Während sich der niederländische Notenbankchef Klaas Knot angesichts der Rekordinflation im Euro-Raum am Montag für einen weiteren signifikanten Zinsschritt aussprach, warnte Portugals Notenbankchef Mario Centeno vor Überreaktionen.
Das nächste Zinstreffen der Europäischen Zentralbank findet am 27. Oktober statt. Im September hatten die Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde die Leitzinsen in einem ungewöhnlichen XXL-Schritt um 0,75 Prozentpunkte erhöht - die stärkste Zinsanhebung seit Einführung des Euro-Bargelds 2002. Aktuell liegt der Leitzins bei 1,25 Prozent.
«Nicht die Zeit zur Verlangsamung»
Es sei klar, dass die EZB im Oktober einen weiteren signifikanten Zinsschritt ankündigen werde, sagte Knot auf einer Veranstaltung der niederländischen Notenbank. "Die jüngsten Daten machen es klar, dass dies für uns nicht die Zeit ist zur Verlangsamung," sagte er. "Aber es ist zu früh um zu sagen, wie gross dieser Schritt sein sollte." Die Inflationsrate war im September aufgrund des anhaltenden Energiepreisschubs infolge des Ukraine-Kriegs auf zehn Prozent nach oben geschnellt. Mehrere EZB-Ratsmitglieder hatten sich bereits für einen weiteren Megaschritt um 0,75 Prozentpunkte im Oktober ausgesprochen.
Doch es gibt auch warnende Stimmen. Portugals Notenbankchef Centeno wies auf einer Konferenz in Lissabon darauf hin, dass eine Normalisierung der Geldpolitik zwar absolut notwendig und wünschenswert sei. "Gleichzeitig müssen geldpolitische Entscheidungen graduell und von Flexibilität und Proportionalität geleitet sein", fügte er hinzu.
Die Kosten einer aggressiven Geldpolitik könnten grösser sein als deren Vorteile. Zudem sei ihre Wirksamkeit angesichts von Angebotsschocks wie den Verwerfungen auf den Energiemärkten und den Engpässen bei Rohstoffen begrenzt. Ein Entscheidungsträger dürfe selbst kein Faktor der Instabilität werden. "Und das wird schlimmer, wenn die Entscheidungen kurze Zeit später zurückgenommen werden müssen, was sich auf die Glaubwürdigkeit auswirkt, insbesondere von Zentralbanken."
Villeroy: EZB sendet starkes Signal
Sollten sich Anzeichen dafür ergeben, dass die Inflationserwartungen aus dem Ruder laufen und dass sich Zweitrundeneffekte wie Lohnsteigerungen breit machen, dann muss Centeno zufolge gehandelt werden. In diesem Falle lägen die Kosten eines zu späten Vorgehens deutlich höher. Es sei daher wichtig, Inflation und Preisschwankungen bei bestimmten Kategieren von Gütern und Dienstleistungen in Schach zu halten.
Frankreichs Notenbankchef zufolge arbeitet die EZB aktuell daran, die Inflation im Euro-Raum in zwei bis drei Jahren wieder auf die EZB-Zielmarke von zwei Prozent zu senken. "Das ist ein sehr starkes Signal, dass die Zentralbank an alle Wirtschaftsakteure sendet, dass wir die Inflation zur Zielmarke zurückbringen", sagte Villeroy im Radiosender France Culture. Diese liege aber noch weit entfernt. Frankreichs oberster Währungshüter merkte zudem an, dass geldpolitische Massnahmen ihre voller Wirkung erst nach zwei bis drei Jahren entfalteten.
(Reuters)