Unternehmen kommen, Unternehmen gehen. Das Scheitern ist oft weniger spektakulär als bei der Grossbank Credit Suisse. Im Jahr 2023 gingen in der Schweiz rund 15'000 Firmen pleite - die meisten sang- und klanglos.
Unter den etwaigen Kandidaten befinden sich allerdings auch börsenkotierte Unternehmen, wie cash.ch Anfang Jahr berichtete. Untersuchungen zur Konkursgefahr einzelner Unternehmen verwenden oft das Altman Z-Score. Das nach seinem Erfinder - dem Finanzprofessor Edward Altman - benannte Insolvenzprognoseverfahren kombiniert mehrere Finanzkennzahlen zu einem Wert, dem Z-Score. Grundsätzlich gilt: Je höher der Wert, desto geringer die Insolvenzwahrscheinlichkeit. Liegt das Score über 3, läuft die Firma im grünen Bereich. Bei einem Wert zwischen 3 und 1,8, befindet sich sie sich in einer Grauzone. Im roten Bereich dreht ein Unternehmen, wenn der Wert unter 1,8 fällt.
Im Unterschied zu Anfang Jahr hat sich die Lage einiger Unternehmen verändert. Beispielsweise ist DocMorris gemäss Bloomberg-Informationen von 1,7 auf 1,3 gefallen; gemessen daran ist die Gefahr eines Scheitern noch immer gegeben.
Das war nicht immer so. Während Jahren befand sich DocMorris in der nach Altman sicheren Zone - und zwar bis Mitte 2021, als eine wesentliche Verschlechterung des Z-Scores einsetzte. Zu dieser Entwicklung passt der Aktienkursverlauf. Die DocMorris-Valoren haben im Februar und August 2021 Hochstände erreicht und sind seither um rund 90 Prozent gefallen. Im laufenden Jahr beträgt das Minus rund 50 Prozent - wiederum passend zum nach wie vor tiefen und seit Anfang Jahr weiter gefallenen Z-Score.
Bedrohlicher als für DocMorris sieht die Lage für Meyer Burger aus. Letztes Jahr betrug der Z-Wert des Solarunternehmens 1,4. Inzwischen ist er auf minus 2,47 zurückgegangen. «Meyer Burger steht unter sehr grosser Insolvenzgefahr», sagt Eugen Perger, Analyst und Leiter Equity Strategy von Research Partners. Dass das Unternehmen um die Existenz kämpfe, zeige sich an verschiedenen Punkten.
Die Präsentation der Halbjahreszahlen wurde zweimal verschoben, und «man ist abhängig von Fremdkapitalgebern, die nun die Konditionen diktieren können», so Perger. Zudem seien die operativen Herausforderungen mit dem Aufbau der Produktionstätigkeit in den USA «erheblich». Meyer Burger hatte Ende August über ein umfassendes Restrukturierungsprogramm informiert. Unter anderem erwies sich der Aufbau einer Solarzellenfertigung in Colorado Springs (USA) als nicht finanzierbar. Er wurde gestoppt. Nächster Fixpunkt ist der 30. September. Dann will das Unternehmen die Halbjahreszahlen präsentieren.
Holicm wieder in der sicheren Zone
Mehrere Unternehmen haben sich in den zurückliegenden Monaten wesentlich verbessert, ihr Altman Z-Score ist über 3 gestiegen. Sie sind aus der Grauzone in den grünen, sicheren Bereich vorgestossen. Es handelt sich um Mikron, Flughafen Zürich und Holcim.
Datum | Mikron | Flughafen Zürich | Holcim |
---|---|---|---|
Gegenwart | 3,44 | 3,13 | 3,38 |
Dezember 2023 | 3,02 | 2,75 | 3,22 |
Juni 2023 | 2,06 | 2,80 | 2,92 |
Dezember 2022 | 2,33 | 2,19 | 2,69 |
Juni 2022 | 1,95 | 2,00 | 2,26 |
Dezember 2021 | 2,30 | 2,11 | 2,34 |
Altman Z-Score der Unternehmen Mikron, Flughafen Zürich und Holcim / Quelle: Bloomberg.
Keines dieser Unternehmen befand sich in jüngerer Vergangenheit in einer Schieflage, die laut Altman finanziellen Stress bedeutet hätte. Alle drei aber befanden sich - gemäss dem Indikator - längere Zeit nicht in der sicheren Zone. Das hat sich inzwischen geändert. Und im laufenden Jahr haben die Aktien aller drei Unternehmen besser abgeschnitten als der Gesamtmarkt. Dieser ist gemessen am Swiss Performance Index 9,3 Prozent gestiegen. Gleichzeitig haben die Papiere von Mikron 18,6 Prozent zugelegt, jene von Flughafen Zürich 11,9 und jene des Baustoffherstellers Holcim 19,2 Prozent. Wenig überraschend also: Finanzielle Gesundheit wird von den Anlegern honoriert.
Indes zeigt das Beispiel von Holcim, dass Erfolg an der Börse auch mit einem eher tiefen Altman Z-Score möglich ist. Zwischen Juni 2022 und Juni 2023 ist das Score des Zementherstellers zwar gestiegen, blieb aber stets unter 3, in der Grauzone also. Zugleich hat die Aktie von 40 auf 60 Franken zugelegt - ein Zuwachs von 50 Prozent.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei Mikron: Dessen Z-Score hat sich zwischen Juni 2022 und Juni 2023 insgesamt kaum verbessert. Die Aktie zog jedoch - auf historisch betrachtet tiefem Niveau - von 7,20 auf 11,20 Franken. Das entspricht einem Plus von 55 Prozent. Offensichtlich haben die Anleger weder bei Holcim noch bei Mirkon an ein Abdriften und Scheitern geglaubt, sondern künftigen Geschäftserfolg erwartet.
Das Insolventprognoseverfahren nach Altman hat durchaus grundsätzlichere Schwächen. Zwar berücksichtigt es Unternehmenskennzahlen wie den Gewinn vor Zinsen und Steuern sowie den Umsatz. Es klammert aber insbesondere den Cash Flow aus. Gerade auch an diesem lässt sich ablesen, wie es um die Finanzkraft eines Unternehmens steht.
4 Kommentare
Flughafen war in Grauzone? Das ist sehr theoretisch, die Mehrheit gehört dem Kanton und dieser würde bei einem drohenden Liquiditätsengpasse ohne wenn und aber sofort Geld einschiessen. Der wird ja zurecht als grösster Wirtschaftsmotor bezeichnet und da kann auch COVID nichts dran ändern.
Es wurde immer noch nicht erwähnt, wer am besagten Tag vor RS den Kurs auf den erforderlichen Preis hochgekauft hat um schnell wieder 30% zu fallen. Es wirft auch ein düsteres Licht auf den VR, welcher sich noch eine Lohnerhöhung gegeben hat. Also es waren ja eigentlich die Aktionäre, die dem gesammten zugestimmt hatte aber auch nur auf Aussagen wie: Verträge sind fertig zum Unterschreiben, grosser Techpartner usw. Klar waren die Verträge fertig, nur wollte sie niemand unterschreiben. Hat das jemand schon gewusst? Warum haben sich die VR und Co nicht eine Aktie ins Portfolio gelegt? Weil sie wussten was kommt? Aber mit dem Geld der Aktionäre ist es eben einfacher zu handlen. Die Jünger sind zum Brunnen gegannen, weil der Brunnenmeister immer von "viel Wasser" geredet hat. Beim Brunnen angekommen haben sie gesehen, was mit "viel Wasser" gemeint ist. Ich bin mir nicht sicher ob da noch was Rechtliches auf Meyer Burger zukommen wird. Zu viele Grauzonen sind (finde ich) betreten worden. Und was macht der VR und Co heute? Wie immer nichts. Aber vielleicht kommt am nächsten Tag der Vögel irgendein Video aus der PR Abteilung von Meyer Burger, wie damals am Tag der Katzen.
Wenn die möglichen Unregelmässigkeiten sauber dokumentiert werden können, besteht die Möglichkeit entweder an die SIX oder an die Finanzmarktaufsicht zu gelangen mit der Aufforderung, eine Vorabklärung zu treffen.
MBT steht unter sehr grosser Insolvenzgefahr? Ich schmeiss mich weg - das findet ein EXPERTE JETZT heraus? Mal ehrlich, was eigentlich tun Analysten und Finanz-Journalisten den ganzen Tag? Oder wird nur noch gegenseitig und von Agenturmeldungen abgeschrieben?
Das MBT Geschäftsmodell hat seit 2010 nie funktioniert und MBT konnte sich seit 2022 nur noch dank EK Erhöhungen operativ knapp vor der Insolvenz retten. Das waren aber alles nur lebensverlängernde Massnahmen, nicht lebenserhaltend, ein Schrecken ohne Ende, weil das immer gleiche Management die immer gleichen Fehler macht. CS reloaded, einfach weniger gut bezahlt.1
Dennoch ein Danke an Reto Zanettin, dass er sich (spät genug) kritisch mit der Situation von MBT auseinandersetzt.
PS: Kleine Wette, dass MBT vor oder am 30ten die Insolvenz erklärt resp. die Revisionsstelle Insolvenzantrag stellt (weil das Management dies wohl nicht tun wird)?