K. und sein mitangeklagter Kollege räumen ihren Verteidigern zufolge die Anklage im ersten Münchner Cum-Ex-Prozess, der heute begonnen hat, im Wesentlichen ein. Ihnen stehen nun voraussichtlich mehrjährige Haftstrafen bevor.
Beide Männer hätten bei den Taten vor 14 bis 16 Jahren grosse Fehler gemacht, räumte die Verteidigung ein. Sie stünden nun vor einem finanziellen und privaten Scherbenhaufen, warben die Anwälte um Milde. K. trug sein Geständnis noch am Vormittag teils mit tränenerstickter Stimme vor. Er frage sich heute selbst, warum er damals mitgemacht habe, schliesslich habe er bereits finanziell ausgesorgt und eine glückliche Familie gehabt, sagte der mehrfache Vater und Grossvater.
«Ein bisschen wie Monopoly»
Entscheidend seien wohl Gier, übertriebener Ehrgeiz und Überheblichkeit gewesen, mutmasste K. zu seinem damaligen Antrieb. Er habe geglaubt, ein Spiel zu beherrschen und das System zu schlagen. Alles habe sich «ein bisschen wie Monopoly» angefühlt, sagte er. Für ihn heisse es nun aber: Gehen Sie direkt in das Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, sagte er in Anspielung auf eine bekannte Karte in dem Brettspiel. Dies sei aber die gerechte Strafe für sein Verhalten.
Zuvor hatte die Vorsitzende Richterin Andrea Wagner über ein Gespräch zwischen ihr, Staatsanwaltschaft und Verteidigung berichtet. Demzufolge stehen auch bei vollumfänglichen Geständnissen und unter Berücksichtigung des Alters der beiden Angeklagten wohl mehrjährige Haftstrafen in einer Dimension um fünf bis sechs Jahre im Raum - auch angesichts des hohen Schadens. Die Verteidigung betonte allerdings, dass mehr als 200 Millionen Euro bereits zurück an den Fiskus geflossen seien und auch der restliche Schaden zurückgefordert werden könne.
Es geht um mehrere Millionen Beute
Konkret wirft die Staatsanwaltschaft den beiden Männern in ihrer 91 Seiten umfassenden Anklageschrift vor, an einem komplexen Geflecht beteiligt gewesen zu sein, über das in den Jahren 2009 und 2010 hunderte Millionen Aktien im zweistelligen Milliardenwert gehandelt wurden. Dabei wurde die sogenannte Cum-Ex-Methode angewandt, um den Fiskus dazu zu bringen, Kapitalertragssteuer zurückzuerstatten, die zuvor gar nicht gezahlt wurde. Die beiden Männer sollen für ihren Tatbeitrag laut Anklage jeweils rund 16 Millionen Euro erhalten haben. Die Verteidigung spricht von einer niedrigeren Summe. K. sprach von etwa der Hälfte.
Die jetzt angeklagten Geschäfte sind dabei bei weitem nicht die Einzigen. Es gibt diverse andere Verfahren. Insgesamt soll der Staat durch die Masche um einen zweistelligen Milliardenbetrag geprellt worden sein. Bei Cum-Ex-Geschäften schoben Investoren Aktien rund um den Dividendenstichtag mit («cum») und ohne («ex») Ausschüttungsanspruch hin und her. Im Münchner Fall wurden dafür laut Anklage Leerverkäufe über ausländische Depotbanken genutzt. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Die Aufarbeitung und Strafverfolgung dürfte noch Jahre dauern. Auch in München werden weitere Anklagen erwartet.
(AWP)