Fast keine Aktie des Swiss Market Index (SMI) hat einen solchen Lauf hingelegt wie das Papier des Duftherstellers Givaudan: Zwischen August 2023 und Mitte Juni 2024 ist der Kurs von 2740 auf über 4300 Franken gestiegen - ein Plus von 57 Prozent. Im selben Zeitraum verbesserte sich der SMI um lediglich elf Prozent.

Mit dem Kursanstieg der jüngeren Vergangenheit bewegt sich Givaudan wieder stärker auf das Allzeithoch vom Herbst 2021 zu. Damals notierte die Aktie bei 4830 Franken. Zugleich hat sie sich von ihren Tiefständen entfernt. Solche erreichte sie nicht nur im vergangenen August, sondern mit 2730 Franken schon im März 2023.

So, wie es gegenwärtig aussieht, hat Givaudan das Börsentief verlassen.

Eine Trendumkehr zeichnete sich im Herbst 2023 ab, als die Aktie über die 50-Tage-Linie stieg. Aus technischer Sicht hatte damit eine Aufwärtsbewegung eingesetzt, die in der Folge nicht mehr gebrochen wurde. 

Eine fundamentale Erklärung für den Aufschwung des Duftstoffherstellers nennt Virginie Boucher-Ferte, Analystin der Deutsche Bank (DB), auf Anfrage von cash.ch: Nachdem der Tiefpunkt erreicht gewesen war, hätten die Verkaufsvolumen wieder zu steigen begonnen - bevor sie seit dem ersten Quartal 2024 eine starke Verbesserung gezeigt hätten.

Themen, welche die Nachfrage im Geschäftsbereich «Fragrances & Flavours» belasteten, seien weggefallen. Exemplarisch nennt die DB-Analystin den Lagerabbau von Kunden sowie das Thema Shrinkflation, also verkappte Preisanstiege für Endprodukte: Eine kleinere Menge wird zum gleich hohen Preis wie die zuvor angebotene Menge verkauft.

Begünstigend ist laut der DB-Experten zudem gewesen: Die Verbesserung von Dürften anhaltend starkes Wachstum bei Feindüften. Weiter hätten tiefere Kosten und Einsparungen die Erwartungen «einer sehr starke Margenverbesserung» aufkommen lassen.

Auch Givaudans Mitbewerber Symrise hat wieder zugelegt

Die Aktie von Givaudan hat sich auch parallel zu den Titeln der Konkurrenz entwickelt. Anschauungsmaterial dafür stammt vom 24. August 2023. Der Schweizer Duftstoffhersteller gewann im Sog des deutschen Wettbewerbers Symrise 1,5 Prozent. Eine Studie der Bank Morgan Stanley hatte Symrise beflügelt.

In den Folgemonaten war die Symrise-Aktie weiter im Aufwind - ähnlich wie das Papier von Givaudan. Sie hat bis Mitte Juni 28 Prozent zugelegt, nachdem sie im August 2023 einen Tiefstand erreicht hatte.

Das Marktumfeld der Duftstoffhersteller hat sich zusehends verbessert, etwa im Hinblick auf die Preise. 2022 wurden die Unternehmen noch von der Inflation, insbesondere der Rohstoffteuerung, belastet. «Die Inflation beisst», kommentierte Barclays. Höhere Rohstoffpreise, die teilweise, aber nicht ganz überwälzt werden konnten, trübten die Gewinnaussichten.

Inzwischen sind die Inflationsraten von ihren Spitzenwerten des Jahres 2022 deutlich heruntergekommen. Die Experten des Finanzdienstleisters Picard Angst sprechen, angesichts der tieferen Inflationsraten, in einer Analyse vom Mai zum Markt für Spezialzutaten vom Eintreten in eine Normalisierungsphase.

Die Finanzspezialisten sind auch für die zweite Hälfte des Jahres zuversichtlich. Das Volumenwachstum werde sich schrittweise weiter verbessern. Für Givaudan bestehe die Aussicht, das Wachstumsziel von vier bis fünf Prozent in den Jahren 2024 und 2025 zu erreichen.

Optimistisch zeigt sich ebenfalls DB-Analystin Boucher-Ferte. Der Umsatz werde sich von 6,9 Milliarden Franken im Jahr 2023 auf 7,3 Milliarden im Jahr 2024 und 7,6 Milliarden Franken im Jahr 2025 steigern. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde von 1,5 Millionen Franken auf 1,75 respektive 1,87 Millionen Franken verbessern. Auch der Gewinn je Aktie dürfte laut der DB wachsen: von 116 Franken im Jahr 2023 auf 128 Franken im laufenden und 139 im kommenden Jahr.

Das Kursziel sieht Boucher-Ferte seit Kurzem bei 4500 Franken je Aktie, womit ein Potenzial von fünf Prozent gegenüber dem aktuellen Kurs besteht. Die DB-Analystin geht mit ihrer Einschätzung über die Prognose der Bank JP Morgan von dieser Woche hinaus.

JP Morgan erwartet einen Wert von 4200 Franken in den nächsten zwölf Monaten. Laut Bloomberg beträgt das durchschnittliche Kursziel, dem 23 Analysten-Einschätzungen zugrunde liegen, nur 3934 Franken. Das sind rund 340 Franken weniger als der aktuelle Aktienkurs.

Boucher-Ferte erachtet Givaudan allerdings nicht als überbewertet. Die DB gehe von weiterem Potenzial nach oben zum Kursziel von 4500 Franken aus. «Givaudan sieht teuer aus, aber das ist der Preis, den man für Qualität bezahlt.»