Unter dem Strich beliefen sich die Barbestände der Kreditinstitute Ende 2019 auf 43,4 Milliarden Euro, wie aus Daten der Bundesbank vom Freitag hervorgeht. Das entspricht nahezu einer Verdreifachung gegenüber Ende Mai 2014, dem Monat vor Einführung des negativen Einlagensatzes. Diesen können die Banken umgehen, wenn sie die Gelder ihrer Kunden in Tresoren lagern, statt überschüssige Liquidität bei der EZB zu parken.
"Heutzutage gilt immer mehr: Lieber Kasse als EZB-Guthaben - trotz Risikos, Versicherungsprämie und Logistikaufwands. Hier zeigen sich die Folgen der EZB-Zinspolitik auf aberwitzige Weise", sagte Andreas Schulz, Vorstandschef der Mittelbrandenburgischen Sparkasse, mit Blick auf die Branche.
Allein im vergangenen Jahr mussten die deutschen Banken, die bereits unter niedriger Profitabilität leiden, rund 2,4 Milliarden Euro an Negativzinsen zahlen. Dafür verantwortlich war wohl nicht zuletzt die relativ hohe Sparneigung der Bundesbürger, die einen grossen Teil ihrer Einkünfte in bar zur Hausbank tragen statt in Wertpapiere zu investieren. Im dritten Quartal verfügten private Haushalte über Bargeld und Einlagen von rund 2,5 Billionen Euro.
Bargeldhortug ist attraktiv
Laut einer Studie der Deutschen Bank betrug die Sparquote der Deutschen 2017 rund 10 Prozent - fast doppelt so hoch wie der Durchschnitt der Eurozone. "Die Negativzinspolitik der EZB macht das Horten von Bargeld attraktiv. Hier erleben wir erst den Anfang der Entwicklung", sagte Frank Schäffler, Finanzexperte der FDP. "Wenn das so weitergeht, dann wird dies zu einer Sonderkonjunktur für Tresorhersteller und Sicherheitsunternehmen."
Darauf deuten auch Ausagen von Pro Aurum hin. Der Münchener Händler von Edelmetallen hatte zuletzt Anfragen von Banken erhalten, ob es möglich sei, in seinen Tresoren Bargeld einzulagern, wie ein Sprecher des Unternehmens gegenüber Bloomberg sagte. Allerdings gebe es keine freien Kapazitäten, um diesem Wunsch nachzukommen.
Teilweise umgehen Kunden auch den Weg zur Bank und bringen ihr Geld direkt zu Tresor-Betreibern. "Wir beobachten grundsätzlich eine vermehrte Nachfrage nach unseren Schliessfächern – immer wieder auch für Bargeldeinlagerungen", sagte Markus Weiss, Geschäftsführer von Degussa Goldhandel. Wegen der seit vielen Monaten hohen Nachfrage seien zuletzt die Schliessfach-Kapazitäten in Hamburg und in Frankfurt ausgebaut worden. Auch in Berlin, Köln und Hannover stehe eine Erweiterung des Schliessfach-Angebots kurz bevor.
Banken geben Negativzinsen weiter
Das Horten von Bargeld ist längst nicht die einzige Reaktion von Banken auf den EZB-Einlagensatz. Immer mehr kleinere Institute geben die negativen Zinsen auch direkt an ihre Privatkunden weiter. Zwar gewähren viele dabei einen Freibetrag, doch einige stellen bei bestimmten Konten negative Zinsen bereits ab dem ersten Euro an Erspartem in Rechnung.
Grössere Banken haben ebenfalls mit der EZB-Politik zu kämpfen. Die Deutsche Bank und die Commerzbank bauen gerade ihre Geschäftsmodelle um und streichen Tausende Stellen, nachdem negative Zinssätze, Digitalisierung und Regulierung die Erträge gedämpft haben. "Wir erwägen über alle unsere Geschäftsbereiche hinweg, negative Zinsen an die Kunden weiterzugeben, wo es klug und vernünftig und auch legal ist", sagte James von Moltke, Finanzchef der Deutschen Bank, Ende Oktober im Bloomberg-Interview.
Um den Druck auf die Banken einzudämmen, hatte die EZB im vergangenen Jahr damit begonnen, einen Teil der Bank-Einlagen von den negativen Zinsen zu befreien. "Das dürfte zu einer gewissen Entspannung bei den Instituten geführt haben", sagte Cornelia Schulz, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
(Bloomberg)