Das Wachstum würde dadurch gedämpft werden und die Inflation angeheizt, sagte Lagarde am Donnerstag im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EU-Parlaments in Brüssel und reihte sich damit in ähnliche Warnungen vieler Spitzenpolitiker und Ökonomen ein. Die Lage entwickele sich natürlich weiterhin. «Allerdings legt die Analyse der EZB nahe, dass ein US-Zoll von 25 Prozent auf Importe aus Europa das Wachstum im Euroraum im ersten Jahr um etwa 0,3 Prozentpunkte verringern würde», sagte sie. Sollte Europa mit einer Erhöhung von Zöllen auf US-Importe reagieren würde sich dieser Wert Lagarde zufolge auf etwa 0,5 Prozentpunkte erhöhen.

«Der Grossteil der Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum würde sich auf das erste Jahr nach den Zollerhöhungen konzentrieren», sagte Lagarde. Mit der Zeit würden die Effekte dann abnehmen. In einem solchen Umfeld würden auch die Inflationsaussichten deutlich unsicherer werden. Lagarde zufolge könnten EU-Vergeltungsmassnahmen und ein schwächerer Euro-Kurs kurzfristig die Inflation um etwa einen halben Prozentpunkt ansteigen lassen. «Mittelfristig würde sich dieser Effekt abschwächen, da die geringere Wirtschaftsaktivität den Inflationsdruck dämpft.» Im Februar lag die Teuerungsrate in der 20-Länder-Gemeinschaft bei 2,3 Prozent. Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) ist eine Rate von 2,0 Prozent.

Lagarde betonte vor den Abgeordneten, diese Schätzungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen seien mit sehr hoher Unsicherheit behaftet. Die EZB müsse daher wachsam und handlungsbereit bleiben, um stabile Preise zu gewährleisten. Sie hoffe, dass in Verhandlungen, im Rahmen der Beziehungen zwischen der EU und den USA, ernsthaft versucht werde, die negativen Folgen von Zöllen zu vermeiden. Es sei wichtig, dass die EU weiter für den Handel offen bleibe. «Und rasch die jüngsten Handelsvereinbarungen mit anderen internationalen Partnern zu finalisieren wäre ein starkes Signal.»

Aus Sicht der EZB-Chefin sollte mehr und nicht weniger Integration im Handel die Antwort auf die neue Zoll-Politik der USA sein. Denn dies könne vor einseitigen Schritten in der Handelspolitik schützen. EZB-Analysen wiesen darauf hin, dass eine engere Integration mit dem Rest der Welt Verluste durch einseitige Zölle, einschliesslich Vergeltungsmassnahmen, mehr als ausgleichen können. «In einem solchen Szenario würden nur Länder verlieren, die eine Politik der Isolation betreiben», sagte Lagarde.

(Reuters)