Die Versicherungsunternehmen Baloise und Helvetia haben von einer «Fusion unter Gleichen» gesprochen, als sie vor rund einer Woche ihren Zusammenschluss angekündigt haben. Die Formulierung trifft zu, angesichts der in etwa gleich hohen Marktkapitalisierung und der, laut Mitteilung, ähnlichen strategischen Ausrichtungen.

Eine andere Sicht auf die Lage eröffnet das Börsengeschehen der vergangenen Tage. Zwischen dem letzten Handelstag vor Bekanntgabe der Fusion bis am Donnerstag danach kletterten die Aktien von Baloise um 4,8 Prozent. Im gleichen Zeitraum bewegten sich die Valoren von Helvetia insgesamt seitwärts. Anscheinend sah der Markt aufgrund des Zusammenschlusses das stärkere Momentum beim Versicherungsunternehmen aus Basel.

Der Bruch kam am vergangenen Freitag. Während die Valoren von Helvetia 0,3 Prozent nachgaben, gingen die Baloise-Valoren 5,3 Prozent in die Knie. Auslöser war der Kauf der Baloise-Anteile des Investors Cevian durch die Patria Genossenschaft. Sie fördert, so lautet der Genossenschaftszweck unter anderem, die Entwicklung von Helvetia.  

Beim übertragenen Paket geht es um 9,35 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte. Patria unterstützt den Zusammenschluss, womit der Weg zur Fusion nun frei ist. Das war vor dem Anteilswechsel von Cevian zu Patria nicht klar. Am Markt wurde gemutmasst, dass der schwedischen Investor Cevian sich gegen die Fusion stellen könnte.

Inzwischen: Die Hinweise mehren sich, dass Helvetia der stärkere der beiden Fusionspartner sein dürfte. Partia hält zurzeit 34,1 Prozent der Helvetia-Aktien und wird, wie die französische Bank BNP Paribas schätzt, 22 Prozent an der fusionierten Gesellschaft besitzen - und ein wichtiges Wort mitzureden haben.

Baloise stellt kein siebtes Mitglied im neuen Verwaltungsrat

Die kombinierte Gruppe wird zudem zu 53 Prozent im Besitz der Helvetia-Aktionäre und zu 47 Prozent im Besitz der Baloise-Investoren sein, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Am Freitag meldeten die Basler ausserdem, dass sie kein siebtes Mitglied für den Verwaltungsrat der neuen Gesellschaft nominieren werden. Das oberste Aufsichts- und Leitungsorgan wird folglich aus 13, nicht 14 Personen bestehen.

Aufschlussreich ist ferner die Analyse der Investmentbank Keefe, Bruyette & Woods (KBW). Am Freitag, als der Wechsel von Cevian zu Patria bekannt wurde, beliess der zuständige Analyst das Rating von Baloise auf «Market Perform» und das Kursziel bei 185 Franken. Dieses Preisziel hat er am Tag vor dem Öffentichwerden des Cevian-Patria-Deals gefasst, nachdem er es seit November bei 159 Franken gehalten hatte.

Ebenfalls am Freitag stufte der KBW-Experte Helvetia auf «Market Perform» von «Underperform» und zog das Kursziel auf 170 von 125 Franken hoch. Die Preiszielerhöhung wurde einerseits mit einer positiveren Haltung zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens und andererseits mit dem Zusammenschluss von Helvetia und Baloise begründet. Er möge die Fusion, doch auch unabhängig davon habe das Helvetia-Management mit dem jüngsten Update ein neues Kapitel in Sachen Strategie und Kapitalmanagement aufgeschlagen, so der Analyst. 

Jedoch: Sein Berufskollege der Privatbank Berenberg hatte am Donnerstag das Rating von Baloise auf «Buy» von «Hold» angehoben und das Kursziel auf 226,40 von 172,50 Franken erhöht. Die Fusion werde voraussichtlich noch mehr Wert schaffen, schrieb der Experte. Seine Einstufung von Baloise kam allerdings vor dem Anteilswechsel von Cevian zu Patria.

Zum Auftakt der Börsenwoche büsst Baloise bis am Montagmittag 0,16 Prozent ein, Helvetia steigt 0,17 Prozent. Und seit dem letzten Handelstag vor Bekanntgabe der Fusion haben die Aktien von Baloise 0,54 Prozent verloren, die Aktien von Helvetia haben sich gleichzeitig um 0,22 Prozent verbessert.

Reto Zanettin
Reto ZanettinMehr erfahren