Der französische Regierungschef Michel Barnier kündigte am Donnerstag an, in seinen Planungen für den Haushalt 2025 auf die Erhöhung der Stromsteuer zu verzichten. Damit reagierte er auf die Drohungen der Rassemblement National  (RN), ihn mit einem Misstrauensvotum zu Fall zu bringen, falls die Belastung der arbeitenden Bevölkerung nicht verringert wird. Barnier führt eine Minderheitsregierung, die sich auf das von Präsident Emmanuel Macron gegründete Parteienbündnis Ensemble und die konservativen Republikaner stützt. Für Mehrheiten im Parlament ist Barnier auf die Stimmen anderer Parteien angewiesen.

Der RN reicht das Entgegenkommen Barniers nicht aus. «Der Rassemblement National hat soeben einen Sieg errungen, indem sie von Michel Barnier die Streichung der Stromsteuer in Höhe von drei Milliarden Euro erwirkt hat», schrieb RN-Chef Jordan Bardella auf X. «Aber wir können es nicht dabei belassen. Andere rote Linien bleiben bestehen.» Der RN pocht auf weitere Zugeständnisse bei Renten und Sozialversicherungen.

Barniers Regierung hatte gehofft, durch die Anhebung der Stromsteuer, die während der Energiekrise der vergangenen zwei Jahre fast komplett gestrichen wurde, rund drei Milliarden Euro einzunehmen. Barnier muss ein Loch in den öffentlichen Finanzen in Höhe von 60 Milliarden Euro stopfen. Gelingt ihm dies nicht, könnte die finanzielle Stabilität Frankreichs bedroht werden. An den Finanzmärkten hat die jüngste Entwicklung bereits für erhebliche Unruhe gesorgt. Am Mittwoch verzeichneten französische Staatsanleihen den höchsten Risikoaufschlag gegenüber deutschen Anleihen seit der Schuldenkrise in der Eurozone 2012.

Barniers Minderheitsregierung könnte bereits nächste Woche stürzen. Sollte der Haushalt für die soziale Sicherheit auf der Tagesordnung stehen, könnte ihn Barnier ohne Abstimmung unter Berufung auf verfassungsmässige Vollmachten - bekannt als 49.3 - ohne Parlamentsabstimmung durchzusetzen. Das würde allerdings einen Misstrauensantrag nach sich ziehen. Spätestens Mitte Dezember kommt es zum Schwur, denn dann läuft die Frist zum Beschluss des allgemeinen Haushalts ab.

Die Mehrheit der Franzosen (53 Prozent) sind nach einer am Donnerstag veröffentlichten Ifop-Fiducial-Umfrage für Sud Radio für den Sturz der Regierung Barnier. Eine Elabe-Umfrage für BFM TV vom Mittwoch ergab jedoch, dass über die Hälfte der Befragten der Meinung ist, dass ein Misstrauensvotum vermieden werden sollte. 

(Reuters)