Die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft Europas stünden auf dem Spiel, warnte der Europäische Bankenverband (EBF) in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. «Es ist entscheidend, die wichtige und strategische Rolle der Banken bei der Transformation Europas anzuerkennen», erklärte EBF-Präsident und Deutsche Bank-Chef Christian Sewing im Vorwort zu dem 51-seitigen Bericht. Darin stellte die Lobbygruppe, die die Interessen von rund 3500 Geldhäusern in Europa vertritt, im Vorfeld der anstehenden Europa-Wahlen insgesamt 45 Politik-Forderungen auf.
Sewing hatte schon im vergangenen Jahr in seiner Rolle als Deutsche-Bank-Chef gefordert, Banken als strategisch wichtige Branche, als Schlüsselfaktor für die europäische Souveränität anzuerkennen. Es ist jedoch das erste Mal, dass der EBF offiziell einen solchen Status für die Branche beansprucht. Die Europäische Union (EU) veröffentlicht keine Liste von Sektoren, die sie als strategisch bedeutsam erachtet. In den vergangenen 20 Jahren habe Europa die Verteidigung an die USA ausgelagert, die Energieversorgung an Russland und die Industrieproduktion an China, sagte Wim Mijs, der als CEO das Tagesgeschäft des EBF leitet, in einem Journalisten-Briefing zur Vorstellung des Berichts. Eine gründliche Betrachtung der strategischen Sektoren Europas sei daher erforderlich.
Ein Grossteil des EBF-Berichts befasst sich mit dem Thema Regulierung. Der Verband spricht sich dabei für eine Überarbeitung und Straffung der bestehenden Vorschriften für die Branche aus. Diese waren nach der globalen Finanzkrise gründlich überarbeitet und verschärft worden, was den Sektor inzwischen insgesamt stabiler und weniger krisenanfällig gemacht hat. Doch für den EBF sind Europas Banken inzwischen mit Überregulierung und immer weitreichenderen Vorschriften konfrontiert. Der EBF spricht sich für eine Überprüfung bestehender Regularien aus. Deren Auswirkungen sowohl auf die Stabilität als auch auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit müssten überprüft werden.
«Wir fordern keine Absenkung der Standards», sagte Mijs. Die würden aber überkompliziert. In der Branche in Europa wird schon seit längerem davor gewarnt, die Institute könnten durch übermässige Vorschriften und Regularien gegenüber der Konkurrenz aus anderen Regionen ins Hintertreffen geraten. Bei der Aufsicht finden diese Rufe nach einer schlankeren Regulierung aber bislang wenig Gehör. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, beispielsweise hatte betont, die Vorschriften dürften nicht ausgehöhlt werden.
(Reuters)