Überraschende Wende im Handelsstreit: Mexiko und die USA haben die eigentlich geplanten Zölle für einen Monat ausgesetzt, wie US-Präsident Donald Trump und seine mexikanische Kollegin Claudia Sheinbaum am Montag nach einem Gespräch mitteilten. Damit gibt es nun mehr Zeit für Verhandlungen. Die geplanten US-Zölle gegen Kanada und China dürften aber wie geplant am Dienstag in Kraft treten. In Europa wird befürchtet, dass zeitnah auch die EU ins Visier von Trump gerät.
Trump erklärte per Kurznachrichtendienst Truth Social, es werde weitere Verhandlungen mit Mexiko geben, um ein Abkommen zu erzielen. Er werde sich an den Gesprächen beteiligen. Sheinbaum schrieb ihrerseits auf der Internet-Plattform X, sie habe die Entsendung von 10.000 Soldaten der Nationalgarde an die Grenze zu den USA zugesagt. Damit solle das Einsickern von Drogen wie Fentanyl nach Norden bekämpft werden. Es werde zu den Themen Sicherheit und Handel vertiefte Gespräche geben. Die USA hätten im Gegenzug zugesichert, zu helfen, dass keine leistungsstarken Waffen mehr aus den USA nach Mexiko kämen.
Die USA hatten am Wochenende 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko sowie zehn Prozent höhere Zölle auf Importe aus China verhängt - und damit Sorgen vor einem Handelskrieg mit weltweiten Auswirkungen etwa für die Autoindustrie geschürt. Die drei Länder hatten umgehend Gegenmassnahmen angekündigt.
Trump sprach am Montag auch mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau, ohne dass es zunächst ein Ergebnis gab. Ein weiteres Gespräch war für den Abend geplant.
EU als Nächstes dran
Trump hatte Journalisten am Sonntagabend gesagt, Sonderzölle gegen die EU würden folgen. Ein Datum dafür nannte er allerdings nicht. Er warf Europa vor allem vor, zu wenig US-Autos und amerikanische Agrarprodukte zu kaufen. Die europäischen Staats- und Regierungschefs trafen sich am Montag, eigentlich zum Thema Verteidigungsfähigkeit. Nun spielten aber auch die Handelsbeziehungen zu den USA eine wichtige Rolle. Kanzler Olaf Scholz will den Dialog mit den USA suchen, sieht die Europäische Union gut gerüstet. «Europa kann handeln», sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Die Perspektive sollte aber eine Kooperation sein.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Rande einer Grünen-Wahlkampfveranstaltung in Dortmund, eine Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen müsse unterbunden werden. Kooperationen seien besser als gegenseitige Kämpfe. Es sehe aber nicht so aus, als ob die neue US-Regierung dies verstehe. «Ich habe noch immer die Hoffnung.» Sie werde aber geringer. Die Zölle seien auch für die USA falsch, weil sie Produkte teurer machten, die Inflation angeheizt werde und die Kaufkraft der Amerikaner dann abnehme. Deutschland dürfte als Export-Europameister besonders stark unter einem Handelskrieg leiden.
«Keine Verbündeten mehr» in Wirtschaftspolitik
«Aus US-Sicht gibt es zumindest in wirtschaftlicher Sicht keine Verbündeten mehr, nur noch Rivalen», sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Balz. «Ein eskalierender globaler Handelskrieg dürfte aber nur Verlierer produzieren.» Dies sorgte an den Börsen bereits für Verwerfungen. Weltweit stiessen Anleger Aktien ab. Der Dax und der EuroStoxx50 rutschten zu Wochenbeginn jeweils mehr als zwei Prozent ab. Die Aussicht auf weiter sinkende Zinsen hatte den deutschen Leitindex im Januar allerdings von Rekord zu Rekord um mehr als neun Prozent auf bis zu 21.800 Zähler getrieben.
Laut Grünen-Co-Chefin Franziska Brantner muss die EU noch diese Woche mit der Ankündigung neuer US-Zölle rechnen. Die FDP sprach sich für die Wiederaufnahme der Verhandlungen über ein transatlantisches Handelsabkommen aus. Dies wäre schlauer, als neue Zölle mit Vergeltung zu beantworten, sagte der FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Nachrichtenagentur Reuters. In Brüssel wurden Mahnungen zur Geschlossenheit der EU laut, um in Verhandlungen mit Trump nicht unter die Räder zu kommen.
«Die Zollpolitik der Regierung Trump ist schädlich für die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft und auch der USA selbst», sagte Wolfgang Niedermark vom deutschen Industrieverband BDI. «Wir setzen darauf, dass Unternehmensvertreter in den USA ihren Einfluss auf die Regierung in Washington nutzen, um eine Eskalation der Handelskonflikte zu verhindern.» Die deutsche Industrie sei von den verhängten Zöllen unmittelbar betroffen, da sie den US-Markt auch aus Werken in Mexiko und Kanada beliefere. «Der deutschen Wirtschaft droht damit ein spürbarer Dämpfer.»
Trump stört sich am Handelsdefizit der USA mit anderen Ländern. Experten bemängeln zum Teil, dass die USA dabei aber nur auf den Handel mit klassischen Waren schauen und etwa nicht mit Internet-basierten Dienstleistungen, bei denen die USA dominant sind.
(Reuters)