Es sei zu erwarten, dass der angemessene Umfang der Zentralbankreserven im Vergleich zu den relativ niedrigen Niveaus, die vor der globalen Finanzkrise herrschten, deutlich höher und schwankungsreicher sein werde, sagte Lane am Donnerstag auf einer Geldmarktkonferenz der EZB in Frankfurt. Ähnlich hatte sich kürzlich bereits der niederländische Notenbankchef Klaas Knot geäussert. Aktuell hat die EZB-Bilanz ein Volumen von rund sieben Billionen Euro. Vor Ausbruch der globalen Finanzkrise 2007 hatte das Volumen noch bei 1,5 Billionen Euro gelegen.

Doch auf die Finanzkrise folgte mit der Euro-Staatsschuldenkrise schnell die nächste Krise, die 2012 ihren Höhepunkt erreichte. In den Jahren danach erwarb die EZB mit dem 2015 gestarteten billionenschweren Kaufprogramm APP in grossem Umfang Staatsanleihen und Unternehmensanleihen, um die Wirtschaft zu stützen. Dazu kamen grossvolumige langfristige Liquiditätsspritzen für Geschäftsbanken, in der Fachwelt «TLTRO» genannt, um den Kreditfluss an die Wirtschaft zu stützen. Und zur Abmilderung der ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie kam 2020 mit dem PEPP-Programm noch ein weiteres billionenschweres Anleihenkaufprogramm hinzu. Die EZB-Bilanz schwoll dadurch immer mehr an.

«Auch wenn es deutlich niedriger als das aktuelle Niveau ist, sollte das angemessene Niveau der Zentralbankreserven im 'neuen normalen' stabilen Zustand die Risiken vermeiden, die mit übermässig knappen oder übermässig reichlichen Reserven verbunden sind», erläuterte Lane auf der Konferenz. Da die Wirtschaft im Euroraum inzwischen viel anfälliger für Konjunkturschocks sei, müsse es wahrscheinlich ein dauerhaftes Niveau solcher Reserven geben, damit der Kreditfluss von den Banken zur Wirtschaft stets gewährleistet bleibe. Dies sei auch wichtig, um die Bereitschaft der Banken zu unterstützen, trotz Risiken Darlehen zu gewähren. Für Lane zählen ein Anleihen-Portfolio und längerfristige Kreditsalven an Geschäftsbanken mit zu den geeigneten Instrumenten, um Zentralbankreserven zu schaffen.

Wie genau ein von ihm favorisierter Mittelweg aussehen sollte, der Kosten und Risiken von Zentralbankreserven ausbalanciert und welchen Umfang die Notenbankbilanz künftig haben sollte, sagte Lane nicht. Die EZB hatte angekündigt, ihren allgemeinen Zinsrahmen zu überprüfen, mit dem sie ihre Geldpolitik steuert. Denn angesichts der hohen Überschussliquidität im Bankensystem hat schon seit längerem der Einlagenzins, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, den Hauptrefinanzierungssatz als Leitzins abgelöst. Eine der zentralen Fragen bei der Überprüfung ist, wie umfangreich die EZB-Bilanz künftig für eine effektive Geldpolitik sein sollte. Ergebnisse der Überprüfung werden im Frühjahr 2024 erwartet.

(Reuters)