Der Todesfall des Ehegatten ist für viele Menschen ein einschneidendes Erlebnis. Nicht nur verliert man seinen lebenslangen Begleiter oder Begleiterin. Noch schlimmer macht dieses Ereignis, wenn die Angst vor finanziellen Schwierigkeiten hochkommt. Die finanzielle Absicherung des Ehepartners kann sehr entscheidend sein, um Altersarmut zu vermeiden, denn Kinder, Eltern und Geschwister können Anspruch auf ihr Erbe machen.

«Tod ist ein unangenehmes Thema, und viele schieben die Regelung der finanziellen Absicherung auf – doch wer seinen Partner, seine Partnerin wirklich schützen will, sollte sich frühzeitig damit befassen, bevor es zu spät ist», sagt Yvonne Seiler Zimmermann, Professorin und Dozentin an der HSLU Hochschule Luzern. «Wichtig ist es, einen klaren Überblick über die eigene finanzielle Lage zu gewinnen, um einschätzen zu können, wie gut der Partner oder die Partnerin im Todesfall abgesichert ist», führt sie aus. Allenfalls sei es sinnvoll, dies mit einem unabhängigen Experten zu besprechen, um eine umfassende und objektive Vorsorge sicherzustellen.

Kinder haben Anspruch auf 50 Prozent des Erbes, während die zweite Hälfte an den Ehepartner oder die eingetragene Partnerschaft geht. Falls das Paar keine Kinder hat, gehen 75 Prozent an den Partner und das restliche Viertel an Verwandte und deren Nachkommen.

Weiter kann in einem Testament der Erbanspruch auf einen Pflichtteil reduziert werden. Dieser beträgt für Kinder insgesamt ein Viertel der Erbschaft. Dies scheint einfach und logisch, allerdings gibt es gewisse Tücken, die oftmals vergessen gehen. 

Entscheidungsfaktor: Güterstand und Beziehungsform

Eine entscheidende Rolle spielt der Güterstand. In einer Gütergemeinschaft verwalten die Ehepartner ihr Vermögen gemeinsam, was wiederum bedeutet, dass bei Scheidung oder Tod das gemeinsame Vermögen halbiert wird. Bei einer Gütertrennung behält jeder sein Vermögen, entsprechend gibt es keine Teilung bei Scheidung oder Tod. 

Für Ehepaare, die nichts anderes vereinbaren, gilt automatisch die Errungenschaftsbeteiligung. Bei diesem Güterstand wird das eheliche Vermögen in Eigengut (was ein Ehepartner in die Ehe bringt oder während der Ehe erhält, beispielsweise Erbschaften oder Geschenke) und Errungenschaft (gemeinsam erwirtschaftetes Vermögen während der Ehe, gehört beiden zu gleichen Teilen) aufgeteilt.

Der überlebende Ehepartner erhält die Hälfte des Errungenschaftsvermögens. Die andere Hälfte und das Eigengut des Verstorbenen gehen in den Nachlass, der zwischen dem überlebenden Ehepartner und den Nachkommen geteilt wird. «Die Errungenschaftsbeteiligung stellt eine ausgewogene Lösung dar, da er das Vermögen fair verteilt und den überlebenden Partner dennoch absichert», betont Seiler Zimmermann.

Heutzutage leben allerdings immer mehr Paare in einem Konkubinat, also einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zweier Personen. Wie die Erklärung schon sagt, ist die Beziehungsform allerdings nur «ähnlich», was ein entscheidender Faktor ist. Der Konkubinatspartner ist nämlich im Falle des Todes nicht automatisch erbberechtigt. Umso mehr sollten Vorkehrungen frühzeitig und schriftlich vorgenommen werden. Konkubinats-Paare profitieren von dem revidierten Erbrecht aus 2023, das mehr Spielraum beim Pflichtteilsrecht erlaubt, wodurch der Partner anhand der freien Quote besser begünstigt werden können. Allenfalls lohnt sich der Abschluss einer Lebens- oder Todesfallversicherung, um den Konkubinatspartner zusätzlich zu begünstigen.

Wenn allerdings nicht viel Vermögen vorhanden ist, beziehungsweise keine entsprechenden Vorkehrungen für den Todesfall getroffen werden, könnte der hinterbliebene Partner in finanzielle Nöte geraten. Dies kann schlimmstenfalls sogar zum Verkauf des eigenen Hauses oder der Wohnung kommen, da ein Eigenheim zum Vermögen gezählt wird - der Hinterbliebene steht also plötzlich «auf der Strasse». 

Um dem entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Optionen und Vorkehrungen, die frühzeitig getroffen werden sollten.

1. Wohnrecht und Nutzniessungsrecht

Eine davon ist das lebenslange Nutzniessungsrecht. Hierbei wird das Eigentum übertragen, aber der verbleibende Ehepartner darf den Erbteil nutzen und verwalten, plus die Erträge daraus behalten. Im Falle von Wertschriften wären das Zinsen oder Dividenden und bei einer Liegenschaft die Mieterträge. Die Nachkommen erhalten dennoch ihren Anteil am Eigentum, dürfen aber erst nach dem Tod des Nutzniessers frei darüber verfügen.

Eine weitere Option ist das Wohnrecht, wobei die Person in der Liegenschaft wohnen kann, diese aber nicht vermieten darf. Bei einem solchen «Wohnrecht auf Lebenszeit» darf der verbleibende Ehepartner bis zu seinem eigenen Tod in der Immobilie leben. Solche Vorkehrungen sollten zur Sicherheit notariell beglaubigt werden und enden mit dem Tod der Berechtigten.

2. Formelle Begünstigung

Eine weitere Möglichkeit ist die formelle Begünstigung des überlebenden Ehepartners anhand eines Ehevertrages, also güterrechtlich, oder eines Erbvertrages (erbrechtlich). Solche Änderungen müssen zwingend öffentlich beurkundet werden. Die güterrechtlichen Optionen sehen eine Änderung des Güterstandes vor, beispielsweise zu einer Gütertrennung, der Zuweisung zu Eigengut oder bei einer Errungenschaftsbeteiligung, eine Änderung des Anspruchs an den beiden Errungenschaften. Hier können die Ehepartner eine Vereinbarung treffen, dass der Überlebende statt der Hälfte der Summe der beiden Errungenschaften erhält, sondern die gesamte Errungenschaft. Somit fällt das Eigengut des Erblassers in den Nachlass und nur dieses ist mit den Erben zu teilen. Die Pflichtteile dürfen dabei nicht verletzt werden. 

3. Anpassung der Erbquoten

Es besteht die Möglichkeit, die gesetzlichen Erbquoten zu ändern, allerdings unter Berücksichtigung der Pflichtteile. Demnach können Geschwister gänzlich vom Erbe ausgeschlossen werden und die frei werdende verfügbare Quote wiederum dem Ehepartner zuschreiben. Mit einer solchen Vorkehrung können die Kinder auf ihren Pflichtteil von 25 Prozent gesetzt werden, wonach dem Ehepartner drei Viertel der Erbschaft zustehen. Dies ist seit der Erbrechtsrevision 2023 möglich, da die frei verfügbare Quote nun höher ist. Dies muss alles vorgängig im Testament festgehalten werden.

4. Leistungen aus Versicherungen und Vorsorge

Auch Leistungen der Pensionskassen, aus Säule 3a oder einer Lebensversicherung können den Ehegatten zusätzlich absichern. Im letzteren Fall eignet sich eine Todesfallversicherung insbesondere für Paare, bei denen die Hinterlassenen vom Verstorbenen finanziell abhängig sind. Die Versicherung sichert das Einkommen nach dem Tod des Partners ab, da verheiratete Paare beim Tod des Ehepartners meist nur um die 70 Prozent des letzten Lohnes erhalten. Im Todesfall zahlt sie die vereinbarte Summe aus. Die Todesfallrisikoversicherung eignet sich auch, um einen Kredit oder eine Hypothek abzusichern. Es lohnt sich, eine solche Versicherung frühzeitig abzuschliessen, um dank des tieferen Risikos von niedrigeren Beiträgen sowie länger anwendbaren Zinseszinseffekten zu profitieren.

Bei der Pensionskasse profitiert der Ehepartner und minderjährige Kinder von der Hinterlassenenrente, die im Gesetz der beruflichen Vorsorge (BVG) geregelt ist, wodurch sie nicht durchs Testament geändert werden können. Die Reihenfolge der Begünstigten ist festgelegt, kann aber teilweise durch die Pensionskasse angepasst werden. Die sogenannte Witwen- oder Witwerrente kommt zum Zug, wenn die hinterbliebene Person für den Unterhalt von mindestens einem Kind aufkommt oder älter ist als 45 Jahre, wobei die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert haben muss. Die Rente beträgt 60 Prozent der Alters- oder Invalidenrente, die der Verstorbene bekommen hätte.  Wenn die hinterbliebene Person die Voraussetzungen nicht erfüllt, bekommt sie eine einmalige Abfindung. Die Abfindung entspricht drei Jahresrenten. 

Das Vermögen aus der Säule 3a fällt nicht in den Nachlass, sondern wird direkt an den Anspruchsberechtigten ausbezahlt. Diese folgt einer bestimmten Reihenfolge, wobei der Ehepartner alleinig die erste Gruppe ausmacht. Diese Aufteilung kann grundsätzlich nicht gross geändert werden. Der Ehepartner erhält somit das gesamte Guthaben. Allerdings wird das 3a-Guthaben zum Nachlass hinzugezählt, da die Pflichtteile nicht verletzt werden dürfen. Wenn also der Ehemann ein Säule 3a-Konto mit 100'000 Franken besitzt und Erspartes von 30'000 Franken, geht als Guthaben aus Säule 3a direkt an die Ehepartnerin. Der Gesamtwert von 130'000 Franken wird dennoch pflichtteilsmässig aufgeteilt, bei zwei Kindern wären das je 16'250 Franken pro Kind. Da dieser Pflichtteil jedoch höher ist als das zusätzliche Ersparte, können sie den Restbetrag durch eine Herabsetzungsklage einfordern. 

5. Erbverzicht

«Last but not least», der Erbverzichtsvertrag. Mit der Zustimmung aller pflichtteilberechtigten Personen kann in einem Erbvertrag von den gesetzlichen Pflichtteilen abgewichen werden. Beispielsweise, wenn die Kinder beim Tod des ersten Elternteils vollständig auf die Auszahlung ihrer Pflichtteile verzichten sollen.

Durch den Erbverzicht zugunsten der Mutter oder des Vaters stellen die Eltern sicher, dass der überlebende Partner im Falle des Todes finanziell abgesichert ist. «Die Kinder erklären im Erbverzichtsvertrag, dass sie erst erben, wenn beide Elternteile verstorben sind», präzisiert HSLU-Expertin Seiler Zimmermann. Wichtig sei, dass die Kinder freiwillig auf ihr Erbe verzichten.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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