innert relativ kurzer Zeit neu besetzt. Das ist aussergewöhnlich. Und es stellen sich mit einem neuen SNB-Präsidenten wichtige geldpolitische Fragen.
Kommt es zu einem Wechsel bei der Zinspolitik? Ändert sich die Haltung gegenüber der SNB gegenüber der immer stärker werdenden Schweizer Währung und bei Devisenmarkt-Interventionen? Oder wird die SNB ihre Kommunikation ändern - und wird sie damit berechenbarer wie andere Zentralbanken?
Die Wahrscheinlichkeit ist wenig hoch, dass sich dies alles ändert. Und das hat vor allem einen Grund. Zwar ist der Nachfolger von Jordan noch nicht bekannt. Aber SNB-Vizepräsident Martin Schlegel ist quasi für die Nachfolge gesetzt. Schlegel wurde 2018 Mitglied des erweiterten Direktoriums der SNB, bereits vier Jahre später stieg er als Stellvertreter von Jordan empor. Schlegel wäre mit 47 Jahren auch nicht zu jung für die Aufgabe.
Mehr noch: Schlegels SNB-Karriere an die Spitze würde somit nicht nur frappant der Nationalbank-Karriere von Jordan ähneln. Auch in geldpolitischen Fragen ist Schlegel ein Klon von Jordan. Schlegel sei ein Zögling von Jordan, hört man aus SNB-Quellen immer wieder
So unscheinbar Schlegel als Person erscheinen mag: Er war bei der SNB immer wieder beim Löschen von Finanzmarkt-Brandherden beschäftigt. Zum Beispiel bei der Versorgung der Märkte mit Liquidität in der Finanzkrise oder als Leiter der Devisenabteilung bei der Bekämpfung des aufwertenden Schweizer Frankens.
Gewiss: Mit einer Rochade der Nationalbank-Spitze wird es auch zu Grundsatzdiskussionen kommen. Etwa die, dass es zwecks Machtbegrenzung der drei "SNB-Topmanager" zu einer Vergrösserung des Nationalbank-Direktoriums kommen soll. Sicher wird auch wieder der berechtigte Ruf nach einer Frau im Dreier-Gremium laut. Aber der geldpolitische Kurs der SNB wird sich kaum verändern.
8 Kommentare
Da wurden die guten Leistungen der SNB unter Herrn Jordan gelobt, und heute erfahren wir an der Tagesschau, dass über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung die Rechnungen nicht mehr bezahlen kann – grotesker geht’s nicht mehr!
Die SNB hat dafür gesorgt, dass die Mieten teurer geworden sind, und sie hatte mit ihren Leitzinserhöhungen nicht den geringsten Einfluss auf die gestiegenen Energiepreise! Diese waren durch Krieg und Blockaden ausgelöst worden und haben sich mittlerweile von selbst wieder weitgehend normalisiert.
Schlussfolgerung: die SNB kann mit dem Leitzins die Konjunktur steuern, nicht aber kriegs- und krisenbedingte Preisverwerfungen. Kurz: sie hat versagt!
Ich teile negativ Kommentare gar nicht. Herr Jordan hat die SNB und damit auch unser Land stets hervorragend gelenkt. Ich danke Herr Jordan für sein Engagement und wünsche ihm alles Gute.
Hoffen wir zukünftig auf einen ähnlichen Kurs und dass sich die Politik und Besserwisser weiterhin aus der SNB fernhalten.
Herr Jordan hat me eine sehr ruhige und konsequente Politik betrieben und war kein Selbstdarsteller wie etwa Draghi, der aus meiner Sicht mit seinem leider umjubelten „Whatever it takes“ viel zum kaum mehr korrigierbaren Verschuldungsdesaster zahlreicher Staaten bzw. der EU beitrug. An der schweizerischen Währungspolitik muss nichts geändert werden.
Absolut richtig
Die Meldung vom Rücktritt von Thomas Jordan sei nicht dermassen überraschend. Ja und nein, in Bezug auf seine Nachfolge kann festgestellt werden, dass seine Nachfdolge schlecht geplant wurde.
Aber da ist ja die SNB mit vielen Publikums-Aktiengesellschaften in bester Gesellschaft.....
Doch die Spitze der SNB ist schon noch etwas zentraler.