Kurz nach dem Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl senkt die US-Notenbank den Leitzins weiter. Sie setzte ihn am Donnerstag um einen Viertelpunkt nach unten - auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent. Es war der zweite Schritt nach der Zinswende vom September und kam nur zwei Tage nach der Präsidentschaftswahl.
In diesen Wahlen hatte sich der Republikaner Trump, ein Anhänger von Strafzöllen und Steuersenkungen, gegen die demokratische Konkurrentin Kamala Harris durchgesetzt: «Kurzfristig wird die Wahl keine Auswirkungen auf unsere geldpolitischen Entscheidungen haben», sagte Fed-Chef Jerome Powell und fügte an: «Wir raten nicht, spekulieren nicht und machen keine Annahmen, wie künftige politische Entscheidungen der Regierung aussehen.» Zugleich machte er klar, dass er seinen Posten nicht vorzeitig räumen wird, selbst wenn ihn der kommende Präsident dazu auffordern sollte.
Trump hat der Fed während seiner ersten Amtszeit (2017-2021) immer wieder vorgeworfen, mit zu hohen Zinsen den Aufschwung zu gefährden. Er bezeichnete die unabhängigen Währungshüter damals als ahnungslos und vertrat die Ansicht, dass er Powell absetzen könne, wenn er dies wolle. Powell sagte nun auf die Frage einer Journalistin, ob er auf Geheiss des Präsidenten abtreten würde: «Nein». Eine Absetzung sei nicht rechtens.
Womöglich wird Powell ein solcher Konflikt auch erspart bleiben: Trump werde ihn wahrscheinlich für den Rest seiner Amtszeit bis Mai 2026 auf dem Chefsessel belassen, berichtete CNN unter Berufung auf einen nicht näher genannten ranghohen Berater Trumps. Zwar könnte der Republikaner seine Meinung noch ändern. Er und sein Wirtschaftsteam seien jedoch derzeit der Ansicht, dass Powell bis zum Ende seiner Amtszeit Fed-Chef bleiben sollte.
Wie lange sinken die Zinsen noch?
Mit dem Wahlsieg Trumps gehen viele Anleger mittlerweile davon aus, dass die Zentralbank die Zinsen letztlich weniger stark senken wird als zunächst erwartet. Investoren stellten sich zuletzt darauf ein, dass die Zinssenkungen bereits Mitte nächsten Jahres enden und der geldpolitische Schlüsselsatz dann in einer Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent landen dürfte. Der Republikaner hat im Wahlkampf niedrigere Unternehmenssteuern und höhere Zölle angekündigt, was auch Konsequenzen für die Geldpolitik haben dürfte.
«Niedrigere Steuersätze fördern das Wachstum, höhere Zölle erhöhen die Preise und die Inflation. In diesem Fall müsste sich die US-Notenbank von ihren Zinssenkungsplänen verabschieden», meint Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtenseiner VP Bank.
Powell sagte, die US-Wirtschaft schlage sich weit besser als viele andere grosse Industriestaaten. Dies sei bemerkenswert. Ein starkes Wachstum gehe mit einer abflauenden Inflation einher. Der Preisauftrieb ist fast auf die Zielmarke der Notenbank von zwei Prozent gesunken. Die Fed achtet dabei besonders auf die Preisentwicklung eines festen Warenkorbs, der auf die persönlichen Ausgaben der Amerikaner zugeschnitten ist. Mit 2,1 Prozent lag die Jahresrate des sogenannten PCE-Index im September nur knapp über dem Zielwert.
Zuletzt sorgten jedoch Schwächesignale vom Arbeitsmarkt für Aufsehen: Im Oktober kamen lediglich 12.000 neue Jobs ausserhalb der Landwirtschaft hinzu. Die Statistik wurde dabei durch die Folgen von Hurrikan «Milton» und die Streiks beim Flugzeughersteller Boeing verzerrt. Powell verwies darauf, dass der Durchschnittswert für den Stellenaufbau in den vergangenen drei Monaten in Höhe von 104.000 dadurch gedrückt worden sei. Die Bedingungen am Arbeitsmarkt seien weiter robust.
Fed-Beobachter Joachim Schallmayer von der DekaBank rechnet damit, dass die US-Notenbank bereits im Dezember eine weitere Senkung von 25 Basispunkten vornimmt: «Die Tür für weitere Zinssenkungen bleibt damit geöffnet. Allerdings wird die Fed diese mit Augenmass und ohne Eile - je nach Marktverfassung und Datenlage vornehmen.» Der überraschend grosse Zinsschritt von 50 Basispunkten, mit dem die Fed die geldpolitische Wende im September einleitete, werde allerdings die Ausnahme bleiben.
(Reuters)