Gold sorgt derzeit für Aufregung, die fast ein wenig an den kalifornischen Goldrausch von 1849 erinnert: Der Preis für das Edelmetall ist in diesem Jahr um mehr als 20 Prozent gestiegen. Und lag der Preis pro Feinunze im Oktober noch bei 1640 Dollar, sind es heute über 2500 Dollar.

Nach dem von Angst ausgelösten Ausverkauf Anfang August hat sich auch Gold rasch erholt. Aber während der Panik zu Monatsbeginn fiel das gelbe Metall weniger stark als andere Anlagen.

Dennoch macht der Anstieg des Edelmetalls Gold zu einem der wichtigsten Rohstoffe mit der besten Performance im Jahr 2024. Und diese hat gemäss Banken wie UBS oder ANZ Group auch weiterhin Spielraum für weitere Gewinne. 

 

Preisentwicklung von Gold.

Carsten Menke von der Bank Julius Bär erklärt gegenüber cash.ch: ”Die Stimmung im Goldmarkt ist sehr optimistisch, was sich unter anderem in der Positionierung spekulativer Händler am Terminmarkt zeigt.” Derzeit steche der Goldmarkt im Vergleich mit anderen Finanzmärkten heraus, was auch daran liegen dürfte, dass er sehr viel kleiner sei als beispielsweise der Aktienmarkt und grundsätzlich stark von Stimmungen bestimmt werde. 

UBS-Edelmetallexperte Giovanni Staunovo ergänzt, dass viele Investoren der "westlichen Welt" beim Goldpreisanstieg weniger partizipierten als Anleger aus Schwellenländern, insbesondere Asien, die stärker positioniert gewesen seien. 

Gold als Zufluchtsort

Die Ursachen für den Preisanstieg und die positive Stimmung sind vielfältig, führen aber auf eine gemeinsame Quelle zurück. Menke sieht den Ursprung des Preisanstiegs jenseits des Atlantiks: "Der Fokus des Goldmarktes scheint sich erneut auf die US-Geldpolitik verschoben zu haben. Die Erwartung bevorstehender Zinssenkungen in den USA hat einige westliche Anleger wieder zurück in den Markt gelockt und die Stimmung aufgehellt. "

Dem stimmt auch Staunovo zu: "Die Stimmung bezüglich Gold ist aufgrund der Erwartung einer Verlangsamung der US Wirtschaft, fallender US Zinsen und dank der guten Performance deutlich besser als zu Beginn des Jahres."

Das 12-Monats-Ziel für Gold von Julius Bär liegt aktuell bei 2600 Dollar je Unze, gestützt auf der Annahme, dass die Zentralbanken und chinesische Anleger wieder an den Markt zurückkommen und Gold kaufen werden. Die Zentralbanken sind nicht zu vergessen, da diese ihre Goldreserven aus (geo)politschen Gründen und nicht aus ökonomischen Gründen aufstocken, was für eine höhere Zahlungsbereitschaft spricht.

Positive Stimmung als Warnsignal

Bezüglich einer derzeitigen Anlage in Gold zeigt sich Julius Bär-Experte Menke zurückhaltend: "Die sehr positive Stimmung könnte kippen, wenn sich die Erwartung fallender US-Zinsen und beziehungsweise oder erneuter Zentralbankkäufe nicht einstellt oder weniger stark ausfällt." Auch Staunovo sagt: "Eine moderate Gold-Allokation macht in jedem Portfolio Sinn, aber es ist wie eine Versicherung - erst wenn es schlecht mit den wirtschaftlichen und geopolitischen Perspektiven aussieht, performt Gold solide. Bei guter Wirtschaftslage performen andere Anlagen besser."

Denn so rosig die Aussichten für das gelbe Metall auch sind, die Experten sind sich mit einem zurückhaltenden Optimismus für die kommende Zeit einig. Menke bemerkt, inwieweit die optimistischen Erwartungen der Anleger den Preisen langfristigen Auftrieb geben können, hänge im Wesentlichen von der Frage ab, ob die US-Wirtschaft in eine Rezession rutscht oder nicht. "Typischerweise ist eine sehr starke positive Stimmung auf den Rohstoffmärkten ein Warnsignal, dass ein kurzfristiger Rücksetzer oder eine Konsolidierung bevorstehen könnte", so Menke.

Dies beruhe auf der Tatsache, dass bereits eine grosse Vielzahl von Marktteilnehmern im Markt aktiv und für weiter steigende Preise positioniert sei. UBS-Experte Staunovo erwähnt zusätzlich die Möglichkeit einer anziehenden US-Inflation und die Auswirkung auf Zinssenkungen der Fed: "Falls die US Inflation wieder anzieht, dürfte die US-Notenbank vorsichtiger mit Zinssenkungen vorgehen, und das dürfte sich dann positiv auf den Dollar und negativ auf Gold auswirken."

Anlagestrategie für Edelmetalle

Neben Gold rückt auch Silber verstärkt in den Fokus der Anleger. Dieses reagiert oft verzögert auf einen steigenden Goldpreis. Staunovo würde auf Jahressicht Silber vor Gold bevorzugen: "Silber ist halb Edel-, halb Industriemetall. Wenn sich die Wirtschaft abschwächt, läuft Gold besser, aber tendenziell sehen wir eine stärker Aufwertung bei Silber über die nächsten 12 Monaten, da sich Zinssenkungen positiv auf die Wirtschaft auswirken sollten."

Menke sieht das so: "Die Entwicklung des Silberpreises hängt stark an der Entwicklung des Goldpreises. Auch beim Silber dominieren die Anleger mit ihren Käufen und Verkäufen die Preisentwicklung, wogegen die industrielle Nachfrage eine eher untergeordnete Rolle bei der Preisfindung spielt – obwohl sie einen grossen Anteil der Nachfrage ausmacht. Aus unserer Sicht sollte das Gold-/Silber Preisverhältnis um 80 Prozent herum pendeln."

Gold bleibt als Absicherung gegen Unsicherheiten attraktiv. Doch die zukünftige Entwicklung ist von globalen Faktoren und geopolitischen Spannungen abhängig. Die aktuelle Euphorie könnte schnell kippen, wenn Zinssenkungen ausbleiben oder die wirtschaftliche Lage sich stabilisiert. Eine ausgewogene und diversifizierte Anlagestrategie zu verfolgen kann also ratsam sein. 

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
Aisha GutknechtMehr erfahren