Das Begleichen der Steuerrechnung wird in vielen Teilen der Schweiz im Lauf des Herbstes fällig. Dem Staat geschuldete Beträge können aber auch früher überweisen werden. Vorzeitig einbezahlte Steuern werden dabei in vielen Kantonen verzinst. Es geht den Behörden darum, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gleich zu behandeln. Das ganze funktioniert natürlich auch umgekehrt: Wer die Steuern nach Ablauf der offiziellen Frist bezahlt, muss einen Verzugszins entrichten. 

Der Vorteil bei Zinsgutschriften der Kantone für ein frühes Einbezahlen der Steuern war lange Zeit, dass sie tendenziell höher ausfielen als normale Bankkontozinsen. Frühes Einzahlen oder rechtzeitiges Einzahlen in Raten brachte somit einen finanziellen Vorteil. Landläufig herrscht immer noch die Meinung, dass man durch rasches Überweisen eines provisorischen Steuerbetrags nicht nur ein finanzielles Thema frühzeitig im Jahr erledigt, sondern auch mit einem guten Zins belohnt wird. 

Wie die Zahlen zeigen, sind die Zinsgutschriften heute aber sehr gering. Die Tief- und Negativzinsphase der vergangenen Jahre hat den Vorteil des frühen Einbezahlens pulverisiert. Wer beispielsweise im Kanton Aargau vor dem Fälligkeitsdatum Ende Oktober Beträge an die Behörden überweist, erhält eine steuerfreie Zinsgutschrift zu einen Zinssatz von gerademal 0,1 Prozent. Diese wird pro rata temporis für die Periode bis zum letzten Termin für die Steuerüberweisung gutgeschrieben:

Provisorische Steuerrechnung von 11'000 Franken (Beispiel), Kanton Aargau 2022 

Betrag Zeitpunkt der Einzahlung Fälligkeit Tage Zinssatz* Vergütungszins
6000 Franken 21. 2. 2022 31. 10. 2022 249 0,1 Prozent 4,15 Franken
3000 Franken 12. 4. 2022 31. 10. 2022 198 0,1 Prozent 1,65 Franken
2000 Franken 20. 7. 2022 31. 10. 2022 100 0,1 Prozent 0,55 Prozent
         

Total: 6,35 Franken

Daten: Kantonales Steueramt Aargau

*Der Kanton Aargau hat auf Anfrage, aber nach Redaktionschluss dieses Betrags mitgeteilt, dass der Zinssatz auf 2023 auf 0,3 Prozent angehoben werde.

Auch jetzt, nachdem die Nationalbank innerhalb von einem halben Jahr den Leitzins von -0,75 Prozent auf 1 Prozent angehoben hat (und diesen wohl noch weiter erhöhen wird), sind die je nach Kanton Ausgleichs-, Vergütungs- oder Vorauszahlungszinsen genannten "Belohnungen" sehr tief. So hat beispielsweise der Kanton Basel-Stadt den Zinssatz auf vorzeitige Einzahlungen zwar von 0,10 auf 0,50 Prozent angehoben. In Genf ging dieser von 0,01 auf 0,50 Prozent hoch. Die Kantone Zug und Solothurn haben demgegenüber bekannt gegeben, dass der Zinssatz gleichbleibend bei Null bleibt. Gleiches gilt bei der direkten Bundessteuer. 

In Zürich, dem bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz, hatte der Regierungsrat den Ausgleichszins in den Tief- und Negativzinsjahren schrittweise gesenkt - und zögert nun mit einer erneuten Erhöhung. 2011 lag dieser noch bei 2 Prozent, seit 2020 liegt er bei 0,25 Prozent. Auf Anfrage von cash.ch sagte ein Sprecher der Finanzdirektion, dass 2023 keine Veränderung am Ausgleichszins erfolgt sei. Geprüft werde in den nächsten Monaten, ob für 2024 eine Erhöhung vorgenommen werden sollte. 

Ein Ausgleichszins von 0,25 Prozent wie im Kanton Zürich macht ein frühes Einzahlen der Steuern auf den ersten Blick wenig attraktiv. Denn auf den Sparkonten der Banken sind die Zinsen mittlerweile zum Teil bereits höher. Eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Vergleichsdienstes Moneyland hält fest, dass viele Banken wieder einen Basiszins von 0,5 Prozent bezahlen. Gewichtet liegt der durchschnittliche Bankkonto-Zins laut Moneyland bei 0,19 Prozent. Zudem haben einige Banken die Zinsen nur bis zu bestimmten Obergrenzen erhöht. Somit könnte ein frühes Einzahlen der Beträge immer noch attraktiv sein - klar ist aber auch, dass sich die Unterscheide für die allermeisten Steuerpflichtigen im tiefen Franken- oder im Rappenbereich bewegen dürften.

Wie Steuerexpertin Stefanie Gugger vom Steuerberatungsunternehmen PrimeTax sagt, gibt es dennoch Gründe, Steuern vorzeitig einzubezahlen. Dies nicht primär, um vom Vorauszahlungs- oder auch Ausgleichszins zu profitieren. Denn der Ausgleichszins kann auch negativ sein. Dies ist der Fall, wenn die definitive Steuerschuld höher ist als die provisorisch in Rechnung gestellte und bezahlte Steuer. "Ab dem Fälligkeitsdatum der Steuern - im Kanton Zürich ist dies der 30. September - läuft der negative Ausgleichszins", sagt Gugger. Je nach dem, wie lange es bis zur definitiven Steuerrechnung dauere, könnten sich Zinsen über längere Zeit anhäufen, die den Steuerpflichtigen dann zur Last fielen. Wer beispielsweise nach einer Lohnerhöhung deutlich mehr verdient als im Vorjahr, kann mit einer frühzeitigen Einzahlung diese Zinsbelastung vermeiden. "Dann lohnt es sich, von sich aus die Akonto-Zahlung zu erhöhen", sagt Steuerexpertin Gugger. 

Kein Argument mehr für ein frühes Einbezahlen der Steuerrechnung sind hingegen die Negativzinsen. Anfang 2022 verlangte ein Teil der Schweizer Banken Negativzinsen auf Konten, während die Kantone zwar zum Teil Nullzinsen, aber keine Negativzinsen erhoben. Somit liess ich mit einem frühen Einzahlen der Steuern gegebenenfalls ein Negativzins umgehen. Mittlerweile haben alle Banken wegen der SNB-Zinserhöhungen die Negativzinsen abgeschafft.  

Kantone handhaben Praxis unterschiedlich

Nicht alle Kantone geben im Internet an, ob sich der Zins für frühes Einzahlen der Steuern gegenüber 2022 verändert hat. Bis dato waren Auskünfte auch nicht überall erhältlich. Zudem ist ein einheitlicher Überblick nicht möglich: Einige Kantone verlangen, dass die provisorische Steuerrechnung bezahlt wird - andere erwarten erst das Begleichen der definitiven Rechnung. Dies hat natürlich Auswirkungen auf etwaige Zinsgutschriften.

Die Kantone zudem haben unterschiedliche Sprachregelungen zur Verzinsung vorzeitig entrichteter Steuerbeträge: Je nach Landesteil wird von Ausgleichszinsen, Vergütungszinsen oder Vorauszahlungszinsen die Rede. Und auch damit ist nicht überall das gleiche gemeint.

Der Kanton Glarus beispielsweise weist einen Ausgleichszins von 1 Prozent auf. Wie das dortige Steueramt auf Anfrage von cash.ch erklärt hat, bezieht sich dieser Zinssatz nur auf Beträge, die Steuerpflichtige zu viel eingezahlt haben. Konkret: Wer nach Erhalt der provisorischen Steuerrechnung (im Kanton Glarus ist dies im Mai) 10’000 Franken eingezahlt, aber laut der definitiven Steuerrechnung nur 9000 Franken bezahlen muss, bekommt 1000 Franken mit einem Zins - pro rata temporis - von 1 Prozent zurückerstattet. 

Wer wiederum auf die Idee kommt, möglichst hohe Beträge einzubezahlen, um von einer Zinsgutschrift zu profitieren, wird aller Voraussicht nach nicht weit kommen. "Unrealistisch" hohe Einzahlungen überweisen die Steuerämter umgehend zurück. Zumindest in den Leitfäden der Kantone zur Steuereinzahlung wird dies so festgehalten.