Die Europäische Zentralbank (EZB) versucht Sorgen unter Banken vor massiven Kontoabflüssen im Zuge der Einführung eines digitalen Euro zu zerstreuen. «Diese Befürchtungen sind unbegründet: Ein digitaler Euro wird als Zahlungsmittel und nicht für Investitionen gestaltet sein», schrieben EZB-Direktor Piero Cipollone, Ulrich Bindseil, Generaldirektor Infrastruktur und Zahlungen, sowie EZB-Berater Jürgen Schaaf in einem gemeinsamen Blogbeitrag, der am Montag auf der EZB-Webseite veröffentlicht wurde. Tech-Konzerne, die etwa stablecoins ausgeben, könnten ein viel grösseres Risiko für die Finanzierung von Banken darstellen. Geldhäuser seien daher auf dem falschen Dampfer, sollten sie Studien folgen, die die Ausgestaltungsmerkmale eines digitalen Euro ignorierten.

In der Bankenbranche besteht unter anderem die Sorge, dass ihre Kunden mit der Einführung einer digitalen Version des Euro einen grossen Teil ihrer Gelder von ihren Konten abziehen und stattdessen in den digitalen Euro umschichten. Banken würden dann eine wichtige Quelle zur Refinanzierung ihrer Kredite verlieren - ihre Fähigkeit, Darlehen zu vergeben wäre erheblich eingeschränkt.

«Zentralbanken haben dieses Problem jedoch analysiert und Wege gefunden, solche Risiken im Vorfeld zu bekämpfen», schreiben die Autoren. So würden bei einem digitalen Euro die Kombination von Haltegrenzen und dem Fehlen einer Vergütung die Anreize stark verringert, grosse Summen in einer Digital-Euro-Wallet zu halten. Hinzu kommt den Autoren zufolge das sogenannte Prinzip des umgekehrten Wasserfalls. Es besagt, wenn die Wallet nicht genügend Digital-Euro enthalten sollte, um etwa eine Zahlung zu leisten, dass dann automatisch der fehlende Betrag aus einem angedockten Konto abfliessen und diese Lücke auffüllen würde.

Banken seien auf dem Holzweg, sollten sie sich auf Studien verlassen, die die skizzierten Gestaltungsmerkmale eines digitalen Euro übersehen, schreiben die Autoren. Nutzer würden den digitalen Euro als Zahlungsmittel einsetzen, anstatt ihn für Investitionen zu verwenden. Darüber hinaus könnten Banken stets eine höhere Vergütung anbieten, um Einlagen zu halten. Die EZB hatte im Oktober grünes Licht für die nächsten Schritte hin zu einem digitalen Euro gegeben. In dieser Vorbereitungsphase soll jetzt das Regelwerk fertiggestellt und Anbieter für die Entwicklung von Plattform und Infrastruktur ausgewählt werden. Diese Phase begann Anfang November und ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. 

(Reuters)