Andréa Maechler wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Juni in Richtung Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel verlassen. So die nicht ganz unerwartete Meldung vom Montagabend. Damit wird schon wieder ein Sitz im dreiköpfigen SNB-Führungsgremium unter der Leitung von Thomas Jordan frei. Im letzten Jahr war bereits Martin Schlegel als Nachfolger des abtretenden Fritz Zurbrügg ernannt worden.
Die Gruppe "SNB Observatorium", die aus drei Ökonomen besteht, fordert nun, dass der oder die Nachfolger/in von Maechler nicht von der Nationalbank selber kommt. "Insider bieten Kontinuität und intime Kenntnisse der Bank, aber zu viele Insider schwächen die demokratische Legitimität", schreibt das "SNB Observatorium" als Reaktion auf den Abgang von Maechler in einer Mitteilung.
Da die SNB bei der Festlegung der Geldpolitik sehr unabhängig sei, müssten die Mitglieder des Direktoriums für die breiten Ansichten der Schweizer Gesellschaft sensibel sein und sich nicht nur an die Ansichten und Werte innerhalb der Bank halten, schreiben die Ökonomen des "SNB Observatoriums" weiter. Maechler arbeitete vor ihrer Wahl zum Direktoriumsmitglied der SNB im Jahr 2015 beim Internationalen Währungsfonds.
Regelmässig kritische Stellungnahmen zur SNB
Das "SNB Observatorium" setzt sich zusammen aus Yvan Lengwiler, Wirtschaftsprofessor an der Universität Basel, Charles Wyplosz, Professor am Graduate Institute in Genf, und Stefan Gerlach, Chefökonom der Privatbank EFG und ehemaliger Vizegouverneur der Notenbank Irlands. Die Gruppe nimmt regelmässig kritisch Stellung zur SNB, zuletzt etwa zur Ausschüttungspolitik oder regelmässig auch zur Kommunikation der Notenbank.
Die Ökonomen sehen die Nominationen der Top-Notenbanker durch den SNB-Bankrat und den Bundesrat generell kritisch. Der Bankrat habe im letzten Jahr mit Martin Schlegel einen SNB-Insider als Nachfolger von Fritz Zurbrügg vorgeschlagen, der sein ganzes Berufsleben in der Bank verbracht habe. "Dies war ein Bruch mit der Tradition, da in der Regel zwei der drei Vorstandsmitglieder Externe sind", so das SNB-Observatorium. Auch Präsident Thomas Jordan arbeitete, wie Schlegel, seit dem Wechsel von der Universität nur bei der SNB.
Die Nationalbank werde daher "in einer Art und Weise von Insidern dominiert, die unseres Wissens nach bei einer grossen Zentralbank ohne Präzedenzfall ist", kritisiert die Ökonomengruppe. Denn auch die vier letzten Ernennungen ins (vierköpfige) erweiterte Direktorium seien allesamt SNB-interne Gewächse. "Eine solche Monokultur ist ungesund", so die Ökonomen.
Der Bundesrat bestimmt die Direktoriumsmitglieder der SNB, dies aber auf Vorschlag des heterogen zusammengesetzten elfköpfigen Bankrates der Nationalbank. Die ideale Nachfolge für Maechler wäre französisch- oder italienischsprachig und vorzugsweise weiblich, schreibt das "SNB-Observatorium" weiter.
Maechler wurde im letzten Jahr bei der Besetzung des Vize-Präsidiums der SNB übergangen, womit auch klar wurde, dass sie kaum als Nachfolgerin für Thomas Jordan an der SNB-Spitze in Frage kommen würde. Die "Neue Zürcher Zeitung" kolportierte Stimmen von innerhalb der SNB, welche Maechler "die fachlichen und persönlichen Fähigkeiten" für den zweitobersten SNB-Posten in Abrede stellten.