Für einige Milliardäre Frankreichs war 2024 ein Jahr zum Vergessen, da ihr Vermögen aufgrund der schwachen Nachfrage nach Luxusgütern und der politischen Instabilität um einen Rekordbetrag einbrach. 

Bernard Arnault, Françoise Bettencourt Meyers und François Pinault - sie gehören zu den Schwerreichen der Welt - mussten in diesem Jahr einen Gesamtverlust von rund 70 Milliarden Dollar hinnehmen. Dies geht aus dem Bloomberg Billionaires Index hervor. Die Branchenriesen, welche die Milliardäre kontrollieren - LVMH, L’Oréal und Kering - gehören zu den grössten Verlierern an der französischen Börse. Der Gucci-Eigentümer Kering verlor 41 Prozent seines Wertes.

Das Vermögen des Trios wurde durch den Ausverkauf von Luxusgütern und Körperpflegeunternehmen also drastisch reduziert. Chinesische Käufer geben weniger Geld für Lederwaren, Designerkleider und Hautpflegeprodukte aus, während Unternehmen wie Kerings Gucci-Label mit einem neuen Management und einer neuen Strategie erst noch zuwege müssen. Frankreichs unbeständige Politik - darunter der kürzliche Zusammenbruch der Regierung von Michel Barnier - hat den Appetit der Anleger auf die Vermögenswerte des Landes ebenfalls gedämpft.

«Der chinesische Verbraucher sollte der Wachstumsmotor des Jahres 2024 sein, aber das hat sich nicht bewahrheitet», sagt Ariane Hayate, Fondsmanagerin bei Edmond de Rothschild Asset Management. «Nach drei Jahren aussergewöhnlichen Wachstums ist auch eine Luxusmüdigkeit spürbar.»

Die Umsätze bei Luxusgütern und Kosmetika stiegen während der Pandemie sprunghaft an, da die Konsumenten dank ihren während der Lockdown-Beschränkungen angehäuften Bargeldreserven Geld für High-End-Marken ausgeben konnten - und auch tatsächlich ausgaben. Diese Dynamik verhalf dem LVMH-Gründer Arnault zum ersten Platz im Bloomberg-Vermögensranking. Er ist jetzt noch die Nummer fünf und hat bisher mehr – nämlich 31 Milliarden Dollar – verloren als jeder andere unter den 500 reichsten Menschen der Welt. Und die L’Oreal-Erbin Bettencourt Meyers war lange Zeit die reichste Frau der Welt und im vergangenen Jahr die erste Frau mit einem Vermögen von 100 Milliarden Dollar. Jetzt hat sie beide Kronen verloren.

«Im Luxussektor ist man eigentlich wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen», sagt Kevin Thozet, Mitglied des Anlageausschusses bei Carmignac in Paris. «Was seit 2023 passiert, ist eine Normalisierung.» Auch der 88-jährige Pinault, der das Unternehmen gründete, aus dem sich Kering entwickelt hat, musste einen schweren Schlag hinnehmen: Sein Vermögen sank von einem Höchststand im August 2021 um 64 Prozent auf 22 Milliarden Dollar. Das ist der grösste prozentuale Rückgang unter allen, die in diesem Zeitraum noch auf Bloombergs Vermögensindex stehen. Er ist grösstenteils auf die Probleme des grössten Kering-Modelabels, Gucci, zurückzuführen.

Pinaults Vermögensschwund ereignete sich, während Kering unter der Leitung seines Sohnes Francois-Henri Pinault stand, der das Imperium aus einem Sammelsurium von Einzelhandelsvermögen auf Luxusgüter ausrichtete. Doch während seiner Amtszeit blieb Kering weitgehend von Gucci abhängig. Der Pinault-Clan hält 42 Prozent der Anteile und 59 Prozent der Stimmrechte an dem in Paris ansässigen Unternehmen, dessen Aktien nach einer Reihe von Gewinnwarnungen einbrachen.

Nicht alle Luxusmarken wurden gleich stark erfasst

Die europäischen Luxusaktien, die noch vor zwei Jahren als Wachstumsaktien des Kontinents galten, sind in Ungnade gefallen. Doch der Abschwung hat nicht alle Luxusmarken gleichermassen getroffen. Die Umsätze von Hermès stiegen im dritten Quartal aufgrund der Produktpositionierung, die auf die wohlhabendsten Kunden ausgerichtet ist. Deren Ausgaben sind tendenziell stabiler als jene von weniger wohlhabenden Kunden. Auf der Liste der Gewinner und Verlierer des Jahres 2024 der Saxo Banque France sehen die Hermès-Aktien mit einem Zugewinn von 18 Prozent im auslaufenden Jahr.

Andrea Tueni, Leiter des Sales Trading bei Saxo Banque France, sagt, die hohen Margen von Hermès seien auf die Qualität und Seltenheit der Produkte zurückzuführen, während die Nachfrage nach den Angeboten von Gucci zurückgegangen sei und die jüngsten Veränderungen im Management noch keine Früchte getragen hätten.

Doch gegen Ende des Jahres tauchen in der gesamten Branche erste Hoffnungsschimmer auf, und die Anleger versuchen, sich für eine mögliche Erholung zu positionieren. In China verschlechtern sich die Umsätze nicht weiter, und in den USA erholen sie sich, sagen Analysten der britischen Bank HSBC. Sie hatte das dritte Quartal dieses Jahres als Tiefpunkt vorausgesagt.

«Um es ganz offen zu sagen: Wir haben FOMO», sagen HSBC-Analysten, darunter Erwan Rambourg, kürzlich in einer Mitteilung an Investoren - FOMO steht für «Fear of missing out», also für die Angst, etwas zu verpassen. Die HSBC-Analysten sagen weiter: «Wir sind davon überzeugt, dass die Umsätze in China nicht schlechter werden und dass sich die Umsätze in den USA nach der Wahl verbessert haben. Das sind die beiden Cluster, die zählen.»

Amundi hat gerade die Einführung eines neuen börsengehandelten Fonds (ETF) für Luxusaktien angekündigt und verwies dabei auf langfristige Wachstumsaussichten, darunter die Ausweitung der Mittelschicht in den Schwellenmärkten, die Attraktivität einiger Marken und die steigende Nachfrage nach High-End-Produkten.

Die Möglichkeit, dass das Schlimmste für den Sektor überstanden ist, hat seit Anfang Dezember zu einer Stärkung einiger Aktien von Luxus- und Schönheitsprodukten geführt. Der «Stoxx 600 Europe 600 Consumer Products and Services Index» ist in diesem Monat um etwa 5 Prozent gestiegen und dürfte seine beste Performance seit Februar erzielen. «Technologie hat in diesem Jahr die Oberhand über Luxus gewonnen, aber Luxus könnte im Laufe des Jahres 2025 ein Comeback erleben», sagte Hayate von Rothschild. «Ich kann mir ab der zweiten Hälfte des Jahres 2025 eine Erholung des Sektors vorstellen.»

(Bloomberg)