Die europäischen Grossbanken Unicredit, BNP Paribas und Lloyds sind angetrieben von höheren Zinsen mit zum Teil überraschend kräftigen Gewinnzuwächsen in das Jahr gestartet. Sie schnitten mit ihren am Mittwoch veröffentlichten Zahlen für das erste Quartal teilweise besser ab als Analysten erwartet hatten. Die Anleger reagierten dennoch unterschiedlich: Während Unicredit-Aktien zeitweise mehr als fünf Prozent gewannen, zogen BNP-Papiere nur um 0,3 Prozent an. Lloyds-Titel büssten sogar 1,2 Prozent ein.
Unicredit erwirtschaftete in den Monaten Januar bis März einen Nettogewinn von 2,06 Milliarden Euro. Analysten hatten 1,3 Milliarden Euro erwartet. Vor einem Jahr hatte der Mutterkonzern der HypoVereinsbank wegen hoher Rückstellungen aufgrund des Russland-Engagements unter dem Strich 274 Millionen Euro verdient. Die Erträge legten binnen Jahresfrist um 18,3 Prozent auf 5,93 Milliarden Euro zu. Dabei kletterten die Nettozinserträge um 43,6 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat seit dem Juli 2022 die Leitzinsen bereits sechs Mal in Folge angehoben.
"Verbesserungen bei Konjunkturaussichten und Zinsumfeld, positive Geschäftstrends, unsere anhaltende Transformation und verstärkte Verteidigungslinien haben uns in die Lage versetzt, unseren Ausblick für 2023 für Schlüsselkennzahlen zu erhöhen", erklärte Unicredit-Chef Andrea Orcel. Für das Gesamtjahr stellte er nun einen Gewinn von mehr als 6,5 Milliarden Euro in Aussicht. Bislang sollte dieser in etwa auf dem Niveau von 2022 von 5,2 Milliarden Euro liegen. Die Ausschüttung an die Aktionäre über Dividenden und Aktienrückkäufe solle jetzt bei mindestens 5,75 Milliarden Euro liegen.
Auf die Frage nach dem Rückgang der Einlagen um 1,6 Prozent im Quartal sagte Orcel zu Journalisten, die Bank verfüge über eine so solide Liquiditätsposition, dass sie es sich leisten könne, beim Management ihrer Einlagenbasis auf Profitabilität zu achten. Der Anteil der Zinserhöhungen, der an Einlagekunden weitergegeben worden sei, habe sich im Quartal nur auf 22 Prozent von 20 Prozent Ende letzten Jahres erhöht. Für 2023 liege die Prognose jetzt bei 30 Prozent statt wie bislang bei 35 bis 40 Prozent.
Die französische BNP Paribas konnte gestützt auf höhere Zinserträge und einen Verkaufserlös ihren Gewinn mehr als verdoppeln. "Diese Leistung belegt unsere Solidität und unser Engagement, unsere Kunden langfristig zu unterstützen", sagte Bankchef Jean-Laurent Bonnafé. Das Nettoergebnis kletterte im ersten Quartal auf 4,44 Milliarden Euro nach 1,84 Milliarden. Der Verkauf der US-Tochter, der im Februar abgeschlossen wurde, bescherte BNP Kapitalgewinne in Höhe von 2,95 Milliarden Euro.
Die Erträge legten um 1,4 Prozent auf 12,03 Milliarden Euro zu - angetrieben vor allem durch die Investmentbank und das Geschäfts- und Privatkundengeschäft. Die Handelssparte mit Anleihen, Rohstoffen und Währungen baute die Erträge um neun Prozent aus. Die Bank erklärte, man sei auf dem besten Weg, 2023 ein "starkes Wachstum" des ausschüttungsfähigen Gewinns je Aktie zu erzielen. Sie bestätigte zudem die Ziele für 2025. Die Bank will bis dahin eine Eigenkapitalverzinsung (ROTE) von rund zwölf Prozent erzielen. Das durchschnittliche jährliche Wachstum des Nettogewinns zwischen 2022 und 2025 soll bei mehr als neun Prozent liegen.
In Grossbritannien steigerte der Wettbewerber Lloyds seinen Vorsteuergewinn im ersten Quartal auf 2,3 Milliarden Pfund von 1,5 Milliarden Pfund. Analysten hatten nur 1,95 Milliarden Pfund erwartet. Die Vorsorge für Kreditausfälle nahm auf 243 Millionen Pfund zu nach 177 Millionen. Grossbritanniens Haushalte und Unternehmen kämpfen mit der höchsten Inflationsrate in Westeuropa. Damit steigt das Risiko, dass Kreditnehmer mit knappen Kassen in Verzug geraten. Seine Geschäftsprognosen für das Gesamtjahr liess Lloyds unverändert.
(Reuters)