Die Schweizer Börse schlägt sich dieses Jahr gut. Der Gesamtertrag - der sogenannter Total Return, der nebst dem Kursanstieg auch die Dividendenrendite einrechnet - beträgt für den Swiss Market Index (SMI) 9,8 Prozent, den Swiss Performance Index (SPI) 8,4 Prozent und den Swiss Leaders Index (SLI) 14,9 Prozent. Alle drei Indizes schneiden damit in diesem Jahr bisher besser ab als im langfristigen Zehnjahres-Vergleich, der bei rund sieben Prozent liegt. 

Beim Blick nach Übersee kommt aber trotzdem Neid auf: Der S&P 500 Index kommt seit Anfang 22024 umgerechnet in Schweizer Franken auf einen Gesamtertrag von 39,5 Prozent, der Dow Jones Industrial Average auf 29,5 Prozent und der Nasdaq 100 Index auf 40,5 Prozent.

Rückblickend dürfte sich manch Investierende darüber ärgern, in den letzten Jahren nicht mehr US-Aktien ins Depot gelegt zu haben. Dafür gibt es aus hiesiger Anlegersicht aber triftige Gründe. So sind die US-Börsen seit Jahrzehnten «gefühlt» als teuer angesehen, die Dividendenrendite sind generell tiefer als bei Schweizer Blue Chips und die Kursschwankungen höher.

Am Gewichtigsten für die hohe Abstinenz bei US-Valoren dürfte die Währungsproblematik sein. Viele Anlegerinnen und Anleger mögen sich sehr genau an die ausgeprägten Schwächephase des «Greenback» erinnern. Zwischen 2002 und 2011 halbierte sich der Dollar zum Franken im Wert und notierte am 9. August 2011 auf einem Allzeittief bei 0,7062 Franken. Und als die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 die Euro-Untergrenze von 1,20 Franken aufhob, sank der Dollar innert kürzester Zeit von 1,02 auf 0,84 Franken.

Diese massiven Währungsverluste haben sich im Gedächtnis vieler Investierenden eingebrannt - getreu dem Motto: Hände weg von Aktien in Fremdwährungen. Das ist ein berechtigter Einspruch, da sich der Dollar zum Franken auf einen langen Zeithorizont von 50 Jahren im Schnitt um ein Prozent pro Jahr abwertet. Das zeigen Daten der Schweizerischen Nationalbank. 

Höherer Kursanstieg kompensiert Währungsverluste

Die Strategen von Société Générale machen für die US-Dominanz mehrere Ursachen aus. Seit Beginn des letzten Jahrzehnts hat sich die Kluft zwischen den USA und Europa sowohl beim Wirtschaftswachstum gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) als auch beim Gewinn pro Aktie (EPS) zugunsten der USA vergrössert. 

Das lässt sich mit konkreten Zahlen belegen: Das Gewinnwachstum der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen beläuft sich 2024 auf elf Prozent, dasjenige des EuroStoxx 600 Index auf zwei Prozent. 2025 sieht es noch schlechter aus. Die UBS erwartet beim Euro Stoxx 600 ein negatives Gewinnwachstum, während beim S&P 500 Index der Konsens von einem Gewinnwachstum zwischen sieben bis zehn Prozent ausgeht. 

Eine weiterer Grund für diese divergierende Kursentwicklung ist eine stärkere Verlangsamung des Produktivitätswachstums in Europa, das die vom Internet angeführte digitale Revolution und die damit verbundenen Produktivitätsgewinne verpasst hat. Tatsächlich ist die Produktivitätslücke zwischen der EU und den USA hauptsächlich auf den Technologiesektor zurückzuführen.

Da der Dollar zum Franken seitwärts tendierte und gegenüber dem Euro zulegen konnte, hat sich die Outperformance des Dow Jones Industrial Average gegenüber den SMI oder den Stoxx50 Index in den letzten Jahren akzentuiert. Dies gilt auch für den S&P 500 Index gegenüber dem SLI respektive den Stoxx 600 Index.

Daran dürfte sich so schnell nichts ändern. Die Experten von Société Générale bleiben weiter pessimistisch für den alten Kontinent. Die Wahl von Präsident Trump und der Sieg der Republikaner dürfte das Ungleichgewicht noch weiter vergrössern, da die neue US-Regierung sich auf Steuersenkungen und Zollerhöhungen konzentrieren wird. 

Die US-Investmentbank Morgan Stanley bleibt ebenfalls zurückhaltend und hat europäische Aktien jüngst auf neutral zurückgestuft. Der US-Aktienmarkt werde den Rest der Welt, insbesondere Europa, weiterhin übertreffen. Der MSCI Europe Index wird voraussichtlich in einer engen Spanne gehandelt, bis mehr Transparenz über die US-Politik wie Handelszölle besteht, so die Experten von Morgan Stanley. 

US-Outperformance nicht nur bei den Techwerten

Entgegen der landläufigen Meinung ist Technologie nicht der Grund, warum US-Aktien mit grosser Marktkapitalisierung besser abschneiden als Aktien aus dem Rest der Welt, betont die Research-Boutique Datatrek in einer Kundennotiz am Mittwoch.

In den letzten ein, fünf und zehn Jahren hat fast jeder S&P 500-Sektor den MSCI All Country World ex-US Index übertroffen. Nur die drei Sektoren Gesundheitswesen, Grundnahrungsmittel und Energie haben dies im letzten Jahr nicht geschafft. In den letzten fünf und zehn Jahren hat es mit Immobilien und Energie nur ein Sektor nicht geschafft, den MSCI All Country World ex-US Index zu übertreffen. 

Die Übergewichtung von US-Aktien wird nun zur Konsensmeinung, aber Datatrek bleibt bei der Haltung, die höhere Gewichtung von US-Valoren habe immer noch ihre Berechtigung. Deren Experten führen die gleichen Argumente wie Société Générale an. 

Einstiegsmöglichkeiten und Alternativen für Schweizer Anleger

Innerhalb eines Aktienportfolios sind neben Schweizer Werten ETF auf US-Standardwerte eine Möglichkeit zur Diversifkation. Da alle drei wichtigen US-Börsenindizes nahe oder auf Rekordniveau notieren, sollten Anlegerinnen und Anleger aber nicht blindlings US-Titel ins Depot legen. Es hat sich selten gelohnt, spät auf einen schnell fahrenden Börsenzug aufzuspringen.

Deshalb ist ein gestaffelter Einstieg sinnvoll, bei dem monatlich oder quartalsweise ein gleichbleibender Betrag angelegt wird. Dies setzt einen Anlagehorizont von sieben bis zehn Jahren voraus. Innerhalb der beispielsweise von cash.ch angebotenen ETF im Fondssparplan drängen sich die beiden Franken-basierten «UBS ETF S&P 500» und der «Xtracker Nasdaq 100 ETF» auf. Eine Alternative ist auch ein gleichgewichteter ETF auf US-Aktien, wie Jeffrey Sherman von Doubleline im cash-Interview hier vorschlug.

Fazit: US-Akien gehören ins Depot, auch wenn ein Übergewichten derzeit nicht angesagt ist. Das durchschnittliche Kursziel beim S&P 500 liegt für 2025 rund 8 Prozent höher bei 6'600 Punkten. Es könnte allerdings volatil werden, da erst ab Mitte Januar absehbar ist, wie sich unter anderem die neuen Zölle der Trump-Regierung auswirken werden. Ein weiterer Grund für einen gestaffelten Einstieg ist der Mangel an warnenden Stimmen zum US-Markt. Die Bären, welche auf sinkende Aktienkurs spekulieren, sind in den letzten Monaten vollständig verstummt. 

Thomas Daniel Marti
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