"Es sieht so aus, als ob wir uns sehr nahe am Ende der Zinserhöhungen befinden," sagte der griechische Notenbankchef Yannis Stournaras einer griechischen Nachrichten-Webseite in einem am Freitag veröffentlichten Interview. "In jedem Fall, wenn es im September eine weitere Anhebung gibt, ich halte das für schwierig, glaube ich, dass wir dort aufhören werden." Andere EZB-Währungshüter äusserten sich ähnlich. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hält die Inflation im Euro-Raum noch nicht für besiegt.

Litauens Notenbankchef Gediminas Simkus zufolge befindet sich die EZB mit ihren Schlüsselzinsen bereits am oder nahe am Gipfel. Die Daten würden darüber entscheiden, ob ein weiterer Zinsschritt im September oder zu einem späteren Zeitpunkt nötig sei, sagte er. Simkus geht allerdings nicht von raschen Zinssenkungen aus. Aus seiner Sicht ist es unwahrscheinlich, dass die EZB die Zinssätze noch in diesem Jahr oder in der ersten Jahreshälfte 2024 nach unten bewegen wird. Damit wies der Euro-Wächter Börsenspekulationen zurück, in denen bereits von ersten Zinssenkungen Anfang des nächsten Jahres ausgegangen wird.

Der slowakische Notenbank-Chef Peter Kazimir äusserte sich ähnlich. Mit der am Donnerstag beschlossenen neunten Zinserhöhung sei der Höchststand bei den Zinsen fast erreicht, schrieb er in einem am Freitag veröffentlichten Blog-Beitrag. "Mit anderen Worten: Wir nähern uns dem Abschluss der Straffung der Geldpolitik, die zur Wiederherstellung der Preisstabilität notwendig ist." Allerdings sprach sich Kazimir auch für einen weiteren Zinsschritt aus. "Wir sollten auf unserem Weg nach oben einen festen Schritt weitergehen." Auch wenn im September eine Zinspause eingelegt werde, wäre es verfrüht, dies automatisch als das Ende des Zyklus zu betrachten. Ob die EZB im September die Zinsen erhöhe, werde von den Wirtschaftsdaten abhängen.

Aus Sicht von Bundesbank-Präsident Nagel ist die hohe Inflation im Euroraum noch nicht genügend eingedämmt. "Wir erwarten, dass die hohe Inflation im Euroraum schwächer wird, doch besiegt ist sie noch nicht", teilte Nagel am Freitag in Frankfurt mit. Die Kerninflation, in der unter anderem die schwankungsreichen Preise für Energie und Lebensmittel aussen vor bleiben, sei hartnäckig. Deshalb müsse die Geldpolitik noch hartnäckiger sein. "Ob wir die Zinsen weiter anheben müssen, entscheiden wir im September auf Basis der dann verfügbaren Daten und Projektionen", erklärte er. Benötigt werde ein ausreichend hohes Zinsniveau und dieses müsse so lange wie erforderlich beibehalten werden.

Die Daten entscheiden

Die Entscheidungen auf den nächsten EZB-Sitzungen seien offen und würden vollständig von den Wirtschaftsdaten abhängen, erklärte Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau. Bei der EZB wachse die Zuversicht, das Inflationsziel von 2,0 Prozent bis 2025 zu erreichen. Die erfolgten Zinserhöhungen entfalteten in der Gesamtwirtschaft ihre Wirkung. Notenbanker bezeichnen dies häufig als "Transmission". "Angesichts der Zeit, die für diese volle Transmission benötigt wird, ist Ausdauer jetzt die wichtigste Tugend", sagte Villeroy.

Die EZB hatte am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung die Schlüsselsätze um einen viertel Prozentpunkt angehoben. Der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch auf 3,75 Prozent - das höchste Niveau seit Oktober 2000. Zum weiteren Kurs nach der Sommerpause wollte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht festlegen. "Was ich versichern kann, ist, dass wir nicht senken werden, das ist ein definitives Nein", sagte sie. Die Auswertung der Daten werde zeigen, ob die EZB im September und in den folgenden Sitzungen noch eine Wegstrecke zu gehen habe und wie gross diese dann sei. Dabei schloss sie eine Zinspause nicht aus. 

(Reuters)